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Männlichkeit und gymnasialer Alltag Doing Gender im heutigen Bildungssystem
Männlichkeit und gymnasialer Alltag
Doing Gender im heutigen Bildungssystem




Jürgen Budde

Transcript
EAN: 9783899423242 (ISBN: 3-89942-324-0)
268 Seiten, paperback, 15 x 22cm, März, 2005

EUR 25,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das Buch widmet sich der aktuellen Frage, wie Jungen im heutigen Bildungssystem Geschlecht herstellen (doing gender). Männlichkeit entsteht hier als Ergebnis von Interaktionen, an denen neben den Mitschülern auch Lehrkräfte, Mitschülerinnen und institutionelle Rahmenbedingungen beteiligt sind. Es zeigt sich, dass die bisherigen Männlichkeitsbilder zunehmend dysfunktional werden und in Bewegung geraten. Zugleich existieren Situationen, in denen Geschlecht an Relevanz verliert (undoing gender). Anhand vieler Beispiele gibt das Buch einen detaillierten Einblick in den Alltag von Schülern der Mittelstufe im Gymnasium und skizziert Möglichkeiten der Veränderung von Männlichkeit.


Rezension

von Christian Prior

Männlichkeit im gymnasialen Alltag? Als Lehrer an einem Gymnasium erschien mir dieser Arbeitstitel als höchst interessant und durchaus lesenswert.

Leider war Titel doppelt so interessant wie die Arbeit von Herrn Budde an sich.

Nach sehr intensiver und auf´s höchste Maß an wissenschaftlichen Erörterungen über Geschlecht, Männlichkeit und Gender, wird zunächst noch die vorliegende Methode beschrieben.
Spätestens bei diesem Untersuchungsdesign wäre ein Student in der Diplomarbeit durchgefallen.

Analyse von Fremmitschriften, Sequenzanalyse scheint auf jedenfall immer die Interpretation zuzulassen, die der Forscher erwartet.
Budde geht auf die Schwierigkeit dieser Methode ein, nutzt sie allerdings dennoch.

Nächster großer Kritikpunkt sind die Abbildung, die unmöglich sind. Leider kann man keine zusätzlichen Bilder einfügen. In einem Soziogramm sollen die Beziehungen bzw. Interaktionen zwischen den verschiedenen Schüler einer Klasse dargestellt werden. Durch den schwarz-weißen Druck ergeben sich lediglich Grautöne zur Unterscheidung. Nun ist das Geflecht der Interaktionen so eng und die Namen mitunter mitten in diesem Netz an Pfeilen abgedruckt, dass man diee gar nicht oder nur sehr schlecht lesen kann.
Dass der Autor sich dann auch noch auf diese Abbildung mit Wörtern wie "anschaulich" oder "ersichtlich" bezieht, ist der blanke Hohn.

Die Sequenzen die nun im Folgenden analysiert wurden, sind durchaus erkenntnisreich, leider wird immer nur die zu untersuchende Art an Männlichkeit festgestellt, statt auch andere Seiten des Denkens und der Möglichkeit zu hinterfragen.

Viele Beispiele bzw. Sequenzen kommen einem aus dem schulischen Kontext sehr bekannt vor, so dass der Transfer sehr gut gelingt, allerdings darf man auch selbst analysieren und Reaktionen hinterfragen.

Fazit:
Schön und Schade!
Schön, dass sich jemand diesem Thema angenommen hat.
Schade, dass es nicht all zu gut gelungen ist. 3 Jahre Forschung für Ergebnisse, die man auch nach einem halben Jahr bereits hätte herausstellen können.
Schade, dass nicht mehrere Perspektiven und Begründungen für gewisses Verhalten aufgezeigt wurden.
Schade, dass die erste Hälfte des Buches nahezu auf´s höchste Maß verwissenschaftlicht wurde, statt einen angemessenen Ausdruck zu wählen.
Schön, dass nahezu jedes Kapitel eine Zusammenfassung hat, denn die ist vollkommen ausreichend!

Verlagsinfo
Jürgen Budde (Dr. phil.) arbeitet an der Universität Hamburg sowie als freiberuflicher Bildungsreferent. Seine Forschungsschwerpunkte sind Männlichkeitsforschung, Gender Studies und Jungenarbeit.

Pressestimmen:

»Die Arbeit von Jürgen Budde ist eine qualitative Studie, die die im Rahmen einer schulbegleitenden Forschung erhobenen Daten Unterrichtsprotokolle und Videoaufzeichnungen - mit Blick auf die männlichen Schüler auswertet. Für seine Interpretationen greift der Autor vor allem auf das Konzept der 'Masculinities' von Robert Connell und die Theorie Pierre Bourdieus zurück. Ein zentrales Ergebnis von Buddes Auswertungen ist, dass das Erleben von Unterordnung für die Mehrzahl der männlichen Schüler eine entscheidende Sozialisationserfahrung darstellt. Trotz einiger methodischer Schwächen ist das Buch wegen seiner detailreichen Analysen, die die Generierung von Männlichkeit im schulischen Alltag nachvollziehbar machen, sowohl für Wissenschaftler/-innen als auch Praktiker/-innen im besten Sinne des Wortes aufschlussreich.

