Auch nach knapp 30 Jahren seit der erstmaligen Publikation hat das in diesem Band vorgestellte politikdidaktische Konzept nichts an Aktualität verloren. Denn nach dem Lesen der kurzen Abhandlung (weniger als 100 Seiten!), wird sich so mancher sagen: Ja, so kann Politikunterricht nachhaltigen Lernerfolg erzielen.
Grundlegend an dem Konzept von Bernd Janssen ist das exemplarische Lernen. Ihm geht es nicht darum, im Politikunterricht ein umfassendes Wissen anzuhäufen, sondern exemplarische Lehr- und Lernwege anzubahnen, um Schüler zu mündigen Persönlichkeiten zu "erziehen". So passt sich das Konzept auf geradezu wundersame Weise in die aktuell vorherrschende Kompetenzorientierung ein.
Wer derartigen Ansätzen skeptisch gegenübersteht und hier vor allem ein Abgleiten ins inhaltlich Belanglose vermutet, der kann beruhigt werden. Janssens vorgeschlagene Kategorisierung der Lerninhalte in "Politisch empörende Ereignisse", "Schlüsselprobleme der Gesellschaft", "Aktuelle politische Konflikte" sowie "Politisch bedeutsame Institutionen und Organisationen" ist einfach zu bestechend. Er schafft damit ein theoretisches Konstrukt, um zentrale Aspekte des politischen Geschehens abzubilden und gleichzeitig Politiklehrkräften auch die notwendigen Freiräume zu einzuräumen, welche für einen an der Aktualität orientierten Unterricht notwendig sind. Einen besonderen Weg, um das Konzept an den Mann respektive die Frau zu bringen, stellt sicherlich das mit "Zwischenfragen an den Autor" beschriebene zweite Kapitel des Buches dar, in dem Janssen in Form eines fiktiven Interviewdialogs auf diverse mögliche Rückfragen eingeht.
Etwas schade ist, dass im Zuge der Neuauflage des Buches die im Buch präsentierten Beispiele diese immer wieder geforderte Aktualität teilweise vermissen lassen - die Geschichte Boi Van Nhos aus Vietnam dürfte heute kaum jemandem mehr bekannt sein. Das Prinzipielle des Konzepts wird dennoch deutlich und gerade die im Buch vorgestellten Planungsschritte und Leitfragen ermöglichen genau das, was Janssen möchte: die selbstständige Umsetzung des Konzepts auf eigene exemplarische Themen. Dass hier nicht nur ein Hochschullehrer, sondern ein Schulpraktiker spricht, wird insbesondere daran deutlich, dass er Lösungen für typische Fallstricke der Praxis parat hat. So enthält der Band beispielsweise auch Leitfragen für eine Reflexion am Ende einer Unterrichtseinheit, so dass sich eine derartige Phase nicht in einem "Nun diskutiert mal schön" verlaufe.
Was dagegen etwas nervt, ist der an manchen Stellen auftretende affirmative Referendariatsduktus des Autors. Dennoch: Janssen hat etwas zu sagen und sollte von engagierten Lehrkräften im Fachbereich "Politik" gehört bzw. gelesen werden

FAZIT: Ein bestechender Ansatz, der neben der Praxis auch noch viel mehr in den deutschen Lehrplänen berücksichtigt werden sollte.

Matthias Schmid, lbib.de

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