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Thema: Apokalyptik

 
Glaube und Lernen 2/2014 - Bibel und Musik

Glaube und Lernen 2/2014
Theologie interdisziplinär und praktisch

Bibel und Musik



 
Edition Ruprecht - Verlagswebsite besuchen
ISSN 0179-3551

2014
92 Seiten, paperback, 15 x 21 cm
 
20.90 Euro
 

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Zu diesem Heft

Das Thema „Bibel und Musik“ formuliert eine Problemanzeige. Es gibt ohne Zweifel einen Zusammenhang zwischen dem biblisch-christlichen Reden von Gott und dem Universum musikalischer Phänomene, das kaum überschaubar und sicherlich nicht auf einen Begriff zu bringen ist. Versucht man aber, diesen Zusammenhang präzise zu formulieren, so scheint er sich schnell zu verflüchtigen. Das liegt zunächst an der Vielfalt des Phänomens „Musik“. Wenn jedes gestaltete Geräusch bereits als Musik betrachtet werden kann (so Harald Schroeter-Wittke in diesem Heft), so wird die Theoriebildung ähnlich witzlos wie der Versuch, eine Eigenschaft zu benennen, die fur jedes Spiel gilt(1) Es dürfte daher sinnvoll sein, die Überlegung jeweils auf bestimmte Formen der Musik zu konzentrieren, denn eine allgemeingültige „Theorie der Musik“ entlarvt sich sogleich als dilettantisch und oberflächlich. Auf der anderen Seite ist die Betrachtung biblischer Texte als Kunstwerke stets belastet mit dem Verdacht einer „Ästhetisierung“ - womit in der Regel auch eine gewisse spielerische „Unverbindlichkeit“ gemeint ist. Wenn es um Gott geht, dann geht es doch um Leben und Tod und jedenfalls um letzte Fragen! Ein Spiel mit Tönen hat hier auf den ersten Blick keinen Ort. Es könnte sogar zum Konflikt kommen: Wenn das Spiel mit Tönen zum menschlichen Wesen gehört, verfällt es der Kritik durch das Wort Gottes, die das sündige menschliche Geschöpf in seiner Verkehrtheit bloßstellt.
Dieser Kontrast erweist sich als unangemessen, sofern gerade die biblische Sprache künstlerisch auf hohem Niveau gestaltet ist, in poetischen Formen und in narrativ-dramatischen Spannungsbögen. Wenn die geistliche Dimension des göttlichen Wortes hervortreten soll, kann die musikalische Gestaltung nicht einfach abgeblendet werden. Es kann sogar umgekehrt gefragt werden, ob die musikalischen Gestalten nicht auch zur tieferen Interpretation der biblischen Sprache beitragen. Das wird besonders deutlich bei der musikalischen Gestaltung der Zeit, die eben nicht nur als chronologisches Nacheinander erfahren wird - was für die biblische Geschichte ebenfalls gilt.
Welche Vielfalt musikalischer Gestalten gerade poetische Gebilde wie die Psalmen inspirieren können, zeigt auf differenzierte Weise Rüdiger Bartelmus. Die Vertonung der „Buß-Psalmen“ führt seit der Renaissance zu einer Fülle von kompositorischen „Strategien". in denen sich die Emanzipation der Musik von liturgischen Restriktionen vollzieht, in denen sich auch die Musik als „Ausdruck“ von Affekten ausbildet. Dabei werden Grenzen zwischen „geistlicher“ und „Weltlicher“ Musik überschritten, die sich auch später als eher künstlich erweisen werden. - Andreas Pangrítz verfolgt die unübersichtliche und doch signifikante Wechselbeziehung am Beispiel des musikalisch hochsensiblen und -gebildeten Dietrich Bonhoeffer. Die Ambivalenz der durch Musik erregten „religiösen Gefühle“ hat Bonhoeffer sehr deutlich bezeichnet und sogar gegen Johann Sebastian Bachs Matthäus-Passion, mehr noch gegen Beethoven zur Geltung gebracht. Wegweisend sind andererseits die Rede von einer „ästhetischen Existenz“ im „Spielraum der Freiheit“ - hier wird die eingangs angesprochene theologische „Ernsthaftigkeit“ zumindest relativiert - und die Sympathie für das Fragmentarische (vor allem in Bachs „Kunst der Fuge“). Besonders fruchtbar dürften Bonhoeffers Bemerkungen zur „Polyphonie des Lebens“ sein. Reden von Gott wird im biblisch-christlichen Kontext niemals eindimensional oder gar „eindeutig“ sein, aber das ist gerade ein unendlicher Vorzug gegenüber allen fundamentalistischen Tendenzen in der Gottesrede.
