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»Hauptsache ein Job später« Arbeitsweltliche Vorstellungen und Bewältigungsstrategien von Jugendlichen mit Hauptschulhintergrund
»Hauptsache ein Job später«
Arbeitsweltliche Vorstellungen und Bewältigungsstrategien von Jugendlichen mit Hauptschulhintergrund




Carolin Kölzer

Transcript
EAN: 9783837628487 (ISBN: 3-8376-2848-5)
486 Seiten, paperback, 15 x 23cm, September, 2014

EUR 44,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Jugendliche mit Hauptschulhintergrund haben große Schwierigkeiten beim Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Während verschiedene Studien diese objektive Betroffenheit immer wieder bestätigen, weiß man nur sehr wenig darüber, was sie selbst über Arbeit und Arbeitslosigkeit denken oder wissen und wie sie hierzu fühlen. Mit welchen Vorstellungen versuchen diese formal gering gebildeten Jugendlichen in die Arbeitswelt einzutreten? Carolin Kölzers qualitative Studie nimmt Bezug zur fachdidaktischen Vorstellungsforschung in der sozialwissenschaftlichen Domäne und berücksichtigt insbesondere die emotionalen Aspekte und die subjektive Betroffenheit der Jugendlichen.

Carolin Kölzer (Dr. phil.) forscht und lehrt an den Universitäten Bielefeld und Köln. Ihre Forschungsschwerpunkte sind u.a. sozioökonomische Bildung sowie emotions- und sprachsensible sozialwissenschaftliche Bildung.



Autoreninterview mit Carolin Kölzer

1. »Bücher, die die Welt nicht braucht.« Warum trifft das auf Ihr Buch nicht zu?

Aufgeräumt wird mit dem latenten Vorteil, Hauptschüler strebten eine Hartz IV-Karriere an. Stattdessen liefert die Studie wesentliche Erkenntnisse über die subjektiven Vorstellungen, Lern- und Lebensbedingungen einer benachteiligten Gruppe mit geringer formaler Bildung im Hinblick auf die sozial und subjektiv äußerst relevanten, aber auch emotional hoch aufgeladenen Inhaltskomplexe Arbeit und Arbeitslosigkeit.

2. Welche neuen Perspektiven eröffnet Ihr Buch?

Mit dieser fachdidaktischen Vorstellungsforschung wird die subjektiv-emotionale ›Beziehung‹ der Lernsubjekte zu sozialwissenschaftlichen Phänomenen wie Arbeit und Arbeitslosigkeit rekonstruiert, also insbesondere ihre diesbezüglichen Einstellungen und Emotionen, welche sehr stark Lernprozesse determinieren, erfasst. Eröffnet wird damit eine subjektive und sozioökonomische Perspektive in Richtung einer emotionssensiblen Sozialwissenschaftsdidaktik.

3. Welche Bedeutung kommt dem Thema in den aktuellen Forschungsdebatten zu?

Das Thema liefert wichtige Erkenntnisse für die fachdidaktische Vorstellungsforschung sowie für eine emotionssensible Sozialwissenschaftsdidaktik. Zudem bietet es Anknüpfungspunkte für eine sozialwissenschaftliche Bildung ›unter erschwerten Bedingungen‹. In diagnostischer Hinsicht werden Impulse für die Gestaltung nachhaltiger Lernprozesse gegeben, die sich an formal gering gebildete Jugendliche richten und emotional hoch aufgeladene Lerngegenstände betreffen.

4. Mit wem würden Sie Ihr Buch am liebsten diskutieren?

Ich würde das Buch am liebsten mit ehemaligen Hauptschülern, Hauptschullehrern sowie dem Soziologen Prof. Dr. Rainer Geißler, der Soziologin Prof. Dr. Heike Solga, der Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles und der Bundesbildungsministerin Johanna Wanka sowie dem Arbeitgeber-Präsident Ingo Kramer und dem Vorsitzenden des Vorstandes der Bundesagentur für Arbeit Dr. Frank-J. Weise diskutieren.

