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Einführung in die Schöpfungstheologie
Einführung in die Schöpfungstheologie




Hermann Stinglhammer

Wissenschaftliche Buchgesellschaft
EAN: 9783534228386 (ISBN: 3-534-22838-3)
134 Seiten, paperback, 17 x 24cm, 2011, mit Bibliogr. und Reg.

EUR 14,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Die Schöpfungstheologie gehört zu den zentralen Inhalten des theologischen Studiums. Sie behandelt die Entstehung der Welt und des Menschen; sie verbindet die Probleme der systematischen Theologie mit exegetischen Fragen. Jeder, der sich mit Religion beschäftigt, wird früher oder später mit dem Problem der Ursache und Erzeugung des Bestehenden konfrontiert – das gilt für alle Religionen und Konfessionen. Die Einführung geht die Fragen in interdisziplinärer und dialogischer Weise an. Besondere Brisanz erhält diese schöpfungstheologische Übersicht durch Einbeziehung der aktuellen Debatten um Kreationismus, Evolutionstheorie und ›intelligent design‹.



Prof. Dr. Hermann Stinglhammer ist Professor für Dogmatik und Dogmengeschichte an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Passau.
Rezension
Man kann die Schöpfungstheologie bibeltheologisch oder systematisch-theologisch behandeln; dieses Buch aus der Reihe "Einführung Theologie" wählt den systematisch-theologischen, also dogmatischen Zugang. Neben den grundlegenden Fragen, die mit einer Schöpfungstheologie (in allen Religionen) verbunden sind wie die Anthropologie oder die Theodizee, erhält diese schöpfungstheologische Übersicht besondere Brisanz durch Einbeziehung der aktuellen Debatten um Kreationismus, Evolutionstheorie und ›intelligent design‹, wie sie z.Zt. vor allem von fundamentalistisch-evangelikal-protestantischer Seite aus den USA eingebracht werden. Dafür wurden allzu abstrakte spekulative Fragestellungen zugunsten der Übersichtlichkeit einer "Einführung" eher beiseite gelassen. Beide Entscheidungen tun der Darstellung gut, die erfrischend aktuell daherkommt.

Thomas Bernhard, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
WBG-Preis EUR 9,90
Buchhandelspreis EUR 14,90

Nicht erst seit der Diskussion über Kreationismus und ›intelligent design‹ spielt die Schöpfungstheologie im Theologiestudium eine große Rolle. Die Frage, woher die Welt und alles Leben kommen, wird in dieser Einführung nicht nur in Hinblick auf das Christentum, sondern auch durch die Einbeziehung philosophischer Fragestellungen erörtert.
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 7

I. Schöpfung als theologischer Begriff 9

1. Problemhorizonte schöpfungstheologischen Sprechens 9
1.1. Die theologische Rede von Schöpfung in Abgrenzung zum philosophischen Naturbegriff 12
1.2. Die Schöpfungslehre im Zusammenhang der Dogmatik - aufgezeigt an Thomas von Aquin 19

2. Die Wirklichkeit der Schöpfung im Zeugnis der Schrift 21
2.1 .Zur Funktion des Schöpfungsglaubens im Alten Testament 21
2.2. Schöpfungstheologische Aussagen in der Geschichte Israels 22

3. Der theologische Gehalt des alttestamentlichen Schöpfungszeugnisses 42
3.1. Die Funktion der Schöpfungsaussagen im AT 42
3.2. Die Aussagen über Gott den Schöpfer 43
3.3. Die Aussage über den Menschen 44
3.4. Die Aussage über die Welt 45
3.5. Der eschatologische Charakter der Schöpfung 46

4. Exkurs: Schöpfung im Verständnis des Koran 47
4.1. Grundlegendes zu Islam und Koran 47
4.2. Allah, der allmächtige Schöpfer der Welt 48
4.3. Die Stellung des Menschen vor Gott 50
4.4. Unterschiedliche Profilbildungen im biblischen und koranischen Schöpfungsglauben 51

5. Schöpfung in den Schriften des Neuen Testamentes 53
5.1. Schöpfung in der Verkündigung des synoptischen Jesus 54
5.2. Johannesevangelium und johanneisches Schrifttum 56
5.3. Schöpfungstheologie bei Paulus 59
5.4. Schöpfungstheologische Aussagen im Kolosser-, Epheser- und Hebräerbrief (Deuteropaulinen) 62
5.5.Zusammenfassung 64

