Liebe Leserin, lieber Leser
Als ich klein war, haben wir «Teekesselchen» gespielt: Ein Kind überlegt sich ein Wort wie z.
B. «Birne», das je nach Kontext verschiedene Bedeutungen hat, und formuliert das Rätsel: «Mein Teekesselchen beginnt mit B, das eine kann man essen, das andere gibt Licht.» Die anderen raten, und
wer die Lösung herausfindet, darf sich das nächste Teekesselchen ausdenken.
Von solchen Erfahrungen ausgehend erscheint es zunächst möglich, dass Kinder auch mit dem «Sprachspiel Gleichnis» zurechtkommen. Dass dem nicht unbedingt so ist, wird verständlich, wenn man die von Uta Poplutz vorgestellten Grundformen von Gleichnissen betrachtet, die bereits rein sprachlich verschieden hohe Ansprüche an die Hörerinnen und Hörer stellen. Sobald man auch Gerhard
Büttners Überlegungen zu entwicklungspsychologischen und lebensweltlich-materiellen Verstehensvoraussetzungen zur Kenntnis nimmt, wird deutlich: Sein Kriterienkatalog und die daran anschliessende Gruppierung von Gleichnissen ist äusserst hilfreich, um für eine Unterrichtsgruppe ein geeignetes Gleichnis auszuwählen oder mögliche Verständnisschwierigkeiten von Kindern einer bestimmten Altersgruppe zu erkennen und für den Unterricht zu berücksichtigen.
Die Praxiserfahrungen, die hinter den verschiedenen Beiträgen dieses Hefts stehen, machen allerdings Mut, mit Kindern und Jugendlichen auch anspruchsvollere Gleichnisse zu thematisieren. Mag sein, dass Gleichnisse dabei vor allem als «schöne Geschichten» wahrgenommen werden und dass
Kindern und Jugendlichen zunächst nur einiges «dämmert», was später zu entdecken und zu verstehen bleibt. Der in den Praxisbeiträgen vielfach gewählte Weg, dass die Hörerinnen und Hörer sich mit Figuren aus den Gleichnissen identifizieren, erweist sich als weiterführend, weil damit gewissermassen der Sprung über den Graben der Gleichnistheorie getan wird und die Hörerinnen und Hörer ins Gleichnis finden, ohne dass seine Gleichnishaftigkeit thematisiert werden müsste.
Wo aber die Gleichnishaftigkeit angesprochen werden soll, ist vielleicht der von Hansjakob Schibler in seinem Praxisbeitrag gewählte sprachspielerische Zugang der wichtigste Schlüssel zur Förderung des Gleichnisverständnisses bei Kindern und Jugendlichen.
Ich wünsche Ihnen viel Freude am Unterricht!
Matthias Kuhl, Redaktion «reli.»
matthias.kuhl(at)reli.ch
Inhaltsverzeichnis
GLEICHNISSE
››› GRUNDSÄTZLICH
Uta Poplutz
Vollmächtige Rede
3
Gerhard Büttner
Passende Gleichnisse
7
›››› PRAKTISCH
HRU
Susan Weber
Gleichnisse fühlbar machen
11
US
Lisbeth Zogg Hohn
Abhauen – und was dann?
14
US/MS
Esther Aeschlimann, Katharina Wagner
Talente und Samaritaner
18
OS
Patrik Böhler
Carpe Diem
23
OS
Roman Häfliger-Cánepa
Eingeladen zum grossen Gastmahl
26
OS
Hansjakob Schibler
Metapher und Gleichnis
29
OS
Matthias Kuhl
Filmisches Gleichnis
31
›››› SERVICE
Rezension
33
Aus der KAKOKI
34
Vorschau
35