5. Ihr Buch in einem Satz:

Arbeitsweltliche Vorstellungen von Hauptschülern unter besonderer Berücksichtigung emotionaler Aspekte.
Rezension
Dass es Hauptschüler/innen auf dem Arbeitsmarkt schwer haben, - das ist hinreichend bekannt, erforscht und empirisch belegt. Wie aber erleben sie selbst ihre Situation und wie schätzen sie selbst ihre Chancen ein? Das ist wenig erforscht. Was denken Hauptschüler/innen über Arbeit und Arbeitslosigkeit – und wie versuchen sie, in die Arbeitswelt einzutreten? Das ist die Fragestellung der hier anzuzeigenden qualitativ-empirisch arbeitenden Untersuchung. Bildungsdefizite sind nicht njur individuelle als (stigmatisierende) "Bildungsferne" zu etikettieren, sondern auch als ein Ergebnis institutioneller Ausgrenzungsmechanismen. Vor diesem Hintergrund sind Bezeichnungen wie bildungs- und sozial schwache Gruppen, sozioökonomisch Benachteiligte, Unterschichtenkinder, Bildungsverlierer, Risikogruppe usw. mit Vorsicht zu betrachten bzw. zu nutzen. In kaum einem anderen Land ist der Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungschancen so eng wie in Deutschland. Vor diesem Hintergrund besteht das Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit darin, einen vertieften Einblick in die Vorstellungs- und Erfahrungswelt von Hauptschülern in Bezug auf Arbeit und Arbeitslosigkeit zu gewinnen, um für diese spezifische soziale Gruppe fachdidaktische Konsequenzen und Zugangsmöglichkeiten zum Lernfeld Arbeit und Arbeitslosigkeit aufzeigen zu können.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Hauptschüler, Arbeitslosigkeit, Arbeitseinstellung, Schülervorstellungen, Emotionale Betroffenheit, Bildung, Arbeit, Bildungssoziologie, Bildungsforschung, Arbeits- und Industriesoziologie, Jugend, Pädagogik

Adressaten:
Soziologie, Erziehungswissenschaften, Didaktik, Psychologie, Politik sowie Studierende, Lehrende und Pädagoginnen und Pädagogen
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis | 11

Tabellen- und Abbildungsverzeichnis | 13

1. Einleitung | 15

1.1 Hauptschüler und ihre Vorstellungen von Arbeit und Arbeitslosigkeit | 18
1.2 Leitende Thesen der Untersuchung und die zentrale Fragestellung | 25
1.3 Theoretischer Rahmen und Aufbau der Arbeit | 27

2. Die Hauptschule und die Bildungschancen der „Bildungsfernen“ | 35

2.1 Soziale Herkunft und Bildungschancen | 35
2.1.1 Lebensbewältigung | 36
2.1.2 Bildungsungleichheit | 38
2.2 Die Hauptschule – von der Eingangsstufe des beruflichen Bildungssystems zur Eingangsstufe in die Arbeitslosigkeit? | 43
2.2.1 Entwicklung der Hauptschule von Restschule zur Restschule? | 43
2.2.2 Die Hauptschule heute – ein „Sammelbecken“ für männliche Konsum-Materialisten mit Migrationshintergrund? | 52
2.3 Problemfall Hauptschule und Lösungsversuche | 60
2.3.1 Bildungspolitische Reaktionen und Maßnahmen | 61
2.3.2 Pädagogische und fachdidaktische Reaktionen und Maßnahmen | 64
2.4 Zusammenfassung | 70

