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Lehren und Lernen - aber wie? Empirisch-experimentelle Forschungen zum Lehren und Lernen im Unterricht
Lehren und Lernen - aber wie?
Empirisch-experimentelle Forschungen zum Lehren und Lernen im Unterricht




Martin Wellenreuther

Reihe: Band 50


Schneider Verlag Hohengehren
EAN: 9783834012371 (ISBN: 3-8340-1237-8)
518 Seiten, kartoniert, 17 x 24cm, 2013

EUR 25,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Jeder weiß, was guter Unterricht ist. Wirklich?

Wieso sind Deutschlands Schulen immer wieder das Experimentierfeld für unausgegorene, empirisch ungeprüfte Ideen? Wie kam es dazu, dass Lehrer die Reichen-Methode „Lesen durch Schreiben" voller Überzeugung im Grundschulunterricht einsetzten (bzw. immer noch einsetzen), obwohl seit mindestens zehn Jahren bekannt ist, dass diese Methode vor allem leistungsschwächeren Schülern schadet? Jahrgangsübergreifendes Lernen, Helferprinzip, Individualisierung und Heterogenität sollen Markenzeichen einer qualitativ verbesserten Unterrichtskultur sein. Offene Methoden wie Freiarbeit, Projektarbeit, Werkstattunterricht, Wochenplan, Gruppenunterricht und Stationenarbeit sollen die Qualität des Unterrichts verbessern. Die Schüler würden dadurch lernen, selbständig Probleme zu lösen. Wirklich? Gibt es dazu empirische Belege? Welche ernst zu nehmende empirischen Studien stützen solche weitreichende Erwartungen?

Vor gut 20 Jahren habe ich mir solche Fragen gestellt und - meistens vergebens - nach hieb-und stichfesten empirischen Belegen für diese „Innovationen" gesucht. Eigene Studien zur langen Stationenarbeit bestätigten meine Befürchtung: Diese „progressive Methode"führt im Vergleich zu direkter Instruktion zu unbefriedigenden Lernergebnissen. Nur kurze, segmen-tierte Stationenarbeit führt zu ähnlich guten Ergebnissen wie direkte Instruktion. Seit der ersten Auflage von „Lehren und Lernen - aber wie?" sind vor allem in den USA viele weitere experimentelle Forschungen erschienen, z. B. zu den Grundlagen des Lehrens und Lernens, zu Bedingungen, unter denen Gruppenarbeitsmethoden oder Hausaufgaben lernwirksam sind, zur Qualität des Unterrichts, zu Fragen effektiven Übens, zur Wirkung von Tests sowie zur Wirkung von Feedback. Diese Forschungen wurden in der Neubearbeitung von Lehren und Lernen berücksichtigt.

Im Unterschied zu Hattie's „Visible Leaming" stützt sich „Lehren und Lernen - aber wie?" vor allem auf experimentelle Forschungen. In Bereichen, in denen sich die „Meta-Analysen" überwiegend auf experimentelle Forschungen stützen (z. B. Wirkungen der „direkten Instruktion"), komme ich zu ähnlichen Folgerungen wie Hattie. In anderen Bereichen (z.B. Methoden der Gruppenarbeit, Hausaufgaben) ergeben sich große Differenzen. Vielleicht führen solche Differenzen zu weiteren experimentellen Forschungen, so dass Pädagogik als normale Wissenschaft vom „Lehren und Lernen" immer weniger anfällig für neue Moden wird.



