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Schwarzgeld
Schwarzgeld




Ross Macdonald

Diogenes Verlag
EAN: 9783257300406 (ISBN: 3-257-30040-9)
368 Seiten, paperback, 13 x 19cm, September, 2016

EUR 16,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Ross MacDonald Schwarzgeld



Als im mondänen Tennisclub von Montevista ein Eindringling auftaucht, verlässt Ginny Fablon für ihn den Verlobten. Für Detektiv Archer ein klarer Fall von enttäuschter Liebe – bis Verbindungen auftauchen zu einem Selbstmord und Spielschulden. ›Schwarzgeld‹ ist eine Abrechnung mit dem amerikanischen Traum. Nichts will man in dem Tennisclub, wo die Haut so weiß sein muss wie die Kleidung, mit dunklen Machenschaften zu tun haben – und doch kommt das Geld der Reichen nicht von ungefähr.



>Eine frische Neuübersetzung, die Macdonald endgültig neben Hammett und Chandler stellt.<

Philipp Haibach

Die Welt, Berlin

über Gänsehaut
Rezension
Was verbindet Descartes Zirbeldrüse, die Steueroase Panama, Sartres >Geschlossene Gesellschaft< und einen Tennisclub im kalifornischen Villenviertel Montevista miteinander? Des Rätsels Lösung erfährt man durch die Lektüre von Ross Macdonalds 1965 publizierten Kriminalroman >Schwarzgeld< (>Black Money<), der 2016 bei >Diogenes< in der Neuübersetzung von Karsten Singelmann und versehen mit einem Nachwort von Donna Leon erschien. Dem Verlag aus Zürich kommt das Verdienst zu, mittlerweile fünf der insgesamt 18 Bände um den Privatdetektiv Lew Archer bereits in einer zeitgemäßen Übersetzung vorgelegt zu haben. Ross Macdonald (1915-1983), der Präsident der >Mystery Writers of America< und verheiratet mit der Krimiautorin Margaret Millar (1915-1993) war, hat als erster die Psychoanalyse in die amerikanische Kriminalliteratur eingeführt. Mittlerweile zählt er neben Raymond Chandler (1888-1959) und Dashiell Hammett (1894-1961) zu den wichtigen amerikanischen Kriminalautoren. 1964 erhielt Macdonald den >Silver Dagger Award<, ein Jahr später den >Golden Dagger Award< für seinen Roman >The Dark Face of the Dollar<.
Worum geht es in dem ebenfalls 1965 publizierten Krimi >Schwarzgeld< ? Das große Thema ist die amerikanische Welt der Neureichen im >Champagnerklima< (S. 43), insbesondere ihre neurotischen, entfremdeten Paarbeziehungen. Ihren Ausgang findet die Geschichte in einem Tennisclub in Montevista, in dem der fresssüchtige Peter Jamieson Archer einen besonderen Auftrag erteilt. Er soll dafür sorgen, Jamiesons Ex-Verlobte Ginny Fablon, die dabei ist den Unbekannten Francis Martel zu heiraten und mit ihm zu verschwinden, davor zu befahren >ihr Leben zu ruinieren<(S. 8). Im Laufe der Ermittlungen Archers zu dem Mann namens Francis Martel, die sich als eine Reise in die biographische Vergangenheit einiger Protagonisten des Romans entpuppen, kommt es zu mehreren Morden. Ein Selbstmord erweist sich de facto als Mord. Falsche Identitäten werden aufgedeckt, moralische Konflikte aufgezeigt, Vorstellungen eines guten Lebens als Illusionen entlarvt, infantilisierte Erwachsene und deren Schuld analysiert. Mit anderen Worten es handelt sich bei >Schwarzgeld< um einen typischen Macdonald-Krimi.
Immer wieder liefert der Schriftsteller zudem eindrückliche Szenen zu einer Psychopathologie der Paarbeziehungen. Eine Professorengattin charakterisiert die Beziehung zu ihrem Mann mit den Worten >als würde man auf einem zugefrorenen See zelten<(S. 345). Wie auch bei anderen Romanen aus der >Archer<-Serie, etwa den Krimis >Unter Wasser stirbt man nicht< (>The Drowning Pool<) [1950], >Durchgebrannt< (>The instant Enemy<) 1968], >Dornröschen< (>Sleeping Beauty<) [1973] oder >Der blaue Hammer< (>The Blue Hammer<)[1976] spielen psychoanalytische Einsichten auch in >Schwarzgeld< eine wichtige Rolle. So reflektiert Archer über die Personengruppen, mit denen er als Detektiv konfrontiert ist: >Bei meiner Arbeit begegne ich oftmals Männer und Frauen, die nicht erwachsen werden wollen, die ihr Älterwerden nicht ertragen. Immer wieder versuchen sie, diesen Prozess mit immer jüngeren Partnern aufzuhalten.<(S. 333) In einem anderen Dialog mit einer Frau konstatiert Archer: >Ich bin nicht die Gefahr, die Ihnen droht. Sondern Ihre Träume.<(S. 297) Diese Zitate demonstrieren Macdonalds differenzierte Charakterisierung einzelner Roman-Personen.
Als weiteres typisches Element eines Macdonald-Krimi ist seine explizite Kritik an der amerikanischen Gesellschaft zu nennen. In >Schwarzgeld< wird schon dem Titel nach die Steuerhinterziehung und die Verlagerung des Geldes in Offshore-Gebiete wie Panama gegeißelt, was angesichts der Panama Papers auch nach 60 Jahren nicht an Aktualität verloren hat. Über die Casino-Stadt Las Vegas lässt MacDonald seinen Hauptprotagonisten Archer beispielsweise geradezu ideologiekritisch formulieren: >Wir alle tun so, als wäre die Hauptstadt des Verbrechens ein zweites Disneyland, blitzsauber, ein wunderbarer Ort für einen Familienausflug oder eine große Tagung.<(S. 230) Archer selbst wird von Macdonald im Unterschied zu dem hardboiled detective etwa eines Chandler oder Hammett eher als ein Ermittler gezeichnet, der bei aller unerbittlichen Wahrheitsliebe, von Humanität geprägt ist und erkennt, dass psychische >Probleme nur allzu menschlich waren<(S. 162).
Wer Interesse an einem überaus spannenden, mit Tempo erzählten, stilistisch guten und niveauvollen Werk der amerikanischen Kriminalliteratur hat, dem sei Ross Macdonalds neu übersetzter Roman >Schwarzgeld<, 2016 erschienen im Diogenes-Verlag, zur Lektüre empfohlen.