3. Die sozialwissenschaftlichen Kategorien Arbeit und Arbeitslosigkeit | 73

3.1 Arbeit – Schlüsselfaktor sozialer Teilhabe und Schlüsselkategorie der Vergesellschaftung | 73
3.1.1 Arbeit – mehr als ein Beruf | 74
3.1.2 Einstellungen zu und Funktionen der Erwerbsarbeit | 78
3.1.3 Strukturverschiebungen und veränderte Rahmenbedingungen der Erwerbsarbeit | 87
3.2 Arbeitslosigkeit – gesellschaftliches Schlüsselproblem und kritisches Lebensereignis | 95
3.2.1 Arbeitslosigkeit – ihre Ursachen und Maßnahmen | 98
3.2.2 Geringqualifizierte als eine Problemgruppe des Arbeitsmarktes | 110
3.2.3 Arbeitslosigkeit und ihre Folgen für Gesellschaft und Individuum | 122
3.3 Arbeit und Arbeitslosigkeit als lernbedeutsame Lebenssituationen | 137
3.3.1 Arbeit und Arbeitslosigkeit auf fachdidaktischem Prüfstand | 137
3.3.2 Betroffenheit – Didaktisches Prinzip und „Emotionsgeschoss“ | 140
3.3.3 Die curriculare Verankerung von Arbeit und Arbeitslosigkeit | 143
3.4 Zusammenfassung | 147

4. Schülervorstellungen | 151

4.1 Annäherung an das Konstrukt „Schülervorstellung“ | 151
4.1.1 Begriffs- bzw. Konzepterwerb | 155
4.1.2 Von einer Erfahrung zur Vorstellung | 162
4.2 Die emotionale Grundierung der Schülervorstellungen | 171
4.2.1 Emotion – mehr als ein Gefühl | 172
4.2.2 Bewertung von Sachverhalten | 177
4.2.3 Emotionsentstehung | 180
4.3 Emotionen und ihre Bedeutung für den Conceptual Change | 182
4.3.1 Conceptual Change und seine Ansätze | 183
4.3.2 Gründe für das Ausbleiben von Konzeptwechseln | 191
4.3.3 Wenn die Lebenssituation zur Lernsituation wird ... | 192
4.4 Zusammenfassung | 196

5. Stand der Forschung zu Vorstellungen von (Haupt-)Schülern zu Arbeit und Arbeitslosigkeit | 201

5.1 Allgemeine Überlegungen und Beobachtungen zum Forschungsstand | 201
5.2 Ausgewählte Studien und ihre Ergebnisse | 202
5.2.1 Studien zum Arbeitsbegriff | 203
5.2.2 Studien zu Schülervorstellungen von Arbeit und Arbeitslosigkeit | 211
5.2.3 Studien der psychologischen Arbeitslosigkeitsforschung | 215
5.3 Konsequenzen für die eigene Studie | 221

6. Methodisches Vorgehen und Begründung des qualitativen Forschungsdesigns | 225

6.1 Erfassung von Schülervorstellungen mithilfe qualitativer Interviews | 226
6.1.1 Das Episodische Interview | 227
6.1.2 Das Problemzentrierte Interview | 228
6.1.3 Adaptiertes Erhebungsinstrument | 230
6.1.4 Konstruktion des Leitfadens zur mündlichen Befragung von Hauptschülern zu ihren Arbeitsund
Arbeitslosigkeitsvorstellungen | 231
6.2 Zeitlicher Ablauf, Durchführung und Auswahl der Untersuchungsteilnehmer | 234
6.2.1 Vorbemerkungen zum Sampling | 234
6.2.2 Ablauf des mehrstufigen Auswahlverfahrens | 235
6.3 Auswertungsverfahren, Auswertungsschritte und ihre Reflexion | 254
6.3.1 Auswertung Episodischer Interviews | 256
6.3.2 Auswertung Problemzentrierter Interviews | 258
6.3.3 Adaptierte Auswertungsmethode | 259

