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Religion und kulturelles Gedächtnis 10 Studien 3. Auflage 2007 / (2. Auflage 2004 / 1. Auflage 2000)
Religion und kulturelles Gedächtnis
10 Studien


3. Auflage 2007 / (2. Auflage 2004 / 1. Auflage 2000)

Jan Assmann

Verlag C. H. Beck oHG
EAN: 9783406565908 (ISBN: 3-406-56590-5)
256 Seiten, paperback, 12 x 19cm, 2007

EUR 14,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Der Ägyptologe Jan Assmann geht in zehn brillanten Einzelstudien dem Zusammenhang zwischen Religion und Gedächtnis nach. Die Untersuchungen zu Symbolen und Riten, mündlicher Überlieferung und Kanonbildung beschränken sich nicht auf das Alte Ägypten, sondern beziehen die Geschichte des Judentums und die gesamte ”Gedächtnisgeschichte des Abendlandes” mit ein. Als Teile dieser Geschichte und zugleich herausragende Beiträge zur Theorie des kulturellen Gedächtnisses werden Sigmund Freuds Moses-Buch und Thomas Manns Joseph-Roman gewürdigt.
Rezension
Der Heidelberger Ägyptologe Jan Assmann ist einem breiteren Publikum besonders durch seine Anfrage an die Gewalttätigkeit bzw. Gewaltbereitschaft des Monotheismus vor Augen getreten: Inwieweit generieren die monotheistischen Religionen mit ihren Unterscheidungen zwischen wahr und falsch, sei es durch Selbstabgrenzung wie das Judentum oder durch die Bestimmung eines 'ungläubigen' Außen wie in Christentum und Islam, Gewalt und tragen Intoleranz in die Welt? Besonders die monotheistischen Religionen mit dem ihnen eigenen Absolutheitsanspruch und ihrer Intoleranz sind in den Verdacht geraten, gewalttätig zu sein. In "Moses der Ägypter" hatte Assmann entsprechende Fährten gelegt und einen friedfertigen, toleranten Polytheismus dem Monotheismus entgegen gesetzt. - Wichtiger aber noch als diese Monotheismus-These ist Assmanns Begriff des 'kulturellen Gedächtnisses', weil seine Beschäftigung mit Tradition, Überlieferung und Kanonbildung wichtige Einsichten in Religionen gibt.
Nur als sich erinnerndes Wesen kann der Mensch Identität ausbilden. Hier bündelt sich die bisherige Summe von Jan Assmanns Arbeit an einer neuen Theorie der Religion.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
"Dieses Buch ist ganz eindeutig die bisherige Summe von Jan Assmanns Arbeit an einer neuen Theorie der Religion. (...) Herauskommmt eine „andere“ Religionswissenschaft, dazu ein Lesevergnügen, denn Jan Assmann muss schreiben, weil er es kann."
Gesine Palmer, Literaturen, Februar 2001
Inhaltsverzeichnis
EINFÜHRUNG
Was ist das „kulturelle Gedächtnis" ?

1. Die soziale Bedingtheit des Gedächtnisses: das kommunikative Gedächtnis 11
2. Die soziogene Kraft des Gedächtnisses: das kollektive oder Bmdungs-Gedächtms 15
3. Riten der kollektiven und konnektiven Erinnerung 20
a) Das nettassyriscbe sarsaru-Ritual 20
b) Das Stammesfest der Osagen 23
c) Die Kanopenprozession der Osirismysterien 26
4. Die kontrapräsentische Erinnerung und die normative Vergangenheit: das Deuteronomium 28
5. Die Problematik des Kollektivgedächtnisses 34
6. Das kulturelle Gedächtnis 37

ERSTES KAPITEL
Unsichtbare Religion und kulturelles Gedächtnis

1. Vorbemerkungen 45
2. Unsichtbare und sichtbare Religion im Alten Ägypten: Das „Ägyptische Dreieck" 47
3. Transformationen des kulturellen Gedächtnisses 52
a) Symbolisierung und zeremonielle Zirkulation: schriftlose Gesellschaften 54
b) Kodifikation: der „Traditionsstrom" in frühen Schriftkulturen 55
c) Kanonisierung und Interpretation 56
4. Kanonisierung als Entdifferenzierung 57
5. Schlußbemerkung: Entkanomsierung und Differenzierung des kulturellen Gedächtnisses - Wiederkehr des „ägyptischen Dreiecks"? 59

