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George Grosz und Frankreich
George Grosz und Frankreich




Gitta Ho

Reimer Verlag
EAN: 9783496015529 (ISBN: 3-496-01552-7)
280 Seiten, paperback, 17 x 24cm, Mai, 2016, 10 Farb- u. 65 sw-Abb

EUR 49,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Es ist kaum bekannt, dass George Grosz in seiner bedeutendsten Schaffensphase zwischen 1910 und 1930 immer wieder längere Zeit in Frankreich verbrachte. Das Buch widmet sich den Aufenthalten des Künstlers u. a. in Paris, der Provence und der Bretagne und stellt seine wichtigsten Werke vor.

George Grosz‘ Frankreichaufenthalte wurden bisher wenig erforscht. Gitta Ho stellt in ihrem Buch die dort entstandenen Gemälde, Zeichnungen und Aquarelle sowie die Ausstellungen vor, die ihm in Paris gewidmet wurden. Grosz galt in Frankreich ab Mitte der 20er Jahre als der berühmteste deutsche Künstler überhaupt und verfügte über zahlreiche Kontakte zu namhaften Malern und Literaten wie Jules Pascin oder Yvan Goll. So zeichnet die Autorin anhand von Grosz’ Beziehungen zur Kunst und Kultur des Nachbarlandes auch ein Bild der deutsch-französischen Kunstbeziehungen in den 1910er und 20er Jahren.

Gitta Ho wurde an der Universität Hamburg promoviert. Sie war Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Berlin und der Université François-Rabelais, Tours, sowie Stipendiatin am Deutschen Forum für Kunstgeschichte, Paris. Sie arbeitet zu deutsch-französischen Kunstbeziehungen von 1800 bis heute.
Rezension
Der 1893 in Berlin als Georg Ehrenfried Groß geborene (gest. 1959) deutsch-amerikanischer Maler, Grafiker und Karikaturist George Grosz gehörte nach dem Ende des Ersten Weltkriegs zu den führenden Vertretern der Berliner Dada-Bewegung und prägte mit seinen beißenden Satiren die visuelle Kultur der Weimarer Republik. Dieser Band auf Grundlage einer 2011 an der Universität Hamburg eingereichten Dissertation thematisert die insgesamt fünf z.T. mehr-monatigen Frankreichaufenthalte vor dem Zweiten Weltkrieg. Zum einen sind es die während der Zeit in Frankreich entstandenen Werke, die Kontakte des Künstlers vor Ort, die ihm im Nachbarland gewidmeten Ausstellungen und deren Echo in der Presse, die untersucht werden. Zum anderen dienen die Aufenthalte, die in einer Schaffensperiode Grosz’ stattfanden, die als seine fruchtbarste gilt, als Ausgangspunkt für eine kritische Infragestellung der generellen Haltung des Künstlers zu Frankreich. Denn Grosz selbst war es, der in seinen oft zitierten polemischen Schriften betonte, wie wenig er eigentlich von der französischen Kunst hielt und der somit an der Verbreitung des Vorurteils, er lehne Frankreich rundweg ab, aktiv mitwirkte. - George Groszs sozial- und gesellschaftskritischen Gemälde und Zeichnungen, z.T. drastische und provokative Darstellungen mit politischen Aussagen, entstanden überwiegend in den 1920er Jahren. Typische Themen sind die Großstadt, ihre Perversionen (Mord, Gewalt, Exzesse) sowie die Klassengegensätze, die sich in ihr zeigen. In seinen Werken, oft Karikaturen, verspottet er die herrschenden Kreise der Weimarer Republik, greift soziale Gegensätze auf und kritisiert insbesondere Wirtschaft, Politik, Militär und Klerus. Durch den 1. Weltkrieg wird Grosz polititsiert: Krieg war für ihn Grauen, Verstümmelung und Vernichtung, als strikter Kriegsgegner wie sein Freund John Heartfield, vormals Helmuth Herzfeld, wollte Grosz keinen deutschen Namen mehr tragen. Daher nannte er sich seit 1916 George Grosz. Er zeichnete viele Kriegsszenen, z.B. Soldaten ohne Nase. Seine Arbeiten haben bis heute großen Einfluss auf die politische Karikatur.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und Dank 9

Einleitung 11
Zum Forschungsstand 12

Kapitel I
Flüchtige Blicke auf die Hauptstadt der Kunst:
In Paris von ca. August bis Oktober 1913 17

Von Berlin-Mitte nach Montparnasse 17
Kreise der Bekanntschaft: ein selektiver Blick zurück 21
Jules Pascin, ein ‚König ohne Krone‘ 23
Akte, Akte, Akte 25
Vereinfachung und Übersteigerung 27
Im Blick des angehenden Illustrators 31

