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Welt verstehen, Wirklichkeit konstruieren Unterricht bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung
Welt verstehen, Wirklichkeit konstruieren
Unterricht bei Kindern und Jugendlichen mit geistiger Behinderung




Erhard Fischer (Hrsg.)

Verlag Modernes Lernen
EAN: 9783861452669 (ISBN: 3-86145-266-9)
272 Seiten, kartoniert, 16 x 23cm, März, 2004

EUR 21,50
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Über den Herausgeber:



Erhard Fischer, Prof. Dr. phil. habil.; Studium für das Lehramt an Sonderschulen in Koblenz und Mainz; Lehrbefähigung in den Fachrichtungen Geistig, Verhaltens und Sprachbehindertenpädagogik; Studium der Erziehungswissenschaften mit dem Abschluss Dipl.-Pädagoge; Promotion und Habilitation an der Carl von Ossietzky Universität in Oldenburg; berufliche Tätigkeit an unterschiedlichen Sonderschulen in RheinlandPfalz; Mitarbeit in der Lehrerfort- und weiterbildung; Schriftleiter der Zeitschrift “Lernen konkret”; seit Aug. 2001 Professor für Geistigbehindertenpädagogik am Institut für Sonderpädagogik der Universität Würzburg



Über dieses Buch:



Leben und Lernen in der Schule erfordert im Kontext von Bildung und Erziehung immer eine Planung dessen, was im Unterricht geschehen soll, vor allem dann, wenn es um Kinder und Jugendliche mit einem hohen individuellen Förderbedarf geht. Dann sind erzieherische Erfordernisse in besonderem Maße zu reflektieren und sorgfältige Überlegungen anzustellen:

• Welche Interessen und Lern- bzw. Vorerfahrungen bringen die einzelnen Schüler ein (anthropologischer Aspekt),

• welche Bildungs- und Erziehungsziele stehen im Vordergrund (teleologischer Aspekt) und

•mit welchen Inhalten und Methoden und in welchem Organisationsrahmen lassen sich diese angemessen vermitteln (methodologischer Aspekt)?

Im Mittelpunkt steht der einzelne Schüler als Akteur seiner Entwicklung, der aufgerufen ist, sein Leben zu organisieren, die ihn umgebende Welt zu verstehen und Schritt für Schritt in sozialen Bezügen (seine) Wirklichkeit zu konstruieren.



Die Beiträge stammen von Dozenten an wissenschaftlichen Hochschulen sowie von Seminarleitern und Lehrkräften aus der pädagogischen Praxis. Sie versuchen, grundlegende und aktuelle Entwicklungen in der Theorie und Erfordernisse in der Praxis zu verbinden.

Im Einzelnen stehen folgende Themen im Mittelpunkt: Aspekte einer auf den Schüler bezogenen subjektiven, konstruktivistisch orientierten Didaktik, handlungsbezogenes Lernen, freie Arbeit – offener Unterricht, Aspekte einer längerfristigen, mittelfristigen und kurzfristigen Planung, besondere Planungsaufgaben im gemeinsamen Unterricht und bei schwerer Behinderung, Einsatz von (neuen) Medien, Hilfen zur Eingliederung in die Welt der Erwachsenen und Berufsvorbereitung, Rolle des Lehrers.
Rezension
Dieser Band enthält eine Reihe von Schriften verschiedener Autoren rund um die Thematik 'Unterrichtsplanung bei Schülern mit geistiger Behinderung'. Ausgehend von einem subjektorientierten, konstruktivistisch ausgerichteten Verständnis vom Kind/ Jugendlichen als aktiver Gestalter seiner Welt, werden verschiedene Formen des Unterrichts klar und gut nachvollziehbar dargestellt und Wege der lang-, mittel- und kurzfristigen Planung herausgearbeitet. Hierzu findet man Vorschläge für die Analyse der Lernvoraussetzungen und sehr übersichtliche Tabellen, beispielsweise für das Erstellen von Jahres-, Trimester- oder Wochenplänen und die Verlaufsplanung konkreter Unterrichtseinheiten. Insgesamt liefert das Buch vor allem Studenten und auch Referendaren gute Grundlagen und Anhaltspunkte für die Entwicklung eigener, individueller Planungsstrategien.

B. Lensch, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
(1.5.2005) ""Ex perfecto nihil fit (Aus dem Perfekten wird nichts).
Dem Vernehmen nach enthält jede Regel - demzufolge wohl auch die in der Überschrift zu dieser Rezension - Ausnahmen: Im Zusammenhang mit dem von Erhard Fischer herausgegebenen Buch hat F. G. Jünger eindeutig nicht Recht, wenn er dem Vollkommenen den Reiz abspricht, den das Unvollkommene zur Aufmunterung des Geistes bereithält. Meiner Meinung nach präsentiert der nach konstruktivistischen Grundsätzen aufgebaute Inhalt des Buches vollkommen reizvolle Intentionen zur Mobilisierung des pädagogischen Geistes und liefert einen nicht zu leugnenden Beweis dafür, dass Erhard Fischer und alle von ihm für das Erstellen dieses Buches gewonnenen Pädagogen die Welt - hier: der Aus-, Fort- und Weiterbildung pädagogischer Fachkräfte - verstanden haben.

