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Rom im 19. und 20. Jahrhundert Konstruktion eines Mythos
Rom im 19. und 20. Jahrhundert
Konstruktion eines Mythos




Franz J. Bauer

Pustet
EAN: 9783791721712 (ISBN: 3-7917-2171-2)
352 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 16 x 24cm, 2009, 62 Textabb.

EUR 34,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Rom war Haupt eines antiken Weltreichs, dann Zentrum der weltumspannenden Kirche und Sitz des Papsttums: All das hat zahllose Zeugnisse hinterlassen, die heute noch sichtbar sind und die Wahrnehmung prägen von Rom, der >Ewigen<. Und dennoch: Die Stadt, wie sie heute dem Besucher entgegentritt, ist das Produkt einer Entwicklung, die vor nicht einmal 150 Jahren erst begonnen hat.

Als das Rom der Päpste 1870 von dem jungen Königreich Italien in Besitz genommen wurde, war es zwar reich an ehrwürdigen Denkmälern aller Epochen; aber ihm fehlte alles, was nach den großen Vorbildern von London oder Paris die Hauptstadt eines modernen Staates ausmachte.

Wie aus der malerisch verwahrlosten, gleichsam aus der Zeit gefallenen Stadt des Stillstandes die Kapitale des heutigen Italien wurde, ist das Thema dieses glänzend geschriebenen Buches.

Hauptstädte sind die institutionellen Zentren der Herrschaftsorganisation und zugleich Orte symbolischer Selbstdarstellung eines Staates. Gerade in jungen Staaten kommt der Hauptstadtpolitik, also der Wahl und Ausgestaltung des Zentralortes, erfahrungsgemäß besondere Bedeutung zu. Rom, das erst 1870 im weltpolitischen Windschatten des deutsch-französischen Krieges von dem 1860 gegründeten italienischen Königreich als Hauptstadt in Besitz genommen werden konnte, bietet hierfür ein aufschlussreiches Beispiel. Aus dem päpstlichen Rom die moderne, nationale Größe und liberale Zukunftsgewissheit ausstrahlende Kapitale der Italiener zu formen, war im Verständnis der unitarischen Eliten eine der vorrangigen Aufgaben im Gesamtkomplex nationalstaatlicher Integration und Identitätsstiftung. Die Stadt, die der Papst der Italia unita hinterlassen hatte, war zwar reich an wertvollen Denkmälern aller Zeiten; aber sie verfügte nur in ganz rudimentärem Maße über jene Einrichtungen und Attribute, die nach dem Beispiel von Paris und London eine zeitgemäße Metropole ausmachten. Überdies war in Rom auch ein Raum der Repräsentation zu schaffen, in welchem sich das neue Italien gegenüber dem monumentalen Erbe der Antike und den Zeugnissen der jahrhundertelangen Herrschaft des universalen Papsttums zu behaupten vermochte. Wie das große Hauptstadt-Projekt der Roma Capitale angepackt und ins Werk gesetzt wurde, ist Thema dieser inhaltlich wie sprachlich beeindruckenden Darstellung.
Rezension
Darstellungen über Rom sind Legion, - aber nur wenige wenden sich der Geschichte des modernen Rom zu, wie diese gelungene Darstellung es tut. Für die meisten (deutschen) Rom-Besucher pflegt die Geschichte Roms kurz vor dem Zeitalter Goethes zu enden, im Hochbarock mit seinen Kirchen, Plätzen und Brunnen ... Die Geschichte der Stadt Rom aber ging weiter. Der Gianicolo trägt die Reiterstatue eines modernen Freischärlers, der den Katholizismus verachtete: Giuseppe Garibaldi. Am Sockel darunter die politische Parole: Roma o morte – Rom oder der Tod. Seit 1848 ist Rom gleichzeitig die Hauptstadt eines modernen Staates und der Sitz einer Weltreligion. Im Faschismus bekommen die barocken Sichtachsen zwischen den Obelisken Konkurrenz durch eine breite Prachtstraße zwischen Kapitol und Colosseum für Aufmärsche, Reden und Rituale. Der Duce baute Rom ein letztes Mal um - nicht nur im Stadtviertel EUR in Rom. Rom - das ist mithin mehr als Antike, Renaissance und Barock. Und wer eine Klassenfahrt nmach Rom unternimmt, sollte das 19. und 20. Jhdt. nicht ganz aus den Augen verlieren ... zumal Vittorio Emanuele II. kaum zu übersehen ist ...

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Rom war Haupt eines antiken Weltreichs, dann Zentrum der weltumspannenden Kirche und Sitz des Papsttums: All das hat zahllose Zeugnisse hinterlassen, die heute noch sichtbar sind und die Wahrnehmung prägen von Rom, der ,Ewigen''. Und dennoch: Die Stadt, wie sie heute dem Besucher entgegentritt, ist das Produkt einer Entwicklung, die vor nicht einmal 150 Jahren erst begonnen hat.