Der Autor:

Martin Wellenreuther, Jg. 1944, hat in Mannheim Sozialwissenschaften mit dem Schwerpunkt Sozialpsychologie studiert. Nach dem Studium arbeitete er zwei Jahre im Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI). Im Anschluss daran wechselte er zur Beratungsstelle für empirische Methoden und Statistik der Universität Göttingen im Fachbereich Erziehungswissenschaft. Dort beriet er zwischen 1973 und 1996 empirische Projekte, war Mitglied der wissenschaftlichen Begleitung eines Ganztagschulversuchs und führte zwischen 1980 und 1996 zusammen mit F Zech ein von der DFG gefördertes Forschungsprojekt zur Entwicklung verständlicher Unterrichtsmaterialien für lernschwache Schüler durch. Seit 1996 arbeitet er als Mitarbeiter im Institut für Pädagogik an der Universität Lüneburg. Seit Herbst 2009 ist Martin Wellenreuther pensioniert.
Rezension
Die breit angelegte Diskussion um die Themen Schule, Bildung, Lehrer und Unterricht bringt viele Erkenntnisse, verwirrt jedoch zunehmend. Erst kürzlich hat John Hattie mit seiner Meta-Studie „Visible Learning“ reichlich Unruhe in die deutsche Bildungslandschaft und Schulforschung gebracht. Und nun liegt das Fachbuch von Martin Wellenburg „Lehren und Lernen – aber wie?“ in seiner 6. völlig überarbeiteten Auflage vor. Der Autor hat in den vergangenen Jahrzehnten ausgiebig zu den Prozessen des Lehrens und Lernens geforscht und ist vor allem über den Weg der empirisch- experimentellen Forschungen zu beachtlichen Ergebnissen gelangt. Das Buch soll Lehrenden und Lernenden helfen, Unterrichtsprozesse auf dem aktuellen Wissensstand zu planen und zu reflektieren. Ein hoher Anspruch, der bei dem Leser des über 500 Seiten dicken Bandes einige Zeit belegen wird. Aber die Mühe lohnt sich durchaus. In einem ersten Kapitel erhält der Lehrer fundierte Hilfestellungen, um Unterrichtsmethoden kompetent bewerten zu können. Der zweite Teil befasst sich mit dem Themenbereich „Lernen und Gedächtnis“, wobei Lernen als ein aktiver und komplizierter Prozess der Informationsverarbeitung dargestellt wird. Teil 3 blickt in die Unterrichtspraxis und erläutert zunächst die Zusammenhänge von verständlichem Erklären, dem Klassenmanagement und dem Testen, Argumentieren und Motivieren. Der letzte Teil des Bandes setzt sich mit der Gestaltung von Lernarrangements, den Methoden kooperativen Lernens und der Qualitätssicherung im Bildungssystem auseinander. Martin Wellenburg fordert „strenge empirische Wirkungsnachweise durch experimentelle Forschung“, damit sich „unausgegorene Ideen“ nicht durchsetzen und unsere Kinder nicht zu Versuchskaninchen werden. Ein Grundlagenwerk - nicht nur für Bildungsforscher, sondern vor allem für Lehrer, Eltern, Ausbilder und Bildungspolitiker!

