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Martin Luther - Von den Juden und Ihren Lügen Neu bearbeitet und kommentiert von Matthias Morgenstern mit einem Geleitwort von Heinrich Bedford-Strohm Ratsvorsitzender der EKD
Martin Luther - Von den Juden und Ihren Lügen
Neu bearbeitet und kommentiert von Matthias Morgenstern mit einem Geleitwort von Heinrich Bedford-Strohm Ratsvorsitzender der EKD




Matthias Morgenstern (Hrsg.), Martin Luther

Berlin University Press
EAN: 9783737413206 (ISBN: 3-7374-1320-7)
328 Seiten, Festeinband mit Schutzumschlag, 14 x 21cm, 2016

EUR 19,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Luthers »Judenschrift« von 1543 —ein »Dokument der Schande«.

Die erste Neuübertragung seit 1936, kommentiert aus Sicht der Judaistik und mit einem umfangreichen Glossar.

Im Januar 1543 veröffentlichte Martin Luther eine theolo- gische Widerlegung des jüdischen Glaubens, die als Aufruf zur Gewalt an Brutalität kaum zu überbieten ist. »Von den Juden und ihren Lügen« fordert eine Debatte, welche keinesfalls auf Grundlage ihrer letzten Bearbeitung aus der NS-Zeit geführt werden darf. Die Kommentierung aus Perspektive der rabbinischen Literatur stellt somit eine einzigartige Möglichkeit der Auseinandersetzung mit einer Schattenseite der Reformation dar, welche erstmals auch die Seite der

Opfer zu Wort kommen lässt.

Als Auftakt einer Reihe antijudaistischer Schriften, welche auf die Dämonisierung und Vertreibung von Juden aus den der Reformation zugefallenen Gebieten abzielte, entfaltete Luthers Rhetorik eine verhängnisvolle Wirkungsgeschichte, die von den judenfeindlichen Erlassen evangelischer Landesfürsten des 16. Jahrhunderts (Braunschweig, Meißen, Kursachsen) bis zum Nationalsozialismus reicht. Anknüpfungspunkte bot dafür weniger Luthers theologische Widerlegung rabbinischer Ansichten zur Person Jesu als vielmehr der Maßnahmenkatalog im letzten Teil des Buches,

der die Verbrennung von Synagogen und Büchern, ein Lehrverbot und Zwangsarbeit empfiehlt. All dies wird hier ebenso ungekürzt wiedergegeben wie die derbe, oft unflätige Sprache des Reformators.
Rezension
Die Begehung des anstehenden großen 500-jährigen Reformationsjubiläums 2017 muss eine Idealisierung Martin Luthers vermeiden und setzt eine kritische Auseinandersetzung mit seinem Erbe voraus; dazu zählt insbesondere Martin Luthers Judenfeindschaft. Im Januar 1543 veröffentlichte Martin Luther eine theologische Widerlegung des jüdischen Glaubens, die als Aufruf zur Gewalt an Brutalität kaum zu überbieten ist: »Von den Juden und ihren Lügen«. - In den Jahren 2017-2019 wird im Kernland der Reformation Deutschland das große Reformationsjubiläum begangen, für das schon jetzt intensive Vorbereitungen laufen; u.a. wurde die ehemalige EKD-Ratsvorsitzende Margot Käßmann als Sonderbeauftragte der Ev. Kirche in Deutschland zur Vorbereitung des 500. Reformationsjubiläums eingesetzt. Die Reformation hat Deutschland bis heute geprägt, - nicht nur in kirchlich-religiöser Hinsicht. Auch gesellschaftlich und politisch hat die Reformation bis heute sichtbare Spuren in der deutschen Gesellschaft, in Europa und besonders auch in Nordamerika hinterlassen, von der allgemeinen Schulpflicht bis zur Loslösung der Städte aus bischöflicher Obrigkeit, vom Humanismus bis zum Geist der protestantischen Ethik, - aber auch bis hin zum christlichen Antijudaismus. Denn zum Reformationsgedenken zählt auch die kritische Auseinandersetzung mit ihren Vätern, allen voran mit Martin Luther. Und eines der dunkelsten Kapitel in Luthers Theologie und Biographie (incl. seiner Wandlung im Hinblick auf sein Verhältnis zum Judentum vom Judenfreund zum erbitterten Judenfeind) ist sein Antijudaismus, der vor allem in seiner Wirkungsgeschichte verheerend gewesen ist, weil er u.a. den Antisemitismus der Nationalsozialisten unterfüttert hat. Diese neue, vollständige, kritische Lesefassung ermöglicht es, die fatale Wirkung des Reformators zur Verbreitung der Judenfeindschaft in Europa zu erkennen. Luther trägt eine entscheidende Verantwortung für die weitere Verbreitung antijüdischer Ressentiments in der Bevölkerung bis in die Zeit des Nationalsozialismus hinein.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Als Auftakt einer ganzen Serie antijudaistischer Schriften, welche auf die Dämonisierung und Vertreibung von Juden aus evangelisch-christlichen Gebieten abzielte, entfaltete Luthers Rhetorik beginnend mit den Erlassen reformatorischer Machthaber des 16. Jahrhunderts (Braunschweig, Meißen, Kursachsen) eine verhängnisvolle Wirkungsgeschichte, die bis zum Nationalsozialismus reicht. Anknüpfungspunkte fanden sich vor allem im umfassenden Maßnahmenkatalog des letzten Teils des Buches »Von den Juden und ihren Lügen«, in dem unter anderem die Verbrennung von Synagogen und Büchern, Lehrverbot und Zwangsarbeit für Juden gefordert werden. Dieser wird hier ebenso ungekürzt wiedergegeben wie die derbe, oft unflätige Sprache Luthers. Gerade deswegen fordert »Von den Juden und ihren Lügen« eine Debatte, die nicht auf Grundlage ihrer letzten Bearbeitung von 1936 geführt werden darf. Die Übertragung und Kommentierung aus Sicht der jüdischen Literatur stellt eine einzigartige Möglichkeit des Eingedenkens und der Auseinandersetzung mit einer Schattenseite der Reformation dar, die zu lange ungenutzt geblieben ist. Mit einem Vorwort von Heinrich Bedford-Strohm, Vorsitzender des Rats der EKD.