Kapitel II
„Eine recht ‚interessante‘ Zeit“: Die Avantgarde im Blick,
von Deutschland aus (1913–1923) 37

Grosz und der Erste Deutsche Herbstsalon 37
Wankende Städte 41
Grosz, Chagall und die kopflosen Frauen 46
Gegen die Moral, mit aller Kraft: die Illustrationen zu Rachildes „Tour d’Amour“ 49
Dadaco und dadaglobe 53
Auf der Ersten Internationalen Dada-Messe 55
„Gott mit uns“ und die Folgen 61
Der Blick ins 19. Jahrhundert: Daumier und Grandville 65
Überall ist Tarascon 74

Kapitel III
Die frühe Grosz-Rezeption in Frankreich und der Parisaufenthalt von März bis Juni 1924 79

Frühes Lob: Marcel Ray 79
Deutsch-französische Netzwerke: Yvan Goll 80
Ein Panorama der Kritik bis 1924: von Pierre Mac Orlan bis Paul Westheim 85
Die erste Monografie in französischer Sprache: Italo Tavolato 91
Paris im Frühjahr: Grosz’ Aufenthalt 1924 95
Gemeinsam verschieden: Frans Masereel 100
Ein Deutscher in Paris: Kurt Tucholsky 103
„es ist alles liebenswürdiger, oder sind’s nur die Menschen zu uns“ 108
Die erste Einzelausstellung im Oktober 1924: die Galerie Joseph Billiet 110
Ein reges Presseecho 112

Kapitel IV
„Ja reisen macht Spass“: Touristische Erkundungen von Juni bis Oktober 1925 117

Vor der Abreise: Grosz, Tucholsky und der Europa-Almanach 117
„Warte nur noch auf Kies, dann ab nach Paris“ 122
„Wir baden hier & schwimmen, is eine Lust“: gen Norden und wieder zurück 125
Von Regen, Kühen und Steinen: August in der Bretagne 129
Mit dem Autocar über Land 132
In den Midi und weiter: „Einmal und nicht mehr wieder diese Südensehnsucht“ 133
Häfen, Mörder und die Suche nach dem Glück: Grosz illustriert Mac Orlans „Port d’eaux-mortes“ 137
Französische Stimmen zu Grosz, „le peintre des Allemands“ 142
Billiet, Grosz und die „Expressionnistes“-Ausstellung 144

Kapitel V
„Was für friedliche Malerzeiten“: Fern der Heimat in Marseille und Cassis von April bis Oktober 1927 149

„Hergott war das ne Hetzerei“ 149
In Pointe Rouge bei Marseille, der Landschaft wegen 154
Bars, Cafés und kleine Geschäfte 159
Marcel Ray schreibt doch noch ein Buch 164
Dissonanz mit alten Freunden 167
Landleben in Cassis 171
Von einfachen Dingen: Stillleben und Porträts 175
„Menschen, Menschen – hunderte habe ich schon hier gezeichnet“ 181
Provenzalische Stierspiele 184
Zurück nach Berlin und der Kurzaufenthalt 1928 189

Kapitel VI
Im Spiegel der Presse: Pariser Ausstellungen und französische Bilder (1927–1934) 193

Werke Grosz’ auf den Salons des Tuileries und de l’Araignée: „trop poli, Monsieur l’Allemand!“ 193
Auf der Exposition Multinationale und dem Salon d’Automne 197
Französische Motive, deutsche Ausstellungen und ein Porträt 200
Gruppenausstellungen in Paris: Grosz’ Werke in der Bibliothèque nationale und der Galerie Bonjean 204
Grosz in der Galerie de la Nouvelle Revue Française 1931: „un véritable plaisir pour tous ses amis“ 210
Dekadenz und Gesinnung: Grosz’ Illustrationen zu Pierre Drieu la Rochelles „Music-hall“ 217
Eine Ausstellung von Grosz’ Gemälden 1934 in der Galerie Billiet: „difficile d’être équitable“ 222
„George Grosz und Frankreich“ – Hauptgedanken und ihr Kontext 229
Der Enthusiasmus der Anderen 229
Text versus Werk 230
Auf der Suche nach neuen Motiven – und nach Ruhe 233
Französische Stimmen zu Grosz, von ‚typisch deutsch‘ bis international 235
Das Dilemma der modernen Kunst: ein kurzer Ausblick auf die Zeit in Amerika 237

Farbtafeln 239
Literaturverzeichnis 249
Abbildungsverzeichnis 267
Personenregister 273