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Identität - Religion - Moderne Charles Taylors Kritik des säkularen Zeitalters in Auseinandersetzung mit Stanley Hauerwas und Jeffrey Stout
Identität - Religion - Moderne
Charles Taylors Kritik des säkularen Zeitalters in Auseinandersetzung mit Stanley Hauerwas und Jeffrey Stout




Gregor Buß

LIT
EAN: 9783643900203 (ISBN: 3-643-90020-1)
136 Seiten, paperback, 15 x 21cm, 2009

EUR 19,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Charles Taylor hat in den letzten Jahren vermehrt auf die enge Verflechtung von Religion und Moderne hingewiesen - gegen die gängige Meinung der Philosophenzunft plädiert er sogar für die Wiedergewinnung religiöser Ressourcen. Dieses Buch versucht Taylors Projekt einer "katholischen Moderne" in das Gesamt seiner Philosophie einzuordnen und es auf seine Tragfähigkeit abzuklopfen. Darüber hinaus wird Taylor mit Stanley Hauerwas und Jeffrey Stout ins Gespräch gebracht. Diese beiden US-amerikanischen Theologen führen seit Jahrzehnten eine hitzige Debatte über die Kompatibilität von religiösen Überzeugungen und demokratischen Diskursen, deren Rezeption in Europa größtenteils noch aussteht.
Rezension
Es ist das große Verdienst dieser in Buchform veröffentlichten Münsteraner Diplomarbeit aus dem Jahr 2006, in das Denken dreier, in Europa noch wenig rezipierter zeitgenössischer nordamerikanischer Theologen und Philosophen einzuführen, die sich auf je eigene Weise mit den Themen Wiederkehr der Religion, Säkularisierung und Moderne(kritik) beschäftigen: Charles Taylor (geb. 1931), Stanley Hauerwas (geb. 1940) und Jeffrey Stout (geb. 1950). Denn das Thema Religion ist wieder überraschend aktuell, nachdem die Religionen jahrzehntelang als auslaufende Modelle in der Moderne galten. - Der katholische kanadische Politikwissenschaftler und Philosoph Charles Taylor beschäftigt sich mit Moralphilosophie, multikultureller Gesellschaft und Religionsphilosophie. Die moralischen Quellen der Neuzeit müssen seiner Ansicht nach zurückgewonnen werden, das umfasst auch die Wiederkehr der Religion im säkularen Zeitalter, um Fehlentwicklungen der Moderne zu korrigieren. Nicht ein autonomes Selbst und eine neutrale Vernunft, sondern eine ethische Idee stehe am Anfang der Moderne. Menschliche Identität, menschliches Handeln und Erkennen sind nicht möglich ohne die intersubjektiv verbindliche Akzeptanz letzter und höchster Güter wie z.B. Gemeinsinn und Solidarität, Menschenrechte und Nächstenliebe. Taylor sieht ein menschliches Bedürfnis nach einem Sinn, der das diesseitige menschliche Leben transzendiert. - Der methodistische Theologe Stanley Hauerwas war bis 2013 Professor für theologische Ethik an der Duke University in Durham, North Carolina, und ist überzeugter christlicher Pazifist. Er wendet sich gegen die Theorie vom gerechten Krieg. Die konstantinische Wende hält er für eine kirchengeschichtliche Fehlentwicklung; die Kirche dürfe sich nicht mit dem Staat bzw. der Welt verbinden. - Der Religionswissenschaftler Jeffrey Stout (geb. 1950) hingegen sieht gerade im moralischen Diskurs in der religionspluralen Demokratie eine gemeinsame Basis.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Pontes
Herausgegeben von Prof. Dr. Dr. Klaus Müller

"Pontes: Philosophisch-theologische Brückenschläge" ist als Forum speziell für junge Autorinnen und Autoren gedacht, die es gegen den theologischen wie philosophischen mainstream der Mühe für wert halten, über theologische Gedanken philosophisch Rechenschaft abzulegen oder umgekehrt der Philosophie durch theologische Überlegungen zu denken zu geben. Aufgenommen werden Dissertationen sowie Staats-, Diplom- und Lizentiatsarbeiten, die viel zu gut sind, um in Schubläden zu verschwinden. Gelegentliche Sonderbände komplettieren das Programm.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort IX