Barbara Scholand,www.querelles-net.de, 17 (2005)

«Im ersten Teil des Buches werden die theoretischen Grundlagen anhand aktueller Geschlechter- und Sozialisationstheorien vorgestellt. Männlichkeit entsteht hier als Ergebnis von Interaktionen, an denen neben den Mitschülern auch Lehrkräfte, Mitschülerinnen und institutionelle Rahmenbedingungen beteiligt sind. Im zweiten Teil werden ethnografischen Befunde aus dem Schulalltag analysiert, in denen sich ein facettenreiches Bild zur Entwicklung von Männlichkeit bei Jungen in der Sekundarstufe I zeigt. Das Buch liefert einen tiefen Einblick in die Interaktionsstrukturen zwischen den Jungen, zwischen den Jungen und den Mädchen sowie den Lehrkräften und den Jugendlichen. Der Autor skizziert am Schluss Möglichkeiten der Veränderung von Männlichkeit.

www.genderundschule.de, 21.10.2005
Inhaltsverzeichnis
Einleitung

1. Von der Herstellung der Geschlechter
1.1 Historische Transformationen
1.2 Macht und Subjekt
1.2.1 Das geschlechtliche Subjekt
1.2.2 Subjektivation als Selbststrategie
1.2.3 Doing gender
1.3 Zusammenfassung

2. Männlichkeit als soziale Kategorie
2.1 Männlichkeiten bei Connell
2.1.1 Hegemonie als Machtkonzept
2.1.2 Die Struktur des Systems hegemonialer Männlichkeiten
2.2 Geschlechtliche Situierung im sozialen Feld
2.2.1 Feld und sozialer Sinn
2.2.2 Kapitalien
2.2.3 Habitus
2.2.4 Symbolische Herrschaft
2.3 Aspekte der Transformation von Männlichkeit
2.3.1 Männlichkeiten in der Jugendphase
2.3.2 Das "Gerede" von der Krise
2.3.3 Aktuelle Transformationen
2.4 Neuformulierung des Männlichkeitskonzeptes
2.5 Zusammenfassung

3. Design des Forschungsprojektes
3.1 Die Studie am Edith Benderoth-Gymnasium
3.1.1 Das Gymnasium als Feld
3.1.2 Zusammensetzung der Klassen
3.2 Methodisches Vorgehen
3.2.1 Ethnographische Forschungsmethoden
3.2.2 Materialerhebung
3.2.3 Über die Arbeit mit fremderhobenem Material
3.2.4 Operationalisierung des eigenen Analyserasters
3.2.5 Die Methode der Sequenzanalyse
3.3 Zusammenfassung

4. Interaktion der Schüler
4.1 Analyse der Binnenrelation von Männlichkeiten
4.1.1 Hierachie, "Wir-Gruppe" und Entwertung
4.1.2 Die Konstruktion marginalisierter Männlichkeit
4.1.3 Zwischen Unterordnung und Marginalisierung
4.1.4 Gleichheit und Prestige: komplizenhafte Männlichkeit
4.2 Der Kontakt zu Mädchen
4.2.1 Separierung der Geschlechter
4.2.2 Männlichkeit in gemischtgeschlechtlichen Interaktionen

5. Schüler und Schule
5.1 Undoing gender
5.1.1 Unterricht und diekrete Kommunikation
5.1.2 Abschreiben
5.2 Männlichkeit im schulischen Alltag
5.2.1 Zwischen Verweigerung und Konkurrenz
5.2.2 Konstruktion von Männlichkeit im Unterrichtssetting
5.2.3 Eine Frage der Position: Interaktion mit den Lehrkräften
5.3 Gendering durch Lehrkräfte und Unterricht
5.3.1 Zwischen Ironie und Entwertung: der Lehrer als Kumpel
5.3.2 Mädchenprotektion und Technikkompetenz
5.3.3 Koedukation: Zwischen Angriff und Abwehr

6. Transformationen
6.1 Legetimierungsstrategien
6.2 Irritationen, Abweichungen und Brüche
6.2.1 Berührungen
6.2.2 Verwirrende Inszenierungspraktiken
6.2.3 Sprachlich vermittelte Irritationen
6.3 Resümee - entdramatisierte Selbstironie

7. Fazit - Jungen in der Schule
7.1 Männlichkeitsstrukturen in der Schule
7.2 Dimensionen pädagogischer Praxis

Literatur