7. Arbeit und Arbeitslosigkeit aus der Perspektive von Hauptschülern | 265

7.1 Die Lebensentwürfe der Hauptschüler | 266
7.1.1 Hauptschüler und ihr Wunsch nach einem „geregelten“ Leben | 266
7.1.2 „In die Arbeitswelt sozusagen geworfen“ – Die Herausforderung des Übergangs in die Arbeitswelt | 270
7.2 Die Vorstellungen der Hauptschüler von Arbeit | 283
7.2.1 „Also man tut ebendhalt“ – (Erwerbs-)Arbeit aus Schülersicht | 283
7.2.2 „Arbeit ist ja für Geld verdienen sozusagen“ – Funktionen und Leistungen von Erwerbsarbeit | 283
7.2.3 „So ’ne sichere Seite im Leben“ und „ab und zu einfach nur, so gesagt, ne Belastung“
– Positive und negative Aspekte von Erwerbsarbeit | 291
7.3 Die Vorstellungen der Hauptschüler von Arbeitslosigkeit | 296
7.3.1 „Hartz IV ist, glaub ich, wenn man arbeitslos ist“ – Der synonyme Gebrauch von Arbeitslosigkeit und Hartz IV | 296
7.3.2 Antizipierte Folgen von Arbeitslosigkeit – Das sinnbildliche „auf der Straße landen“ | 296
7.3.3 Ursachenzuschreibung für Arbeitslosigkeit | 302
7.3.4 Maßnahmen zur Arbeitssicherung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit aus der Sicht von Hauptschülern | 314

8. Hauptschüler und ihr Ge- und Betroffensein von Arbeitslosigkeit | 323

8.1 Tatsachenbetroffenheit | 324
8.1.1 „Meine Mutter ist grade sozusagen arbeitslos geworden“ – „Opfer-durch-Nähe“ und ihre Bewertung und Deutung der elterlichen Arbeitslosigkeit | 324
8.1.2 „Mit Hunden spazieren, ’n bisschen Geld verdienen“ – Bewältigung der Tatsachenbetroffenheit | 327
8.2 Unsicherheitsbetroffenheit | 328
8.2.1 Rekonstruktion der Unsicherheitsbetroffenheit | 329
8.2.2 Bewältigung der Unsicherheitsbetroffenheit | 363
8.2.3 Abweichende Fälle | 376
8.3 Fazit bezogen auf das zentrale Phänomen der Untersuchung | 391

9. Die sozial und emotional geprägten arbeitsweltlichen kognitiven Konstrukte von Jugendlichen mit geringer formaler Bildung | 393

9.1 Die Arbeitswelt in der Vorstellung von Hauptschülern | 393
9.1.1 Berufsorientierte Lebensentwürfe mit normalbiographischer Ausrichtung | 394
9.1.2 Ökonomisch geprägter Arbeitsbegriff | 398
9.1.3 Arbeitslosigkeit als ein individuelles Problem | 402
9.2 Die emotionalen Aspekte in den arbeitsweltlichen Vorstellungen | 408
9.2.1 „Tatsachenbetroffenheit“ – eine emotionale Komponente in den Schülervorstellungen der „Opfer-durch-Nähe“ | 409
9.2.2 „Unsicherheitsbetroffenheit“ – die entscheidende emotionale Komponente in den Vorstellungen von Jugendlichen mit geringer formaler Bildung | 412

10. Die arbeitsweltlichen Vorstellungen Jugendlicher mit geringer formaler Bildung –
Herausforderung für eine sozialwissenschaftliche Bildung | 417
10.1 Relevanz der Ergebnisse für eine sozialwissenschaftliche Bildung | 418
10.2 Fachdidaktisch bedeutsame empirische Befunde und generierte Hypothesen | 422
10.3 Fachdidaktische Empfehlungen | 427
10.4 Forschungs- und Handlungsbedarf | 434

Literaturverzeichnis | 437
Anhang | 473
Fragebogen | 473
Interviewleitfaden | 478
Transkribiersystem | 481
Danksagung | 483