Aus diesem Grund heraus erarbeiteten die Autoren für Studierende, Referendarinnen und selbst für 'alte Lehrerhasen' eine themenreiche Aufsatzsammlung, aus der sich engagierte Leserinnen eine eigene Wirklichkeit konstruieren können. Beeindruckend fällt zunächst auf, dass das Buch in seiner Gesamtstruktur jene pädagogischen Sicht- und Vorgehensweisen widerspiegelt, die seine Urheber den (zukünftigen) Lehrkräften empfehlen:

• Vor allem aus Michael Wagners Ausführungen zur 'Rolle des Lehrers', aber auch aus einigen anderen Beiträgen entnehmen die Leserinnen, wie sie ihre individuellen Persönlichkeitsprofile und Kompetenzen ermitteln und den Schülerinnen im erforderlichen Ausmaß transparent machen können. Hier wird eine bedeutsame Komponente des Gelingens von Unterricht berücksichtigt, indem nicht nur die anthropologischen Grundlagen der Schüler, sondern auch der Lehrenden in die Unterrichtsplanung einfließen.

• Mit ihren Ausführungen zu den 'Grundlagen und Prinzipien' (Erhard Fischer), zu den Aspekten von 'Handlung' (Heinz Mühl) sowie zu den Möglichkeiten von 'offenem Lehren und Lernen' (Rudolf Forster) im Unterricht stellen die genannten Autoren die wichtigsten Entscheidungsfelder vor, die die kognitive, pragmatische und emotionale Zielgerichtetheit der geplanten Bildungs- und Erziehungsarbeit verdeutlichen. Abgerundet wird der Bereich der allgemeinen Planungsentscheidungen durch den Beitrag von Gunda Daschner zur kritischen Auswahl von 'Medien', die sich zur Lehrund Lernmotivation eignen und/oder die die menschliche Kommunikation fördern. In diesem Zusammenhang halte ich es für wünschenswert, im Fall einer Neuauflage des Buches die Darstellung zum Bereich der unterstützenden (mechanischen und elektronischen) Verständigungsmittel zu erweitern. Der Grund hierfür liegt auf der Hand: Selbst ein nicht repräsentativer Überblick über den Einsatz derartiger Medien in der aktuellen Unterrichtspraxis zeigt, dass die Lehrerinnen noch immer einer differenzierten Begründung für ein gegenseitiges Verstehen und Verständigen mit Menschen bedürfen, die sich nicht stimmsprachlich äußern und deren Signifikanten nicht (immer) den allgemein definierten Signifikate entspricht. Eine solche, weitgehend aufgegliederte Argumentation scheint mir notwendig, wohingegen Erläuterungen zum vielfältigen Angebot wie auch zum praktischen Umgang mit kommunikationsfördernden Medien in genügender Anzahl verfügbar sind.

• Zur Konkretisierung der Unterrichtsintentionen und - vor allem - zu den Vorgehensweisen einer effektiven Vermittlung der Inhalte bieten Gerd P. Jung ('Längerfristige Planung', z.B. Jahresplan, individueller Förderplan), Rudolf Forster ('Mittelfristige Planung' in Form von umfassenden Unterrichtseinheiten, Arbeitsprojekten usw.) und Ingeborg Thümmel ('Kurzfristige Planung' der Einzelstunden im Zusammenhang mit allen wesentlichen Aspekten der konkreten Bedingungsfelder und Entscheidungsprozesse) eine ausführliche Präsentation der Organisationsstrukturen für einen schülerzentrierten Unterricht. Im Rückgriff auf die einleitenden Sätze dieser Rezension soll hier noch einmal betont werden, dass die Verfasserinnen ein reichhaltiges Angebot an Anregungen vorstellen, die dem planungswilligen (oder -gebeutelten)Pädagogen ein sachorientiertes Reflektieren seiner Absichten und somit ein erfolgreiches Umsetzen seiner bewusst ausgewählten Planungselemente im alltäglichen Unterricht ermöglichen.

Dies gilt auch für die beiden Beiträge, die sich auf (vor allem in der schulischen Praxis noch immer als spezielle Probleme betrachtete) Unterrichtssituationen mit einer didaktischmethodischen Planung beziehen, die die (auszubildenden) Lehrkräfte motiviert, sich intensiv mit der Vorbereitung und Durchführung von Unterricht in Klassen auseinanderzusetzen, die deutlich heterogen zusammengesetzt sind. 'Heterogen' meint hier die drei allgemein definierten Persönlichkeitsprofile von Schülern, denen im aktuellen Sprachgebrauch eine 'schwerste, schwere oder eben ""nur"" geistige Behinderung' attestiert wird. Uwe Thielen hat es ausgezeichnet verstanden, die entscheidenden Fakten zu den Belangen der 'Kinder und Jugendlichen mit mehrfachen und schweren Behinderungen') ebenso verständnisvoll (und verständlich!) darzulegen wie die anthropologischen Ansprüche an die (werdenden) Lehrerinnen.

