lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Martyrium zwischen Gewalt und Gewaltfreiheit Eine Kriteriologie im Blick auf Christentum, Islam und Politik
Martyrium zwischen Gewalt und Gewaltfreiheit
Eine Kriteriologie im Blick auf Christentum, Islam und Politik




Hüseyin I. Cicek

LIT
EAN: 9783643503183 (ISBN: 3-643-50318-0)
224 Seiten, paperback, 14 x 21cm, 2011

EUR 19,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Diskussionen über das Martyrium nehmen kontinuierlich zu. Dies hängt natürlich auch damit zusammen, dass sich radikale muslimische Gruppierungen durch ihren gewaltsamen Tod selbst den Status des Märtyrers verleihen. Sowohl im christlichen als auch im islamischen Sprachgebrauch wird das Martyrium inflationär verwendet. Das vorliegende Buch stellt sich die Aufgabe, die unterschiedlichen Kriteriologien der Martyriumsauffassung in Christentum, Islam und Politik herauszuarbeiten und in weiterer Folge Analogien und Differenzen aufzuzeigen.

Hüseyin I. Cicek

studierte Politikwissenschaft, katholische Theologie und Zeitgeschichte an der Universität Innsbruck und an der University of New Orleans. Er ist freier Mitarbeiter im Forschungscluster „Anthropologie und Gewalt".

Die Beiträge zur mimetischen Theorie analysieren die grundlegende Bedeutung der Nachahmung (Mimesis) für die Frage nach dem Ursprung der Kulturen und der Gestaltung des menschlichen Lebens. Polarisierung auf Feinde, Macht und Opfermechanismen und die Ambivalenz der Faszination prägen unseren öffentlichen und privaten Alltag sowie unsere politischen und theologischen Theorien. Zwischen den rechtsgerichteten Positionen, die die „Freund-Feind-Unterscheidung" zementieren, und den linksorientierten Visionen, die diese verharmlosen, vermittelt die mimetische Theorie.

Einerseits sieht sie die große politische Bedeutung der „Freund-Feind-Unterscheidung", versteht aber andererseits den Grundimpuls der jüdisch-christlichen Tradition als Überwindung dieser Polarisierung mit ihren Projektionen. Sie baut auf den Glauben an ein „dramatisch" verstandenes Erlösungsgeschehen und sucht ihre Bewährung im interdisziplinären Gespräch mit Human-, Gesellschafts- und Naturwissenschaften.
Rezension
Religiöses Märtyrertum ist spätestens seit dem weltweiten Auftreten des radikalen Islamismus und den Anschlägen vom 11. September 2001 auf das World Trade Center in den Focus öffentlicher Aufmerksamkeit getreten. Was aber ist religöses Märtyrertum eigentlich? Und ist es deckungsgleich mit religiös motivierten Selbstmordattentaten? Was qualifiziert einen Märtyrer in Christentum und Islam? Und welche Kriterien gibt es für ein "gutes" Märtyrertum? Das sind die Fragen, die diese interdisziplinäre Dissertation an der Universität Innsbruck aus dem Jahr 2010 wesentlich aus der Perspektive mimetischer Theorie zu beantworten versucht. Dabei kommen jüdische, christliche, islamische und politische Aspekte zum Tragen.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Beiträge zur mimetischen Theorie. Religion - Gewalt - Kommunikation - Weltordnung
herausgegeben von Herwig Büchele, Stanislaw Budzik, Bernhard Dieckmann, Wilhelm Guggenberger, Michael Kirwan, Erich Kitzmüller, Gerhard Larcher, Ralf Miggelbrink, Józef Niewiadomski, Eckhard Nordhofen, Wolfgang Palaver, Raymund Schwager, Roman Siebenrock, João J. Vila-Chã
Beiträge zur mimetischen Theorie analysieren die grundlegende Bedeutung der Nachahmung (Mimesis) für die Frage nach dem Ursprung der Kulturen und der Gestaltung des menschlichen Lebens. Polarisierung auf Feinde, Macht und Opfermechanismen und die Ambivalenz der Faszination prägen unseren öffentlichen und privaten Alltag sowie unsere politischen und theologischen Theorien. Zwischen den rechtsgerichteten Positionen, die die "Freund-Feind-Unterscheidung" zementieren, und den linksorientierten Visionen, die diese verharmlosen, vermittelt die mimetische Theorie.
Einerseits sieht sie die große politische Bedeutung der "Freund-Feind-Unterscheidung", versteht aber andererseits den Grundimpuls der jüdisch-christ-lichen Tradition als Überwindung dieser Polarisierung mit ihren Projektionen. Sie baut auf den Glauben an ein "dramatisch" verstandenes Erlösungsgeschehen und sucht ihre Bewährung im interdisziplinären Gespräch mit Human-, Gesellschafts- und Naturwissenschaften.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 11

