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Umschlagtext
In Lateinamerika stellte der Protestantismus ein eher marginales reliogiöses Problem dar. So war er während der Kolonialzeit verboten, und seine Anhänger wurden verfolgt. Als in Lateinamerika Staaten entstanden, die politisch von Spanien und Portugal unabhängig waren, gewann auch die Religionsfreiheit Raum. Gleichzeitig mit diesem Triumph des Liberalismus fanden englische und nordamerikanische Missionsgesellschaften in Lateinamerika Eingang. Sie waren vor allem bei jenen gesellschaftlichen Gruppen erfolgreich, welche die Macht der katholischen Kirche und deren Verbindung zur traditionellen Oligarchie zurückgewiesen. Als Ideologie und Praxis der Modernisierung wurde der Protestantismus seit dem 19. Jahrhundert jedoch auch zum Interessenvertreter der nordamerikanischen Vorherrschaft. - Der "Panamerikanismus", der den "Panhispanismus" ablöste, verfocht über den Protestantismus das Projekt einer notwendigen reliogiösen Reform des Kontinents. Das Projekt erlitt Schiffbruch, als in Lateinamerika unabhängige, nationale und soziale Probleme demokratisch-liberale Regierungen unterstützen. Dieser "historische" Protestantismus wiederum geriet gegenüber dem beispiellosen Vormarsch von millenaristischen, chiliastischen und pfingstlerischen Gruppen ins Hintertreffen. Der "neue" Protestantismus stößt sowohl bei städtischen als auch bei ländlichen Schichten der Unterpriviligierten auf großes Echo und gerät deshalb immer stärker in den Brennpunkt des öffentlichen Interesses.
Der Autor untersuch die Entwicklung einer dissidenten, wenig analysierten Religion im jeweiligen politischen und ökonomischen Kontext. Dabei formuliert er in heuristischer Absicht Hypothesen und diskutiert grundlegende Probleme. Er bietet jedoch auch eine Synthese, die es erlaubt, das komplexe Phänomen einer Minderheitsreligion verstehbar zu machen. Wenn der Protestantismus in Lateinamerika auch oft zur ideologischen Kontrolle der nationalen Bourgeoisien von außen mißbraucht wurde, so war und ist er doch auch immer eine Bewegung gewesen, die auf die Herausforderungen von Elend und Unterdrückung eine engagierte Antwort suchte. Inhaltsverzeichnis
Vorwort zur zweiten Auflage
Einführung 1. Historiographie des Protestantismus in Lateinamerika 11. Theoretische Elemente zur Definition unseres Untersuchungsgegenstandes 111. Periodisierung Erstes Kapitel: Genese der lateinamerikanischen Protestantismen - die Ursprungsprotestantismen 1. Die Zeit der Reformen 1. Der erste Schritt 2. Die protestantische Reformation 3. Die modernen Sekten oder der asketische Protestantismus 4. Die Reformation in Spanien 11. Die nordamerikanischen Protestantismen 1. Die große Erweckung des Pietismus 2. Die zweite große Erweckung des 19. Jahrhunderts 3. Der Protestantismus nach dem Bürgerkrieg 4. Der Kreuzzugsprotestantismus 5. Die gegenwärtigen Erscheinungsformen des nordamerikanischen Protestantismus Zweites Kapitel: Erste Epoche - Kolonialprotestantismen 1. Die Protestantismen in den Kolonien (1492-1808) 1. Gescheiterte Siedlungsversuche (1492-1655) 2. Die Verwurzelung des Protestantismus in den Antillen (1655-1838) 11. Die lutherische Häresie in Neuspanien 1. Der Kampf gegen den erasmianischen Klerus 2. Das Tribunal des Heiligen Offiziums 3. Der Kampf gegen Bücher und Ausländer: Höhepunkt der Gegenreformation in Neuspanien 4. Die lutherische Häresie in Neuspanien während des 17. Jahrhunderts 5. Protestantismus und Aufklärung 6. Zusammenfassung Drittes Kapitel: Zweite Epoche - protestantische Gemeinschaften und liberale Modernität (1808-1959) 1. Einwanderung und religiöse Toleranz 1. Die Bibeln und die Reform des römischen Katholizismus 2. Handelsverträge und Auslandskirchen 3. Einwanderung und religiöse Toleranz 11. Ideengesellschaften, Antikatholizismus und Radikal-Liberalismus 1. Der Konflikt um die Modernität Lateinamerikas 2. Ein leidenschaftlicher Liberalismus III. Die Ausbreitung der protestantischen Gesellschaften 1. Die Missionsgesellschaften 2. Der Missionar 3. Geographischer Überblick zur Ausbreitung der protestantischen Gesellschaften 4. Ein Katholizismus der Bewegungen 5. Eine liberale protestantische Pädagogik IV. Die Institutionalisierung des Protestantismus V. Bürgerliche Demokratie und protestantischer Panamerikanismus (1916-1959) 1. Die Entstehung eines lateinamerikanischen protestantische Bewußtseins (1916-1929) 2. Protestantismus und Populismus (1929-1949) 3. Kalter Krieg, Krise des liberalen Projekts und Atomisierung der Protestantismen (1949-1959) Viertes Kapitel: Dritte Epoche - die Protestantismen in der Krise des abhängigen Kapitalismus zwischen Widerstand und Anpassung (1919-1983) 1. Vorbernerkungen 11. Vom Liberalismus zur Solidarität mit den sich befreienden Völkern 111. Die konservative evangelische Bewegung IV. Die im revolutionären Prozeß engagierte ideologische Avantgarde V. Die ideologische Avantgarde, welche die herrschende Ordnung legitimiert Vl. Ein sich ausbreitender Volksprotestantismus 1. Eine synkretistische religiöse Praxis 2. Eine politische Schutz- und Gegenmacht VII. Protestantische Volksreligion und politisches Verhalten in Mittelamerika: religiöse Klientel und der Staat als Patron in Guatemala und Nicaragua 1 . Der gemeinsame Bezugspunkt 2. Der Fall Nicaragua 3. Der Fall Guatemala 4 . Einige Schlußfolgerungen Ausblick Chronologie zur Geschichte des Protestantismus in Lateinamerika |