Christoph Ratz hat für die Gestaltung von integrativem Unterricht detaillierte Ausführungen vorgelegt, die seine praxisbezogene Fachkompetenz widerspiegeln und somit für die integrativ tätigen Lehrkräfte außerordentlich hilfreich sind. Besonders bemerkenswert finde ich, dass der Autor nicht nur Anregungen zur integrativen Arbeit ohne 'gemeinsame Gegenstände' anbietet, sondern die Leserinnen in nicht geringerem Ausmaß zur Auseinandersetzung mit den Strukturen eines gemeinsamen Unterrichts mit 'gemeinsamen Gegenständen' veranlasst - Letzteres stellt in den sonstigen themenorientierten Veröffentlichungen nicht gerade eine Selbstverständlichkeit dar.

• Zur Validitätsprüfung des bislang theoretisch erläuterten Verständnisses der Welt des Schulunterrichts könnte weiteres das Werkstufenkonzept dienen, das Ingeborg Thümmel zum Abschluss des Buches beschreibt: In diesem Konzept wurden die für die Schüler einer bestimmten Werkstufe relevanten Planungselemente in einen 'sinnhaften Zusammenhang' gebracht, so dass die Schüler mit handlungsorientierter Lebensentwicklung 3) intensiver als bisher zu einer selbstbestimmten Lebensgestaltung angeleitet werden.

Abschließend weise ich noch auf folgende Aspekte hin:
- Im Interesse einer unterschiedlich ausgebildeten und praxiserfahrenen Leserschaft empfinde ich es als günstig, dass Erhard Fischer et al. eine fachlich anspruchsvolle Sprache gewählt haben, die - mehr oder minder -etliche Pädagogen sicherlich zur Erweiterung ihrer passiven / aktiven Fachterminologie nutzen können. Gottlob verzichten die Autorinnen aber (fast) auf die mittlerweile häufig anzutreffenden Amerikanismen mit einer angeblich fachbezogenen Aussage, über deren Bedeutung sich jedoch oft Schreiber und Leserinnen im Unklaren befinden.
- Als förderlich darf auch die jeweils jedem Beitrag nachgestellte Literaturliste bezeichnet werden. Prinzipiell ist diese Vorgehensweise - zumindest bei einem von mehreren Autoren erstellten Buch - heutzutage durchaus üblich, insofern unterscheiden sich die hier gemeinten Aufstellungen 'lediglich' darin, dass sie über die für die Aufsätze verwendete Literatur hinaus zusätzliche Hinweise auf interessante Fachbücher enthalten.
- Schlussendlich muss ich gestehen, dass ich in dieser Rezension bewusst auf eine betonte Nennung der von den Autoren angegebenen Zielgruppe verzichtet habe - ich hoffe sehr, dass das Buch in die Hände aller (zukünftigen) Lehrerinnen gelangt: Ihre Schüler werden es ihnen - indirekt oder auch direkt - danken!"" Franziska Schäffer, Sonderpädagogische Förderung

(1.1.2005) “... wesentlich für Lehrer, die in Sonderschulen oder integrativ in allgemeinen Schulen unterrichten.” ekz-informationsdienst

(1.1.2005) “Das Zitat ‘Nicht für die Schule lernen - sondern für’s Leben’ reflektiert den Inhalt dieses wissenschaftlichen und empfehlenswerten Buches.” Sandra Cela, ergoXchange
Inhaltsverzeichnis
Vorwort (7)

Erhard Fischer:
Grundlagen und Prinzipien eines subjektorientierten Unterrichts im
Förderschwerpunkt ”geistige Entwicklung” (13)

Heinz Mühl:
Handlungsbezogener Unterricht (53)

Rudolf Forster:
Offener Unterricht (75)

Rudolf Forster:
Zur Planung von Unterricht (117)

Gerd P. Jung:
Längerfristige Planung (125)

Rudolf Forster:
Mittelfristige Planung (143)

Ingeborg Thümmel:
Kurzfristige Planung (155)

Uwe Thielen:
Allgemeine und besondere Planungsaufgaben bei Kindern
und Jugendlichen mit mehrfachen und schweren Behinderungen (177)

Christoph Ratz:
Planung von integrativem Unterricht (197)

Michael Wagner:
Die Rolle des Lehrers aus konstruktivistischer Perspektive (221)

Gunda Daschner:
Alltagsorientierte Aspekte einer Medienerziehung (235)

Ingeborg Thümmel:
Gangbare Wege in nachschulische Lebenswelten.
Zum Bildungsauftrag der Werkstufe und seiner
Umsetzung im Werkstufenkonzept der Carl-Orff-Schule, Neuwied (249)

Autorenverzeichnis (271)