1. Einleitung 13

2. Kurze Vorgeschichte der Kriteriologie des jüdischen Martyriums 17

2.1 Kiddush Hashem - Heiligung des göttlichen Namens 17
2.2 Jüdische Märtyrer und ihre politische Signifikanz 19
2.3 Präventive Handlungsmaßnahmen gegenüber Götzendienern und die aktive Suche nach dem Martyrium 30

3. Auf der Suche nach einer Kriteriologie des christlichen Martyriums 33

3.1 Exemplarische Zugänge zur Kriteriologie 33
3.2 Polykarp: Eine Schrift, die Tradition schafft? 36
3.3 Christian de Cherge: Ein moderner Zugang 39
3.4 Dogmatisches Raster zur Behandlung des Martyriums: Die Dramatische Theologie Raymund Schwagers 45
3.5 Darstellung der fünf Akte 47
3.5.1 Erster Akt 47
3.5.2 Zweiter Akt 51
3.5.3 Dritter Akt 54
3.5.4 Vierter Akt 56
3.5.5 Fünfter Akt 58
3.6 Martyrium im Lichte des Evangeliums 59
3.7 Braucht Gott Märtyrer? 61
3.8 Sind christliche Märtyrer Helden? 64
3.9 Der Zweck des christlichen Martyriums 67
3.10 Franz Jägerstätter als Beispiel eines modernen Märtyrers 69

4. Auf der Suche nach der Kriteriologie im islamischen Martyrium 77

4.1 Fi sabil Allah-Auf dem Wege Gottes 77
4.2 Exemplarischer Zugang zur Kriteriologie des islamischen Shahid 84
Bilal und Sumayya: Erinnerung, die eine Tradition schafft? 84
4.3 Das Martyrium in der medinischen Zeit 87
4.4 Das schiitische Martyrium von Hussain 93
4.4.1 Kerbala und Martyrium 96
4.5 Martyrium im Eichte des Koran 99

5. Auf der Suche nach einer Kriteriologie des politischen Martyriumsverständnisses 105

5.1 Exemplarische Zugänge zur Kriteriologie des politischen Martyriums 108
5.1.1 Politisches Märtyrerverständnis des europäischen Nationalismus 111
5.1.1.1 Islamischer Nationalismus und sein Verständnis vom politischen Martyrium 118
5.1.1.2 Politisches Martyriumsverständnis im Bolschewismus 126
5.1.1.3 Politisches Martyriumsverständnis im Nationalsozialismus 132
5.2 Kriterien des politischen Martyriums 137

6. Analogien und Differenzen zwischen christlichem, islamischem und politischem Martyrium 141

7. Mehrwert der Mimetischen Theorie zur Klärung der Ambivalenzen des Martyriums 147

7.1. Rene Girards Mimetische Theorie 147
7.1.1 Biografisches über Rene Girard 147
7.1.2 Mimesis, Aneignungsmimesis und der mimetische Konflikt 147
7.1.3 Der Sündenbockmechanismus 151
7.1.4 Verbote, Riten und das Opfer 155
7.1.5 Aufdeckung des religiösen Sündenbockmechanismus 156
7.1.6 Die abrahamitische Differenz: Opfer im Denken von Rene Girard 160
7.2 Martyrium und dessen Signifikanz für das Politische aus der Perspektive der Mimetischen Theorie 167
7.2.1 Das Christentum 169
7.2.1.1 Das christliche Martyrium aus der Perspektive der Mimetischen Theorie 169
7.2.1.2 Die sakrifizielle Versuchung des christlichen Martyriums 173
7.3 Der Islam 182
7.3.1 Das islamische Martyrium aus der Perspektive der Mimetischen Theorie 182
7.3.1.1 Die sakrifizielle Versuchung des muslimischen Martyriums 187
7.4 Das politische Martyrium im Nationalismus, Bolschewismus und Nationalsozialismus aus der Sicht der Mimetischen Theorie 191

8. Zusammenfassung 195

Literatur 201
Personenregister 217