lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Menschenwürdig sterben Ein Plädoyer für Selbstverantwortung Mit einem Text von Inge Jens

Mit Beiträgen von Inge Jens, Albin Eser u. Dietrich Niethammer
Menschenwürdig sterben
Ein Plädoyer für Selbstverantwortung


Mit einem Text von Inge Jens



Mit Beiträgen von Inge Jens, Albin Eser u. Dietrich Niethammer

Walter Jens, Hans Küng

Piper Verlag GmbH
EAN: 9783492052764 (ISBN: 3-492-05276-2)
256 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 12 x 20cm, 2009

EUR 16,95
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Dies ist weit mehr als ein weiterer Beitrag zur Sterbehilfe: ein bewegendes, vom persönlichen Schicksal geprägtes und aufklärendes Buch über den Umgang mit dem eigenen Tod mitten im Leben.



Was ist, wenn die letzte Phase des Lebens nur mehr Leid und Schmerz ist? Darf der Mensch dann seinem Leben ein Ende setzen? Walter Jens und Hans Küng haben diese Frage vor Jahren in diesem Buch mit »Ja« beantwortet. Nun ist Walter Jens, der große Rhetor, selber verstummt – lebt demenzkrank in einer eigenen Welt. Über das Quälende einer solchen Situation berichtet in dieser Neuausgabe Inge Jens aus der direkten Sicht der Angehörigen und ergänzt damit konkret, was ihr Mann vor Jahren so literarisch funkelnd behandelt hat. Noch immer ist dies ein tabuisiertes Thema und eines, das gerade in Deutschland nicht sachlich diskutiert wird. Hans Küng plädiert deshalb dafür, den leidenden Menschen und seine Würde in den Mittelpunkt zu stellen.
Rezension
Dieses Buch ist 1995 erschienen und die Forderung der Autoren nach einem Recht auf selbstbestimmtes Sterben ist jetzt 14 Jahre später hinreichend bekannt ... Darin also liegt weniger die Bedeutsamkeit dieser Auflage als vielmehr vielleicht in dem Nachwort in eigener Sache von Inge Jens aus dem Jahr 2008. Denn Walter Jens, der bekannte Tübinger Rhetorik-Professor ist dement, verwirrt, kann kuam mehr sprechen und schreiben. Das hat er eigentlich nie erleben wollen, sondern lieber aktive Sterbehilfe erfahren wollen. Darin liegt die besondere Brisanz des Falls Walter Jens: Er hat öffentlich den "selbstbestimmten Tod" gefordert, "statt als ein dem Gespött preisgegebenes Etwas zu sterben, das nur von fern her an mich erinnert". Mittlerweile hat sein Sohn ein viel diskutiertes Buch veröffentlicht: Tilman Jens: "Demenz". Abschied von meinem Vater. Gütersloher Verlagshaus, Gütersloh 2009. Darin deutet der Sohn Tilman Jens die Demenz des Vaters nicht nur als mögliche Flucht vor des Vaters NS-Vergangenheit: "War es wirklich ein Zufall - an den Du, der Kenner, Interpret und Übersetzer antiker Tragödien, ohnehin nie geglaubt hast -, dass Dich das große Vergessen, die Demenz, der heimtückische Nebel, ... , just in dem Augenblick überkam, als ein philologisches Fachlexikon die Existenz der NSDAP-Mitgliedskarte 9265911 offenbarte?" Viel wichtiger erscheint, dass die theoretisch von Walter Jens 1995 vertretene Position zur Sterbehilfe sich in der Praxis wohl nicht recht halten läßt: "Für meinen kranken Vater bleibt der zunehmend unduldsam geäußerte Todeswunsch eigentümlich abstrakt. Immer wieder, wenn meine Mutter oder ich ihm nachgeben, Verständnis artikulieren für sein Verlangen, weicht er zurück. Nun ja, es muss ja nicht gerade heute passieren. Er will, denke ich manchmal, tot sein, ohne zu sterben." "Als es ernst wird und er spürt, wie ihn sein Verstand allmählich verlässt, zögert mein Vater, den eigenen Thesen über ein menschenwürdiges Sterben zu folgen." Deshalb lohnt das "Nachwort in eigener Sache" von Inge Jens, das in das jetzt aktualisierte Buch "Menschenwürdig sterben" neu aufgenommen wurde. Hier schildert Inge Jens in einem knappen Essay ihre Erfahrungen mit der Krankheit ihres Mannes, die denen des Sohnes inhaltlich ähneln: "Ich bin vorsichtiger geworden, vielleicht zögerlicher geworden; ich habe gelernt, die Kategorien lebensunwert und lebenswert neu zu durchdenken, meine Vorstellungen von Würde und Glück zu differenzieren und die Nichtlösbarkeit gewisser Antinomien, jedenfalls für mich, zu akzeptieren."