Martin Luther (1483-1546) löste mit seinen berühmten 95 Thesen die Reformation aus und prägte mit seiner Bibelübersetzung das Christentum im deutschen Sprachraum. Im Gegensatz zu einer anfangs aufgeschlossenen Haltung gegenüber dem Judentum überwiegend in seinen Spätschriften Enttäuschung und offene Feindschaft.

Matthias Morgenstern bis 1999 Pfarrer in Württemberg, lehrt als außerplanmäßiger Professor am Seminar für Religionswissenschaft und Judaistik der Universität Tübingen und ist Mitglied im gemeinsamen Ausschuss »Kirche und Judentum« der evangelischen Kirchen (EKD, VELKD und UEK).
Inhaltsverzeichnis
Geleitwort IX
Zu dieser Neuausgabe XIII
Abkürzungen XVII

VON DEN JUDEN UND IHREN LÜGEN

Einleitung 3
1. Die edle Abstammung der Juden 7
2. Die Beschneidung 21
3. Das Gesetz vom Sinai 43
4. Der Vorzug des Landes Israel 55

5. Das Hauptstück: der Messias 59
5.1. Das Zepter von Juda (Genesis 49,10) 61
5.1.1. Die aramäische Übersetzung (Targum) 62
5.1.2. Die rabbinische Auslegung des Literalsinns:
Das Kommen des Messias hängt von der Buße der Juden ab 71
5.1.3. Die rabbinischen Umdeutungen 72
Silo heißt (die Stadt) Silo 73
Silo heißt Jerobeam 74
Silo heißt „gesandt" 75
Silo, der Sohn Schevets 76
Das Wort „bis dass" 78
5.1.4. Legendarische Auslegungen 79
5.2. Die letzten Worte Davids 82
5.3. Der Prophet Haggai und „die kleine Zeit" 106
5.4. Die Weissagung im Buch Daniel, Kapitel 9 133
5.4.1. Die jüdisch-messianische Deutung und der Bar Kochba-Aufstand 139
5.4.2. Jüdische Neudeutungen von Daniel, Kapitel 9 145
Die erste „Lüge": Das Exil als Gelegenheit zur Buße und Versöhnung 146
Die zweite „Lüge": das syntaktische Zerreißen des Verses 153
Die dritte „Lüge": Sieben oder siebeneinhalb Jahrwochen 160
Die vierte „Lüge": Kyros als Messias 161
Die fünfte „Lüge": Falsche Jahreszählungen 161
Die sechste und siebte „Lüge": Der Wiederaufbau
Jerusalems und des Tempels 163
Die achte „Lüge": König Agrippa als Messias 163
Die neunte „Lüge": Der „Bund" als
Waffenstillstand mit den Römern 166
Die zehnte „Lüge": Die Verwüstung währt bis an das Ende des Streites 167

6. „Lügen" gegen Personen 172

6.1. Der Beelzebubvorwurf 175
6.2. „Jeschu" als „Hauch und Nichtiges" 176
6.3. Die „Grußformel" gegenüber Christen 177
6.4. Jesus als Hurenkind 178
6.5. Jesus als Bastard 182
6.6. Der Name der Maria 184
6.7. Beschimpfungen der Christen 187

7. Der judenfeindliche Maßnahmenkatalog Luthers 194

7.1. Aufruf zur Synagogenbrandstiftung 195
7.2. Aufruf zur Zerstörung jüdischer Häuser 196
7.3. Wegnahme der jüdischen Gebet- und Lernbücher 197
7.4. Lehrverbot für Rabbinen 197
7.5. Aufhebung der Freizügigkeit für Juden 197
7.6. Verbot des Geldhandels 199
7.7. „Dreschflegel, Axt, Hacke und Spaten" 201
7.8. Die Austreibung der Juden 202
7.9. „Wenn du einen Juden siehst ..." 205

8. Wiederholung des Maßnahmenkatalogs für die Pfarrer 221

9. Schluss 231

ANHANG

Erwägungen zu einem Dokument der Schande 251
1. Zur Wirkungsgeschichte dieses Textes im „Dritten Reich" 251
2. Kann man diesen Luthertext „historisieren"? 252
3. Bibelexegese und Gewalt 256
4. Luther als „virtueller Teilnehmer" an der Diskussion im Lehrhaus' 261
5. Hass und Unlogik als Sedimente des Antisemitismus 266
6. Exegese gegen die mündliche Tora 269
7. Zum heutigen Umgang mit diesem Text 272

Glossar 277
Literaturverzeichnis 307
Personenregister 315
Bibelstellenregister 319
Talmudstellenregister 327