Dr. Marcel Remme, für lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Ross Macdonald
Schwarzgeld
Aus dem Amerikanischen von Karsten Singelmann. Mit einem Nachwort von Donna Leon
Als im mondänen Tennisclub von Montevista ein Eindringling auftaucht, verlässt Ginny Fablon für ihn den Verlobten. Für Detektiv Archer ein klarer Fall von enttäuschter Liebe – bis Verbindungen auftauchen zu einem Selbstmord und Spielschulden. ›Schwarzgeld‹ ist eine Abrechnung mit dem amerikanischen Traum. Nichts will man in dem Tennisclub, wo die Haut so weiß sein muss wie die Kleidung, mit dunklen Machenschaften zu tun haben – und doch kommt das Geld der Reichen nicht von ungefähr.

Mehr zum Inhalt
Ein Tennisclub mit Blick aufs Meer. Friedlich spielen die Reichen die Bälle hin und her. Bis zu dem Tag, als ein Nobody auftaucht, Francis Martel. Während man den Eindringling noch misstrauisch beäugt, erliegt die von allen begehrte Ginny Fablon seiner Ausstrahlung und verlässt ihren Verlobten. Spielsucht, Mord, Erotik und Erpressung: Schwarzgeld ist eine Abrechnung mit dem amerikanischen Traum. Nichts will man in dem Tennisclub, wo die Haut so weiß sein muss wie die Kleidung, mit dunklen Machenschaften zu tun haben – und doch kommt das Geld der Reichen nicht von ungefähr. Je tiefer Detektiv Archer gräbt, desto mehr Lügen und Leichen finden sich.