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Menschenwürde und Menschenrechte Über die Verletzbarkeit und den Schutz der Menschen 2. Aufl.
Menschenwürde und Menschenrechte
Über die Verletzbarkeit und den Schutz der Menschen


2. Aufl.

Hans J. Sandkühler

Verlag Karl Alber
EAN: 9783495487662 (ISBN: 3-495-48766-2)
352 Seiten, paperback, 14 x 22cm, 2015

EUR 29,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
»Die Würde des Menschen ist unantastbar.« Dieser Satz ist ein unbedingt bindender Rechtssatz und die Grundnorm für die nachfolgenden Grundrechte, mit denen die Würdegarantie nicht abwägbar ist. Die Würdenorm gilt aufgrund nationaler Verfassungen und transnationaler Rechtsinstitute wie der EU-Grundrechte-Charta und des internationalen Menschenrechte-Rechts absolut und universell. Dass die menschliche Würde täglich verletzt wird, mindert die Geltung der Norm nicht.

Gleichwohl gibt es darüber, ob die Menschenwürde »unantastbar« ist, heftige Auseinandersetzungen. In den im ersten Teil des Buches erörterten Kontroversen wird oft eingewandt, der Begriff werde inflationär missbraucht, ja es gebe eine »Tyrannei der Würde«. Wer die Würdenorm aus verfassungsrechtlicher Unkenntnis relativieren wolle, trage zur Entrechtlichung der Ansprüche auf Achtung und Schutz bei.

Im historischen zweiten Teil dieses Buches warnt Hans Jörg Sandkühler vor der Fiktion, der moderne Rechtsbegriff der Würde sei aus einer bruchlosen zweitausendjährigen Geschichte zu begründen. Vielmehr haben interessengeleitete ideengeschichtliche Rekonstruktionen die Menschenwürde als Konzept der Stoa, der Renaissance, der Aufklärung oder als christliches Konzept ausgewiesen. Die tatsächlichen Quellen der Menschenwürdegarantie moderner Verfassungen sind die Unrechtserfahrungen des 20. Jahrhunderts. Die von der »Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte « geprägte Würdenorm ist - so das Ergebnis des dritten Teils des Buches - ein Gegenprogramm zur totalitären Missachtung des Individuums: eine Revolution der Rechtskultur, die es zu verteidigen gilt.

Autoreninfo:

Hans Jörg Sandkühler, Jahrgang 1940, hat nach dem Studium der Philosophie und der Rechtswissenschaften 1967 promoviert und sich 1970 habilitiert. 1971 wurde er Professor für Philosophie in Gießen, 1974-2005 in Bremen. 2003-2011 leitete er die deutsche Abteilung Menschenrechte und Kulturen des europäischen UNESCO-Lehrstuhls für Philosophie/Paris an der Universität Bremen.
Rezension
In einer klaren Drei-Gliederung behandelt dieser Band in rechtsphilosophischer Perspektive "Menschenwürde und Menschenrechte": 1) Der umstrittene Begriff der Menschenwürde, 2) Die geschichtliche Entwicklung der Menschenwürde, 3) Die Menschenwürde als Rechtsbegriff. Zu 3) wird deutlich, dass der Menschenwürde-Begriff im GG (Art 1 Abs 1: Die Würde des Menschen ist unantastbar) bewußt nicht definiert ist; die materiale Füllung ergibt sich aus der Rechtsprechung. Zu 2) stellt der Autor fest, dass nicht Antike, Renaissance, Christentum, Aufklärung oder Idealismus die Menschenwürde absolut gesetzt hätten, sondern die Erfahrung aus der totalitären Mißachtung des Menschen im 20. Jahrhundert. Zu 1) wird deutlich, dass der Begriff der Menschenwürde ein dynamischer ist und zu sein hat und stets kontrovers zu diskutieren ist.

Jens Walter, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorbemerkung 9

Teil I
Der Begriff der Menschenwürde


1. >Menschenwürde< als dynamischer Begriff 17

1.1 Historische Erinnerungen an den Würdebegriff 22
1.2 Historiografie als Problem 25

2. Kontroversen über den Begriff >Menschenwürde< 28

2.1 Bedeutungszuschreibungen 28
2.2 Kritik am >inflationären Gebrauch< und an der >Vagheit< des Würdebegriffs 35
2.3 Menschenwürde als Postulat der praktischen Vernunft 45

Teil II
Paradigmata in der Geschichte des Würdebegriffs


1. Antike und mittelalterliche Würdebegriffe 53

1.1 Cicero: Tugend, Rang und Würde 53
1.2 Gottesebenbildlichkeit als Grund von Würde 58

2. >Dignitas hominis< in der Renaissance 67

2.1 Giannozo Manettis >De dignitate et excellentia hominis< 71
2.2 Giovanni Pico della Mirandola und seine >Oratio de hominis dignitate< 76
2.3 Die Reformation als Gegenbewegung 84

3. Skeptische Kritik an der Überschätzung des Menschen: Montaignes >Essais< und Pascals >Pensées< 93

4. Wege zu Aufklärung, Revolutionen und Menschenrechten: >Menschenwürde< in Naturrechtstheorien und als Begriff der Rechts- und Politiktheorie im 18. Jahrhundert 97

4.1 Samuel Freiherr von Pufendorfs Naturrechtstheorie 97
4.2 Menschenwürde und die >Rights of Man< 99

5. Philosophien der Menschenwürde: Von Hume zu Kant und zum Deutschen Idealismus 106

5.1 Kant: Würde als unbedingter, unvergleichbarer Wert 108
5.2 Fichte: Selbstachtung, Anerkennung und Würde 116
5.3 Hegel: Würde und Recht 121
5.4 >Würde< in der Entwicklung nach Hegel: Vom Vormärz bis zu Proudhon 127
5.5 Zwei Würde-Kritiken: Marx und Nietzsche 132
5.6 Karl Kraus: >Würde ist die konditionale Form von dem, was einer ist< 138

Teil III
Menschenwürde als Rechtsbegriff


1. Unrechtserfahrung - die Quelle der Menschenwürdegarantie 145

2. Staat, Völkerrecht und Menschenwürde 166

3. Menschenwürde in Verfassungen 177

3.1 Verfassungsvergleichende Befunde 177
3.2 Europa auf dem Wege zu einer menschenrechtlichen Verfassung 183

4. Menschenwürde im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 190

4.1 Zur Entstehung des Grundgesetzes 191
4.1.1 Der vorbereitende >Verfassungskonvent< 195
4.1.2 Der Parlamentarische Rat 1948-1949 198
4.2 Art. 1 Abs. 1 GG als >Grundnorm< 212

5. Metaphysische und naturrechtliche Interpretationen der Würdenorm 227

6. Das Neutralitätsgebot und die Religionen 241

7. Die Konkretisierung des Begriffs der Menschenwürde >vom Eingriff her< 257

8. Menschenwürde in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts 263

9. Menschenwürde und Menschenrechte 271

9.1 Menschenwürde als Grund der Menschenrechte und ihre Konkretisierung in den Menschenrechten 271
9.2 Menschenwürde und soziale Menschen- und Grundrechte 280
9.3 Menschenwürde, Rechte zukünftiger Generationen und nachhaltige Entwicklung 294

10. Menschenwürde - abwägbar? 303

10.1 Die Menschenwürde ist nicht abwägbar 303
10.2 Die >Logik der Abwägung< und das Folterverbot 308

Bibliografie 315
Personenregister 339
Sachregister 343