Als das Rom der Päpste 1870 von dem jungen Königreich Italien in Besitz genommen wurde, war es zwar reich an ehrwürdigen Denkmälern aller Epochen; aber ihm fehlte alles, was nach den großen Vorbildern von London oder Paris die Hauptstadt eines modernen Staates ausmachte.
Wie aus dieser malerisch verwahrlosten, gleichsam aus der Zeit gefallenen Stadt des Stillstandes die Kapitale des heutigen Italien wurde, ist das Thema dieses Buches.

Franz Bauer, Dr. phil., geb. 1952, 1991/92 Gastdozent am DHI Rom, seit 1995 Ordinarius für Neuere und Neueste Geschichte an der Universität Regensburg.
Inhaltsverzeichnis
Prolog: Das neue und das ,ewige' Rom 7

I Die Welt-Stadt - Roma caput mundi

Rom folgt auf Rom: Die Stadt der Kaiser, der Kirche, der Päpste 16

ROMA AUREA - Das goldene Rom der Cäsaren 16
Das christliche Rom des Mittelalters 21
La Roma dei Papi - Rom in Renaissance und Barock 26

Rom im Risorgimento 37

Deutsch-italienische Parallelen 37
Die ,unvermeidliche Hauptstadt'? - Ein Mythos und ein Diskurs 40
Ein tragisches Heldengedicht: Die Römische Republik von 1849 43
1860: Italien geeint - doch ohne Rom 46
1870: Die Gunst der Stunde 51

Stadt ohne Zeit: Rom vor dem Ende der päpstlichen Herrschaft 55

Rom und Napoleon I. 56
Rom in der Restauration: Bevölkerungsentwicklung und Sozialstruktur 61
Una città senza tempo: Rom und seine Campagna 65
Und sie bewegt sich doch: Rom in den letzten Jahren des Kirchenstaats 71

II Die Hauptstadt: Rom und das liberale Italien

L 'Italia va in Campidoglio: Die ersten Schritte in der neuen Hauptstadt 76

Heimsuchungen und Erscheinungen: Der Tiber und der König 76
Ein Königreich zieht um 83
Roma Capitale im Reich der Ideen 87

Kapital und Kapitale: Italien macht sich breit in Rom 95

Römer und Neurömer 95
Expansion ohne Plan: Das erste Jahrzehnt nach Porta Pia 101
Ein erster Plan für Roma Capitale: Chronik eines Scheiterns 111
Staat und Hauptstadt: Der Piano Regolatore von 1883 119

„Man baut mit Furie": Rom in Fieber und Krise 128

Neue Viertel 128
Neue Straßen, neue Plätze ... und Denkmäler: Stadtgestalt und Staatssymbolik 138
Die Zähmung des Tibers 150
Fieber und Krisis: Die wilden Jahre der ,Vernichtung Roms' 162

Neue Impulse und Belle Epoque: Rom vor und nach der Jahrhundertwende 171

Staat und Hauptstadt, 2. Akt 171
Reformzeit in Staat und Hauptstadt: Die Ära Nathan in der Ära Giolitti 176
Der Piano Regolatore von 1909 182
Nathans Kampf um Baulandsteuer und Wohnungsbau 188
Italiens Hauptstadt im Jubeljahr 1911 - ein Zwischenfazit 193

b>III La Città avanza: Rom bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

Rom nach dem Krieg und vor dem Faschismus 197

Krieg und Krise: Italiens Weg in den Faschismus 197
Faschismus und Stadt 200
Faschismus und romanitá 205
Mythos, Macht, Moderne: Mussolinis Visionen für Rom 209
Alte Nöte und neue Viertel: problemi della necessità 212

Rom imperial: Die Hauptstadt im faschistischen Ventennio 220

Faschistische Reorganisation der Hauptstadtpolitik: Die Errichtung des Governatorato 220
Neue Pläne für die Hauptstadt: Der Weg zum Piano Regolatore von 1931 225
Laparola alpiccone! - Der Duce und die Spitzhacke: ,Ausdünnungen', ,Ausweidungen' und die Einsamkeit der Monumente in Mussolinis Rom 232
Mussolini baut 246
Das Rom der Bürger - und der Baracken 259

Monumental und modern: E 42 / EUR - Ein Viertel für ein Viertes Rom 266

„Italien hat endlich sein Imperium." 266
Roma al Mare! - „Rom ans Meer!" 269
Planung und erste Bauten 273
Agonie und Ende der E 42 283

Epilog: Phönix EUR 288

Anmerkungen 299

ANHANG 327

Dank 327
Verzeichnis der benützten und zitierten Literatur 328
Register 343
Bildnachweis 352