II. Schöpfungstheologische Profilierungen in der Theologiegeschichte 66

6. Grundlegende Perspektiven der Patristik 66
6.1.Einheit von Schöpfung und Erlösung in Gott 66
6.2. Creatio ex nihilo als creatio ex amore 68
6.3. Die schöpfungstheologische Interpretation des platonisch-stoischen Pronoia-Gedankens 70
6.4. Die Erbsündenlehre Augustins 71
6.5. Exkurs: Die Neufassung der Erbsündentheologie in Trient und in der gegenwärtigen katholischen Theologie 75

7. Metaphysische Schöpfungstheologie in der Scholastik bis zur frühen Neuzeit 78
7.1. Schöpfungstheologischer Platonismus und Augustinismus 78
7.2.Schöpfungstheologischer Aristotelismus 80
7.3. Das Auseinanderdriften von Glaube und Vernunft, von Gott und Schöpfung in der spätscholastischen Theologie 82
7.4. Mystische Ansätze innerhalb der spätmittelalterlichen Schöpfungstheologie 83

8. Der Weg der Schöpfungstheologie von der frühen Neuzeit bis zum II. Vatikanischen Konzil 85
8.1. Zunehmende Naturalisierung der Schöpfung und die Antwort es Vatikanums l 85
8.2. Zwischen Vatikanum l und II: Zeit eines neuen Schöpfungsdenkens 89
8.3. Die Sicht von Welt und Schöpfung auf dem II. Vatikanischen Konzil 91

9. Zusammenfassung und Ausblick 94

III. Systematische Reflexionen zu einer christlichen Schöpfungslehre im Kontext gegenwärtigen naturwissenschaftlichen Denkens 97

10. Schöpfung und Evolution 97
10.1. Die Auseinandersetzung um ,Intelligent Design' und ,Kreationismus': Zum Verhältnis von Schöpfungstheologie und Evolutionstheorie 97
10.2. Dimensionen einer evoiutiven Schöpfungstheologie 100
10.3. Trinität als das göttliche Biotop der geschöpfliehen Werdewelt 103

11. Die Theodizeefrage: Das Leiden als Fundamentalproblem der Schöpfungstheologie im Horizont einer werdenden Welt 105

12. Schöpfungstheologische Perspektiven auf das Menschsein 110
12.1. Hominisation als evolutiver Weg zum Menschen als dem Wesen der Transzendenz 110
12.2. Der Mensch - nichts als Natur? - Schöpfungstheologische Anfragen an gegenwärtige Naturalisierungstendenzen 114

13. Der Sabbat Gottes als das vollendende Ziel der Schöpfung: Stichworte zur eschatologischen Vollendungsgestalt der Werdewelt 116

14. Epilog-Schöpfungstheologie als weisheitliche Praxis aus dem Glauben 121

Abkürzungen 124
Literaturempfehlungen 125
Verwendete Literatur 126
Namenregister 130
Sachregister 133



Leseprobe
1. Schöpfung als theologischer Begriff
1.1. Problemhorizonte schöpfungstheologischen Sprechens

