Liebe Leserin, lieber Leser
Dieses Heft kann eventuell nicht viel dazu beitragen, dass Sie endlich einmal grundlegend informiert sind und sachkundig Auskunft geben können über Wunder.Im Gegenteil: Es wird Sie vielleicht ermuntern, mutig Abschied zu feiern vom Bescheid-Wissen und Bescheid-Geben, um sich wieder einmal zu wundern, um zu fragen, um zu bedenken. Ausgangspunkt aller Erkenntnis ist nämlich – auch im Unterricht – nicht das Wissen, sondern das Sich-Wundern. Von daher mag unsere Aufgabe als Lehrerin oder Lehrer zunächst sein, Kinder und Jugendliche darin zu unterstützen, sich zu wundern, zu fragen und zu lernen.Und wenn wir dabei auf wundersame Dinge stossen, sollten wir sie nicht leichthin abtun, sondern umso genauer hinsehen. Die grossen Räume dessen, was naturwissenschaftlich, d. h. als gesetzmässig, wiederkehrend und vorhersagbar erklärbar ist, verleiten uns allzu schnell und immer wieder dazu, von allen Phänomenen und sogar von unserem Leben zu erwarten, alles müsse immer erklärbar sein. Leicht über-
sehen wir dabei, dass das besondere Interesse auch der Naturwissenschaften immer den reichlich vorhandenen Rändern des Wissens gilt.Menschliches Leben und menschliche Erfahrungen jedenfalls sind nicht immer und überall experimentell wiederholbar und vorhersagbar, sondern zeichnen sich aus durch ihre Einzigartigkeit, Endlichkeit und Unwiederholbarkeit: Menschliches Leben und Erleben ist singulär, genau wie ein Wunder.Manchmal erzähle ich meinen Töchtern eine Gute-Nacht-Geschichte, zu der sie mir je ein bis drei Stichworte liefern, die in der Geschichte vorkommen sollen. In wenigen Sekunden muss ich aus diesen – oft aus den Erinnerungen des Tages oder der vergangenen Woche – zusammengewürfelten Stichworten, Dingen, Figuren, Personen, Ereignissen und Orten eine Geschichte zusammendichten. Und je abstruser und unglaubwürdiger die Geschichte ist, je aussergewöhnlicher und wundersamer die Fähigkeiten der Personen sind, umso grösser werden die Augen meiner Töchter, umso heftiger ist das Gekicher und umso toller war am Ende meine Geschichte.Vielleicht sind Menschen einfach Wesen, die sich gern wundern. Und wenn Wunder zutreffend beschrieben sind als «Geschichten vom guten und gelingenden Leben», dann gilt vielleicht auch umgekehrt: Gutes und gelingendes Leben braucht Wunder in reichlicher Fülle. Und dies mag dann unsere zweite Aufgabe als Lehrerin oder Lehrer sein; im Unterricht immer wieder genug Platz lassen für ein paar Wunder.Für diesen Unterricht wünsche ich Ihnen viel Freude!
Matthias Kuhl,
Redaktion «reli.»
matthias.kuhl(at)reli.chmatthias.ch
Inhaltsverzeichnis
Wunder?
›››› GRUNDSÄTZLICH
Katja Bödeker, Carmen Hammer
Staunen – Wundern – Forschen 3
Werner H. Ritter
Wunder? – Geschichten vom guten Leben! 7
Eva Ebel
«Wunder gibt es immer wieder» 11
›››› PRAKTISCH
US
Monika Nägeli
Petrus erlebt Wunderbares mit Jesus 14
MS
Markus Zimmer
Fast siebzig Wunder! 16
MS
Sabine Boser
Die Mauern von Jericho 18
OS
Patrik Böhler
Vom Sich-Wundern zu den Wundern 21
OS
Benno Bühlmann
Wundersame Rettung am Schilfmeer 24
OS
Hansjakob Schibler
Die bestmögliche Wendung 26
OS
Annike Reiß
Wunder-Didaktik? 28
OS
Andreas Hohn
Sich wundern über «Wunder» 32
›››› AKTUELL
Aus der KAKOKI 33
Rezensionen 34
Vorschau 35