ZWEITES KAPITEL
Monotheismus, Gedächtnis und Trauma. Reflexionen zu Freuds Moses-Buch

1. Der archäologische Blick und die Hermeneutik des Mißtrauens 62
2. Kontrapräsentische Erinnerung 67
3. Verdrängung und Trauma 71

DRITTES KAPITEL
Fünf Stufen auf dem Wege zum Kanon. Tradition und Schriftkultur im alten Israel und frühen Judentum

1. Zwei Vorbemerkungen 81
a) Verschriftlichung 81
b) Kanonisierung 82
2. Fünf Impulse der Kanonisierung 83
a) Die Exkarnation der Gesetze und die Erfindung einer normativen Vergangenheit 83
b) Die Exkarnation der Tradition 87
c) Kanon von oben: die persische „ Reich sautonsation" der Gesetze 89
d) Textgemeinschaften und Kernbibliotbeken 91
e) Die Perhorreszierung der Idolatrie und die sprachliche Engführung 96

VIERTES KAPITEL
Erinnern, um dazuzugehören. Schrift, Gedächtnis und Identität

1. Die Schrift als Prinzip der Bewahrung und der Veränderung 101
2. Die Schrift als Speicher und Denkmal 105
3. Das konnektive Gedächtnis 108
4. Die Gedächtniskonzepte von Halbwachs und Warburg 114
5. Die zwanghafte Erinnerung, nach Freud 117

FÜNFTES KAPITEL
Kulturelle Texte im Spannungsfeld von Mündlichkeit und Schriftlichkeit

1. Zum Begriff des Textes: Text, Überlieferung und zerdehnte Situation 124
2. Institutionalisierungen der zerdehnten Situation 128
a) Die zerdehnte Situation unter den Bedingungen der Gedächtniskultur. Fest und Ritus als mündliche Institutionalisierungsformen 128
b) Die zerdehnte Situation unter den Bedingungen der Schriftkultur 134
3. Kanon: die Entstehung textueller Kohärenz 142
a) Zentrum und Peripherie im Traditionsstrom: die Kanonisierung der Klassiker 142
b) Die Stillstellung des Traditionsstroms 143
c) Tradition als Sinnpflege und Auslegung 145

SECHSTES KAPITEL
Text und Ritus. Die Bedeutung der Medien für die Religionsgeschichte

1. Von ritueller zu textueller Kohärenz 148
2. Ritus und Immanenz: Strukturwandel des Heiligen 152
3. Ritus, Text und Geheimnis 155
4. Die Fremdsprachlichkeit der heiligen Texte 159
5. Eesemysterien und intellektuelle Rituale 162
6. Schrift und Offenbarung 164

SIEBTES KAPITEL
Officium memoriae: Ritus als Medium des Denkens

1. Kosmologie und Religion: der Fall Echnaton 167
2. Konstellative Kosmologie 170
3. Wissensformen der Welt-In-Gang-Haltung 175

ACHTES KAPITEL
Zitathaftes Leben. Thomas Mann und die Phänomenologie der kulturellen Erinnerung

1. Die „Lehre" Thomas Manns? 185
a) Annäherung 185
b) „Zitathaftes Leben": die Freud-Rede von 1936 188
2. Vertikale Verankerung: Mythos als geistige Lebensform 190
a) Prägung 190
b) Vermittlung 193
c) Zitat und Legitimierung 196
3. Das kulturelle Gedächtnis 200
4. Hat „die Antike so gelebt?" Fünf kritische Einwendungen aus ägyptologischer Sicht 203
a) Nicht alle - vielleicht Einzelne 203
b) Nicht immer, sondern in bestimmten Situationen 204
c) In Israel anders als in Ägypten 205
d) Eine Rückprojektion künstlerischer Strömungen der Moderne? 206
e) Der Mythos von der Einheit des Menschengeistes 207

NEUNTES KAPITEL
Ägypten in der Gedächtnisgeschichte des Abendlandes

Anhang

Anmerkungen 223
Nachweise 250
Namenregister 251
Sachregister 253