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Walter Jens, geboren 1923 im Hamburg, studierte Klassische Philologie in Hamburg und Freiburg i. Br., Promotion 1944, Habilitation 1949. Er tat sich sowohl als fachwissenschaftlicher Autor wie auch als Romancier, Autor für Rundfunk- und Fernsehstücke, Literatur- und Fernsehkritiker, Redner und Übersetzer hervor. Bis 1988 hatte Walter Jens den Lehrstuhl für Rhetorik an der Universität Tübingen inne; in den Jahren zwischen 1989 und 1997 leitete er die Akademie der Künste in Berlin als ihr Präsident. Er ist Ehrendoktor der Universität Stockholm und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Der Philologe ist verheiratet mit Inge Jens, die sich als Herausgeberin (Th. Mann) und Autorin einen eigenen Namen gemacht hat.

Hans Küng, geboren 1928 in Sursee/Schweiz, ist Professor emeritus für Ökumenische Theologie an der Universität Tübingen und Präsident der Stiftung Weltethos. Sein Werk liegt im Piper Verlag vor. Zuletzt erschien von ihm »Umstrittene Wahrheit«, der zweite Band seiner Erinnerungen, sowie – gemeinsam mit Walter Jens – »Menschenwürdig sterben«.
Inhaltsverzeichnis
HANS KÜNG
Appell zur Versachlichung der Diskussion 9

WALTER JENS - HANS KÜNG
Zum Geleit (1994) 17

HANS KÜNG
Menschenwürdig sterben 21

Menschen-unwürdiges Sterben 22
Das Leben erleben - und der Tod? 24
Erlebnis des Sterbens 27
Was ist der Tod? 31
Mit dem Tod ist alles aus? 32
Nur Wunschdenken? 34
Das große Geheimnis des Todes 38
Ein anderes Verhältnis zum Sterben 41
Konkrete Mitmenschlichkeit bis in den Tod 42
Die unumstrittene Sterbehilfe 46
Die umstrittene Sterbehilfe: der »Gnadentod« 49
Der Ernstfall 54
Auch das Ende in des Menschen Verantwortung 59
Ein theologisch verantworteter Weg der Mitte 66
Wie sterben? 73

WALTER JENS
Si vis vitam para mortem. Die Literatur
über Würde und Würdelosigkeit des Sterbens 85

Erbarmungsloser Tod: Hektor 90
Alltags-Tod: Des Ackermanns Frau 92
Ein sanftes Ende? Alkestis 94
Die Annäherung: Iwan Iljitsch 96
Tod konkret: J. T. Malone, Philip Roth 101
Der eigene Tod: Peter Noll 104
Von Würde keine Spur? 107
Das Recht, in Friede und Würde zu sterben 115

Diskussion

DIETRICH NIETHAMMER
Menschenwürdig sterben aus der Sicht eines Arztes 125

Menschenwürdiges Sterben 125
Vier grundsätzliche Fragen 128
Heilen - Lindern - Trösten 132

ALBIN ESER
Möglichkeiten und Grenzen der Sterbehilfe aus der Sicht eines Juristen 137

Aufgaben des Strafrechts im Grenzbereich von Leben und Sterben 137
Die wichtigsten Grundprinzipien und Fallgestaltungen 139
Pro und Contra einer Legalisierung direkter aktiver Euthanasie 153
Ein neuer Gesetzentwurf zur Sterbehilfe 160

Podiumsdiskussion
mit Albin Eser, Walter Jens, Hans Küng, Dietrich Niethammer 165

Zum gegenwärtigen Fragestand

INGE JENS
Ein Nach-Wort in eigener Sache (2008) 199

HANS KÜNG
Sterbehilfe? Thesen zur Klärung 213

HANS KÜNG
Auferweckung zu neuem Leben 237