Liebe Leserin, lieber Leser
«Vater im Himmel, die Schule beginnt. Leg deine Hand auf jedes Kind, dass wir alle mit deinem Segen gut und gerne lernen mögen. Amen.» - Jeder Schultag meiner Grundschulzeit begann mit diesem Gebet, zu dem wir (katholische und evangelische Schulkinder) aufstanden, uns zum Kreuz im Klassenzimmer hinwendeten und die Hände falteten. Es war ein Ritual, aber kein nur mechanisches, sondern eines, dessen Inhalt ich verstand und den ich bejahte. Sicher, ein wenig moralisch ist das Gebet, aber mit sechs und neun Jahren wusste ich weder, was moralisch ist, noch störte es mich, wenn es so war.
Solche Formen des gemeinsamen Gebets finden sich in der Praxis kaum noch, nicht zuletzt, weil man befürchtet, auf diese Weise der immer stärker differenzierten Sozialisation nicht gerecht werden zu können.
Das Thema des vorliegenden Heftes bringt es auf den Punkt: Es geht darum, Formen zu finden, wie Kinder und Jugendliche ihre Vorstellung von Gott zur Sprache bringen können und welche Sprache sie vor Gott finden können.
Es ist zugleich auch eine Anfrage an die Sprachkompetenz der Lehrpersonen, denn diese können nicht zu etwas anleiten, was ihnen selbst fremd ist. Der Grundsatzartikel zum religiösen Stil ist daher als Anregung zu verstehen, die eigene religiöse Sozialisierung und die damit verbundene Sprachkompetenz zu reflektieren.
Die praktischen Beiträge im Heft verfolgen das Ziel, das vorhandene Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten aufscheinen zu lassen - von der Literatur mit ihrem Interpretationsspielraum über Lieder, die nicht nur Texte vermitteln, sondern mit der Musik eine weitere Sprache bieten, bis hin zu klassischen biblischen Gebetstexten, den Psalmen, die -übersetzt im Sinne einer Kontextualisierung - auch gegenwärtig sprechend sein können.
Dieses Heft möchte Anregungen bieten, auf die Suche zu gehen nach Möglichkeiten, das Leben und Gott zur Sprache zu bringen - in einer Sprache, die längst nicht mehr nur «gesprochen» werden muss.
Markus Zimmer
markus.zimmer(at)reli.ch
Inhaltsverzeichnis
>>>>GRUNDSÄTZLICH
Monika Jakobs
Religiöser (Sprach-)Stil
>>>>PRAKTISCH
Markus Zimmer
Interview mit Andrew Bond
«Man muss nicht immer
noch etwas
hineinzwängen»
Patrik Böhler
Nimm die Seele als Lotsen
Georg Langenhorst
Gedichte unserer Zeitein Zugang zu religiöser Sprache
Andreas Hohn
Damit ich mich nicht vergesse
>>>> AKTUELL
rezensionen
Mitteilung der KAKOKI
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