Harald Schroeter-Wittke lotet die Möglichkeiten „Neuer Geistlicher Musik“ aus und zeigt die enorme Weite des Horizonts auf, der sich hier erschließt. Dabei treten auch die vielschichtigen musiksoziologischen und rezeptionsästhetischen Verwicklungen hervor, die letztlich den (angemessenen) Gebrauch von Musik theologisch signifikant werden lassen. Gerade die Popmusik weist religiöse Hintergründe auf, die sich im neuen geistlichen Lied bemerkbar machen (jedenfalls stellenweise). Besonders wichtig und dringlich ist angesichts der Allgegenwart von Musik die Aufgabe, für eine neue „Offenohrigkeit“ zu sorgen, für eine neue Sensibilität gegenüber den originellen Klangräumen, wie sie in der zeitgenössischen Musik geschaflen werden. Der Reichtum solcher Klangräume könnte für das ausgehende 20. und das beginnende 21. Jahrhundert eine einzigartige Chance darstellen. - Heike Lindner skizziert eine Fülle von Möglichkeiten, solche „Offenohrigkeit“ im Religionsunterricht zu fördern. Es gibt elementare Zugänge zur aktiven Ausübung von Musik, die vor allem deshalb zu intensivieren sind, Weil das bewußte Zu-Hören wegen der Allgegenwart musikalischer Berieselung immer mehr verkümmert. Hier treten der Rhythmus der Sprache und die „bodypercussion“ in den Vordergrund. Auf einer höheren Ebene eröffnet die Gestaltung von Geschichten durch bzw. mit Musik eine prduktive Auseinandersetzung sowohl mit theologischen Gedankengängen als auch mit musikalischen Figuren. Das kann vertieft werden zu einem Verständnis der musikalischen Symbole - am Beispiel der amerikanischen Spirituals gezeigt - und perspektivisch zum Nachvollzug svnästhetischer Bezüge zwischen Klang, Wort und Sprache. - Heike Lindner hat in ihrem Beitrag eine knappe Zusammenfassung ihres Buches „Musik für den Religionsun- terricht“ gegeben. Dieses Buch wird von Friederike Ullmann am Ende des Heftes rezensiert und durchaus empfohlen. Es ist interessant, daß sich dabei ein leichter Dissens bezüglich des „Neuen geistlichen Liedes“ abzeichnet. Der aufmerksamen Lektüre wird nicht entgehen, daß ich die positive Einschätzung durch Harald Schroeter-Wittke nicht teilen mag. Vielleicht liegen hier die Aufgaben für eine zukünftige „Theologie der Musik“, in der die Grenzen des Milieus überschritten werden, wie es sich für eine vom Geist begabte Gemeinde gehört.

Ernstpeter Maurer


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1 Das hat Ludwig Wittgenstein in klassischer Weise ad absurdum geführt, Vgl. Philosophi- sche Untersuchungen, Werkausgabe Bd. 1, Frankfurt 1984, 225-580, § 69f.

Inhaltsverzeichnis

Ernstpeter Maurer, Zu diesem Heft 97


KENNWORT

Ernstpeter Maurer, Bibel und Musik 100


THEOLOGISCHE KLÄRUNG
Ernstpeter Maurer, Bibel und Musik – Zum Gedenken an
Siegfied Fiedler (1926–2011) 110
Rüdiger Bartelmus, Die sieben Bußpsalmen: Davids Threnodiae Davidicae 129


GESPRÄCH ZWISCHEN DISZIPLINEN
Andreas Pangritz, Musik und Theologie bei Dietrich Bonhoeffer 158
Harald Schroeter-Wittke, Neue Geistliche Musik 173


IMPULSE FÜR DIE PRAXIS
Heike Lindner, Musik und Bibel in religionspädagogischen 186


REZENSION
Heike Lindner, Musik für den Religionsunterricht, Praxis und kompetenzorientierte Entfaltung 206