Arthur Thömmes, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort des Herausgebers der Reihe XI
Vorbemerkungen XIII
Teill: Bildungskatastrophen und Professionalität 1
1. TIMSS, PISA und die deutsche Lemkultur 2
1.1 Einführung 2
1.2 Die TIMS-Studie 4
1.3 Erklärungsversuche für das schlechte Abschneiden der deutschen Schüler ... 5
1.4 Eingeleitete Konsequenzen 9
1.5 Zusammenfassung 11
2. Methoden empirischer Unterrichtsforschung 14
2.1 Einführung 14
2.2 Forschungstypen 15
2.3 Möglichkeiten und Grenzen experimenteller Methoden in der
Pädagogik 39
2.3.1 Die Auswahl eines passenden Analysemodells für Interaktionseffekte 39
2.3.2 Die Notwendigkeit experimenteller Forschung in der Pädagogik 40
2.4 Konstruktivistische Vorstellungen, situiertes Lernen und experimentelle Forschung 44
2.5 Zusammenfassung und Ausblick 49
Teil II: Lernen und Gedächtnis 51
3. Die Aneignung von Wissen über das Arbeitsgedächtnis 52
3.1 Die Architektur unseres Gedächtnisses 52
3.1.1 Das Arbeitsgedächtnis 55
3.1.2 Die Entwicklung des Langzeitgedächtnisses bei Kindern - 60
3.2 Die erste Aneignung von Wissen und Fertigkeiten 61
3.2.1 Arbeitsgedächtniskapazität und Lernen 61
3.2.2 Die Überlasttheorie des Arbeitsgedächtnisses 63
3.2.3 Methoden des Umgangs mit der Begrenztheit des Arbeitsgedächtnisses .... 68
3.3 Texte, Veranschaulichungen und mündliche Erläuterungen im Unterricht ... 86
3.4 Durch Handeln oder durch Sehen lernen? 91
3.5 Schlussbemerkungen: Schulisches Lernen und das Nadelöhr
Arbeitsgedächtnis 93
4. Die Verankerung von Wissen im Langzeitgedächtns 95
4.1 Langzeitgedächtnis und Problemlösen: Wann macht Übung den Meister? ... 95
4.2 Phasen der Kompetenzentwicklung 104
4.3 Problemlösen durch Wissenstransfer 107
4.4 Leicht und schwer 111
4.5 Methoden effektiven Übens 113
4.6 Horizontale und vertikale Verarbeitung von Informationen 134
4.7 Feedback 147
4.8 Effektives Üben in der Schule 153
4.9 Hausaufgaben - was ist mit ihnen zu erreichen? 162
4.10 Zusammenfassung: Gedächtnispsychologische Überlegungen zur
Kompetenzentwicklung 173
Teiini: Erklären - Klassen führen - Schüler motivieren 175
5. Erklären und Verstehen 176
5.1 Soziale Herkunft und Sprachentwicklung 176
5.2 Mündlich etwas erklären 177
5.2.1 Scaffolding 179
5.2.2 Tutorenarbeit - eine wichtige Methode für die Schule? 188
5.2.3 Zusammenfassung: Methoden mündlichen Erklärens durch Lehrer und Schüler 192
5.3 Schriftlich etwas Erklären 193
5.3.1 Die Verständlichkeit von Texten 196
5.4 Empirische Studien zur Theorie des Textverstehens 204
5.4.1 Die Mikro- und Makrostruktur von Texten - die Studie von E. Kintsch 204
5.4.2 Optimierung der Textverständlichkeit durch Verbesserung der Kohärenz .... 208
5.4.3 Die Wirkung vorstrukturierender Hilfen 211
5.4.4 Mensch-Maschine Systeme erklären 215
5.4.5 Textbrücken zwischen Kapiteln eines Lehrbuches - notwendig oder überflüssig? 215
5.4.6 Schulbücher verständlich gestalten - die Studie von Britton,
Gülgöz&Glynn 218
5.4.7 Zusammenfassung: Konsequenzen der experimentellen
Verständlichkeitsforschung 220
5.5 Verständliches Erklären in Mathematikschulbüchern 221
5.5.1 Einfuhrung 221
5.5.2 Das Erweitern und Kürzen von Brüchen - eine Fallstudie 223
5.5.3 Mathematikschulbücher in Deutschland, Japan und Singapur 231
5.6 Unterrichten im Sinne verständlicher Wissenstrukturierung 240
5.7 Zusammenfassung: Wissensstrukturierung und Lernen 246
