Liebe Leserin, lieber Leser
Beim Nachdenken über das Thema dieser Nummer ist mir ein ganz besonderer Augenblick aus meiner Studienzeit in Heidelberg in den Sinn gekommen. Damals war einer unserer Professoren plötzlich ernsthaft erkrankt und wenige Monate später gestorben. Sein Tod machte uns alle sehr betroffen. Viele Menschen - darunter auch Kollegen, Mitarbeiter, Studentinnen und Studenten - versammelten sich zu einem sehr bewegenden Abdankungsgottesdienst. Nach der Predigt dann teilte uns der Pfarrer mit, dass sich der Verstorbene gewünscht habe, dass nun alle aufstehen und gemeinsam das Lied «Christ ist erstanden» singen. Es ist schwer zu beschreiben, was ich in jenem Augenblick fühlte, als ich mit all den vielen Menschen aufstand, um dieses Lied zu singen: Alles schien für einen Augenblick wie verwandelt und eingetaucht in eine grössere Wirklichkeit, die gleichzeitig unendlich weit und doch leiblich spürbar anwesend war.
Die Kraft und die Bedeutung dieses Aufstehens sind mir beim Nachdenken über das Thema der Nummer wieder in den Sinn gekommen. Denn auch das, was sich den Jüngern damals, in den Tagen nach der Kreuzigung und Grablegung Jesu, so machtvoll und verwirrend zugleich mitteilte, waren ja nicht bloss Einsichten oder Erinnerungen an den verehrten Meister, sondern die Erfahrung einer ganz leibhaftig spürbaren Präsenz - einer Präsenz, die offenbar auch damit zu tun gehabt haben muss, wie ihr verehrter Rabbi und Meister vor seinem Tod da gewesen war: wie er Menschen angesprochen, herausgefordert, berührt und aufgerichtet hatte. Und so schien er auch nach seinem Tod noch immer da zu sein und Menschen anzusprechen, so dass ihnen war, als würden sie aus einem Schlaf erwachen und aufstehen und in einen neuen Tag - in ein neues Leben hineingehen.
Die Erfahrung dieses Erwachens und Aufstehens ist ein Kern des christlichen Glaubens. Diesen als eine aktuelle und lebendige Realität zu begreifen und zu bezeugen, ist eine wichtige religionspädagogische Aufgabe - auch wenn wir uns dabei auch be-wusst sein sollten, dass sich die Essenz des Vermittelten letztlich nicht didaktisieren lässt.
Michael Zangger
Inhaltsverzeichnis
AUFERSTEHUNG
>>>> Zum Thema
Michael Zangger
Mitten im Leben 3
>>>> Unterrichtsbeiträge
US
Monika Schumacher
Fussspuren des Göttlichen 8
MS
Prisca Senn
«Ein Wunder ist etwas, das es gibt -
und doch nicht gibt» 14
MS/OS
Hansjakob Schibier
«Auch ich habe den Herrn gesehen» 20
OS
Ursula Schweizer
Wie der Phoenix aus der Asche -
oder: rinasce piu gloriosa 25
OS
Andreas Hohn
Erlöst - zum Lachen 30
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Sendungen zu Religion und Kultur 34