0 Zur Einführung 1

0.1 Das Anliegen Taylors 1
0.2 Das Anliegen der vorliegenden Arbeit 2

TEIL A
CHARLES TAYLORS DIAGNOSE DES SÄKULAREN ZEITALTERS


1 Die Identität und die „moralische Ontologie" der Moderne 4

1.1 Die Identität und das Gute 5
1.1.1 „Das sich selbst interpretierende Tier" 5
1.1.2 Das Selbst und das Gute — Der „moralische Raum" 11
1.1.3 Moderne Güter und ihre tiefen Quellen 15
1.2 Die Identität und die Gemeinschaft 19
1.2.1 "Zwerge auf den Schultern von Riesen" — Taylor und der Kommunitarismus 20
1.2.2 Sprache, Artikulation, Narrativität 22
1.2.3 Wieviel Gemeinschaft braucht die Demokratie? 25
1.2.4 Im Kielwasser Hegels 29
1.2.4.1 Sittlichkeit 30
1.2.4.2 Anerkennung 33
1.2.4.3 Hegel heute 37

2 „Gedächtnisschwund" und „Atomismus" — Charles Taylors Modernekritik 38

2.1 Orientierungslosigkeit durch Gedächtnisschwund 38
2.1.1 Die moderne Spaltung und „Verstümmelung" 38
2.1.2 „Luftpumpe für die Lungen des Geistes" 39
2.2 Atomismus als Folge des Naturalismus 40
2.2.1 Das naturalistische Paradigma 41
2.2.2 Prozeduralistische Ethik? 42
2.2.3 Atomismus und negative Freiheit 44

3 „Hunger nach Transzendenz" — Charles Taylor und die Religion 46

3.1 Taylor als christlicher Philosoph? 47
3.1.1 „Hölzenes Eisen" 47
3.1.2 Philosophie und Theologie — ein kontrapunktisches Verhältnis 49
3.2 Taylors Genealogie des säkularen Zeitalters 50
3.2.1 Der „exklusive Humanismus" als Alternative zum Theismus 50
3.2.2 Sedimentation, Ironie, Rekomposition 53
3.3 „Ein Bewusstsein von dem, was fehlt" 56
3.3.1 Das Unbehagen an der Moderne 56
3.3.2 Der Streit um den Tod Gottes 58
3.4 Religion heute 62
3.4.1 Das Streben nach Fülle 62
3.4.2 Mit James über James hinaus 64
3.4.3 Eine katholische Moderne? 68
3.5 Taylor als Pontifex 70

TEIL B
CHARLES TAYLOR IM GESPRÄCH MIT STANLEY HAUERWAS UND JEFFREY STOUT


4 Religion und Demokratie — Die Debatte zwischen Stanley Hauerwas und Jeffrey Stout 72

4.1 „Resident aliens" — Das theologische Profil von Stanley Hauerwas 73
4.1.1 „Life in the Christian Colony" — Hauerwas' Ekldesiologie 73
4.1.1.1 Eine >bekennende Kirche< als Kontrastgesellschaft 73
4.1.1.2 Kirche als Erzählgemeinschaft 75
4.1.1.3 Vom „Konstantinianismus" verführt — Kirche und liberale Demokratie in den USA 76
4.1.2 „A community of character and virtues" — Hauerwas' Sozialethik 79
4.1.2.1 Kirche als Sozialethik 79
4.1.2.2 In der Nachfolge Jesu und unter eschatologischem Vorbehalt 81
4.2 „Ethics after Babel" — Das theologische Profil von Jeffrey Stout 83
4.2.1 Pragmatische Moral 84
4.2.2 Religiöse Überzeugungen und demokratische Diskurse 86
4.3 >Konstantinianismus< vs. >Sektiererei< — Protokoll einer langjährigen Debatte 89
4.3.1 „The American experiment is in deep trouble" — Hauerwas und
Stout vor derselben Herausforderung 89
4.3.2 Stouts Kritik an Hauerwas — und die prompte Antwort 90

5 Charles Taylor als Vermittler zwischen Stanley Hauerwas und Jeffrey Stout? 95

5.1 „Drei Ärzte und ein Patient" — Das gemeinsame Anliegen von Taylor, Hauerwas und Stout 95
5.2 Taylor im Gespräch mit Hauerwas 97
5.3 Taylor im Gespräch mit Stout 99

6 Schlussbetrachtung: Ergebnisse und Überhänge 102

6.1 Identität — Religion — Moderne: Charles Taylor im Kreuzverhör 102
6.1.1 Identität zwischen Autonomie und Heteronomie 102
6.1.1.1 Moralischer Relativismus oder Realismus? 102
6.1.1.2 Tragödie im Sittlichen? 104
6.1.2 Funktionalisierung oder Verteidigung der Religion? 107
6.1.3 Verfechter oder Verächter der Moderne? 110
6.2 Nochmals: Charles Taylor im Gespräch mit Stanley Hauerwas und Jeffrey Stout 111
6.2.1 „Kirche als politisch-moralischer Akteur" — ein Ausweg 112
6.2.2 Die Anziehungskraft des Transzendenten 113

Literaturverzeichnis 114