6. Klassenmanagement und Klassenführung 258
6.1 Einführung 258
6.2 Ursachen für Klassenmanagementprobleme 261
6.2.1 Ungünstige Rahmenbedingungen 261
6.2.2 Die Illusion vom lieben Schüler 262
6.2.3 Der Unterrichtsstil des Lehrers 264
6.2.4 Schulformwechsel und Adoleszenz 265
6.2.5 Der Unterricht als Ursache für Probleme des Klassenmanagements 268
6.2.6 Zusammenfassung: Ursachen für Probleme mit dem Klassenmanagement ... 271
6.3 Ansätze des Klassenmanagements 272
6.3.1 Der traditionelle Ansatz: Reagieren auf Disziplinschwierigkeiten mit Belehrung
und Sanktionen 272
6.3.2 Klassenmanagement als konstruktives Agieren in der Klasse - der Ansatz von
J. Kounin 284
6.3.3 Klassenmanagement als vorausplanendes Handeln - der Ansatz von
C. Evertson 294
6.3.4 Zusammenfassung: Forschungsbasiertes Klassenmanagement 303
7. Testen, Argumentieren und Motivieren 306
7.1 Testen und Lehren 306
7.2 Argumentieren 319
7.3 Experimente zur Motivierung von Schülern 331
7.4 Zusammenfassung: Testen, Argumentieren, Motivieren 352
IV. Lernarrangements gestalten 355
8. Direkte Instruktion - handlungsorientierter Unterricht - offener
Unterricht 356
8.0 Einführung: Was ist guter Unterricht 356
8.1 Direkte Instruktion 357
8.1.1 Planung und Durchführung direkter Instruktion in verschiedenen
Lernphasen 360
8.1.2 Empirische Prüfung direkter Instruktion 363
8.2 Ausgewählte Forschungen zur Wirksamkeit direkter Instruktion 364
8.3 Handlungsorientierter Unterricht 379
8.3.1 Handlungsorientierter Unterricht im Rahmen von Exkursionen (Geographieunterricht)
380
8.3.2 Projektarbeit im Vergleich zu Frontalunterricht 382
8.3.3 Der handlungsorientierte Unterricht von Aebli - eine Form direkter
Instruktion? 385
8.3.4 Möglichkeiten und Grenzen handlungsorientierten Unterrichts 399
8.4 Offener Unterricht 402
8.4.1 Begriffliche Klärungen 403
8.4.2 Formen der Stationenarbeit 404
8.4.3 Beispiele produktiver Stationsarbeit 405
8.4.4 Zur Problematik langer Stationsarbeit 407
8.5 Fördern und differenzieren 415
8.6 Zusammenfassung: Effektive Lernarrangements gestalten 429
9. Methoden kooperativen Lernens 434
9.1 Einführung 434
9.2 Formen und Probleme traditioneller Methoden kooperativen Lernens 435
9.3 Moderne Methoden kooperativen Lernens in der Schule 437
9.3.1 Kooperative Lernumgebungen versus Methoden kooperativen Lernens
in der Schule 438
9.3.2 Ein Beispiel für Teamarbeit 441
9.3.3 Konkurrenz als hässliche Seite bestimmter Formen traditionellen
Unterrichts 443
9.3.4 Merkmale effektiver Teamarbeit nach Slavin 444
9.4 Empirisch geprüfte Formen der Gruppenarbeit 448
9.4.1 Die Gruppenrallye 449
9.4.2 Das Gruppenturnier 452
9.4.3 Individualisiertes Lernen mit Teamunterstützung 453
9.4.4 Das Gruppenpuzzle 455
9.5 Die Wirksamkeit kooperativer Methoden 460
9.6 Zur Theorie der Gruppenarbeit 463
9.6.1 Erklärungsansätze 463
9.6.2 Welche Faktoren sind für den Erfolg kooperativen Lernens entscheidend? . . 464
9.6.3 Offene Probleme kooperativer Methoden 468
9.6.4 Abschließede Bemerkungen: Die Bedeutung von Methoden der Gruppenarbeit
für den Unterricht 471
10. Ausblick: Qualitätssicherung im Bildungssystem 473
10.1 Das Ausgangsproblem 473
10.2 Durch Outputkontrollen zum Erfolg? 474
10.3 Qualitätssicherung in der Lehrerausbildung 478
10.4 Qualitätssicherung in der Schule 479
10.5 Zusammenfassung und Ausblick 486
Literaturliste 488
Personenregister 510
Stichwortverzeichnis 515