»Die sich immer deutlicher abzeichnenden ökologischen Krisen und Probleme haben bereits vor einigen Jahrzehnten die Notwendigkeit der Bewahrung der Schöpfung verschärft in das öffentliche Bewusstseins treten lassen (vgl. dazu: Club of Rome: Die Grenzen des Wachstums, Stuttgart 1972). Mit der Rede von der Schöpfung wurde ein ursprünglich theologischer Begriff zum gesellschaftlichen Gemeingut. Damit sollte das eigenständige Recht der Natur gegenüber dem ausbeuterischen Zugriff des modernen Menschen betont werden.
Auch wenn der theologische Begriff der Schöpfung tiefer greift, sofern er die Herkunft der Welt von Gott in den Blick nimmt, kommt er in seiner Option für den Mehrwert aller Wirklichkeit gegenüber einem reinen Nützlichkeitsdenken mit dieser Haltung überein.
In dieser Hinsicht sieht sich die schöpfungstheologische Rede heute –dies macht ihre Aktualität aus! – durch unterschiedliche Problemhorizonte (verschiedene Problemhorizonte) herausgefordert.
So zeigt sich gerade in Zeiten schwachen Wirtschaftswachstums, dass Ökonomie vor Ökologie rangiert.
Die technische Kultur der westlichen Welt findet ihren bewusstseinsmäßigen Reflex in einem entsprechend eindimensionalen Naturverhalten des Menschen.
Er sucht zwar einerseits aus den Zwängen seiner durchrationalisierten Welt in die Natur hinein zu fliehen. Andererseits ist auch diese Naturbegegnung weithin technisch vermittelt. Ein unmittelbares Erleben der Natur ist vielen nicht mehr möglich. Sie wird vielmehr zur Bühne für immer mehr technisierte Sportarten, in denen sich der moderne Mensch selbst inszeniert. Der moderne Mensch scheint trotz seiner romantisierenden Sehnsucht nach Natur eigentümlich blind für sie zu sein. Dies wohl deshalb, weil nunmehr die Technik selbst zur ›ersten‹ Natur des Menschen geworden ist. Zu erinnern wäre hier an die Computertiere japanischer Provenienz. Zwar hat sich dieser Modetrend gottlob als sehr kurzlebig erwiesen. Dennoch zeigt sich darin die moderne Tendenz, Technik an die Stelle einer Natur zu setzen, sie als die besser funktionierende Natur zu begreifen.
Mit seinem technischen Zugriff zielt der Mensch auf ein optimiertes Design, das die konkreten Bedingungen des natürlichen Seins hinter sich lässt. Die technische Vernunft will die Grenzen der Natur hinter sich lassen. So erscheint die (Un-)Kultur eines gegenwärtigen Körperdesigns als der Versuch im beliebigen Modellieren des eigenen Leibes die konkrete Befindlichkeit auf das Je-Mögliche hin zu transformieren. Technik erscheint so als die moderne Variante der klassischen Kosmo- und Theodizee. Mit seinem naturwissenschaftlichen Können zielt der Mensch auf die ›beste aller Welten‹(G.W. Leibniz), ja er schickt sich an, in computerisierten Parallelwelten eine virtuelle Form von Unendlichkeit zu erreichen. Der Mensch des computertechnischen Zeitalters beginnt darin seine Welt nicht einfach nur zu punktuell zu verändern. Er ist dabei, sie in einer virtuellen Weise neu zu erschaffen.
Diese Tendenz prägt auch die gegenwärtige Wissenschaftskultur. Dementsprechend verstehen sich die Biowissenschaften (›life sciences‹) gegenwärtig als die Leitwissenschaften unserer Gesellschaft. In ihrer Perspektive wird nun auch der Mensch naturalisiert, d.h. alle weiteren – metaphysischen oder religiösen – Horizonte werden verabschiedet. Im gentechnischen Zusammenhang begreift sich der Mensch als ›sein eigenes Experiment‹ (Die Zeit, 33, 2001). Eine unantastbare Personwürde des Einzelnen degeneriert angesichts der Optimierbarkeit des Genoms der menschlichen Gattung zur ›semantischen Altlast‹(Zitat a.a.O.). Verstehen sich die sog. Life-sciences als passgenaue Rationalität des Posthumanismus (vgl. Peter Sloterdijk: Regeln für den Menschenpark, Die Zeit, 38, 1999) so dokumentieren sie einen Mentalitätswandel von epochalem Ausmaß. Der Begriff eines Schöpfergottes und einer schöpfungstheologisch begründeten Ethik wird darin weithin obsolet. Schöpfung ereignet sich nicht mehr aus Gott, sondern in den modernen Laboratorien. Mit anderen Worten: Die naturalistischen Biowissenschaften sind angetreten, die klassische Rolle von Theologie und Philosophie bzw. Metaphysik als den ehemaligen Leitwissenschaften des abendländischen Humanums abzulösen. Welcher Bedeutungsumschwung sich dabei ereignet, ermisst man daran, wenn man bedenkt, dass ›Biologie‹ in der griechischen Philosophie die Lehre vom Leben – und zwar die Lehre vom guten Leben des Menschen – gemeint war. (Behauptung kontrollieren) Damit war der antike Biologiebegriff zugleich höchst ethisch konnotiert. Dieser Horizont ist einem pragmatischen Wissenschaftsbegriff weitgehend fremd.
Diese Reduktion auf das Rein-Biologische artikuliert sich gegenwärtig in den radikalen Ansätzen der Neurophysiologie. Diese zielen darauf ab, den Menschen vollkommen zu naturalisieren und ihn als freie, verantwortliche Subjektivität zu verabschieden. Der Mensch wird lediglich als Reiz-Reaktionsmechanismus, als kausal bedingte Natur zur Geltung bebracht. Denn alle mentalen Prozesse beruhen in dieser Sicht vollständig auf materiellen Vorgängen. Sie sind letztlich determiniert. Dieses Verständnis nivelliert auch das Transzendenzbewusstsein des Menschen. Demnach ist die religiöse Erfahrung nichts weiter als eine ›Kopfgeburt‹ und als Moment der evolutiven Ausstattung des Menschen zu dechiffrieren. Der Mensch ist zwar ein betendes Tier. Aber es gibt keine Transzendenz nach oben, sondern nur eine Transzendenz nach vorne, sofern die Gattung Mensch sich in der Zukunft immer weiter entwickelt.«