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Diskurse – Körper – Artefakte - Historische Praxeologie in der Frühneuzeitforschung
Diskurse – Körper – Artefakte - Historische Praxeologie in der Frühneuzeitforschung



Transcript
EAN: 9783837625523 (ISBN: 3-8376-2552-4)
407 Seiten, kartoniert, 15 x 23cm, März, 2015, 2. ISBN betrifft PDF-Datei

EUR 39,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Ausgehend von der These, dass die gesellschaftliche Dynamik der frühen Moderne weder strukturalistisch noch handlungstheoretisch ausreichend erklärbar ist, beschäftigen sich die Beiträge in diesem Band mit Praktiken der Selbstbildung – etwa als jüdischer Offizier, als Jungunternehmer, als Arzt, als kinderlose Frau, als Weltreisende oder als Konvertit. Sie fragen danach, wie sich Menschen im praktischen Zusammenspiel von Diskursen, Körpern und Artefakten entwarfen, sozial/räumlich verorteten und anerkannt wurden, und zeigen auf, wie kulturelle Deutungsschemata im Vollzug sozialer Praktiken aktualisiert wurden. Die so entstehenden Spannungen, die praxistheoretisch unzureichend als Nichtpassungen beschrieben worden sind, werden als fruchtbare Reibungen analysiert, die Reflexivität und Kritik ermöglichen und gesellschaftlichen Wandel hervorbringen.
Rezension
Diese Rezension, des absolut lesenswerten Buches, möchte ich im Wissen schreiben, dass es hier in der Lehrerbibliothek vorgestellt werden soll.
Es ist ein Buch für die Hand eines Lehrers, Studenten oder sehr wissbegierigen Gymnasiasten der oberen Klassen. In den Bereichen Geschichte, Soziologie, Ethik und Philosophie ist diese Arbeit eine sehr gute Plattform für Hintergrundwissen.
Wie in einer Ringvorlesung nähern sich die einzelnen Beiträge dem zentralen Thema der Praktiken der Selbstbildung in der Neuzeit. Die einzelnen Artikel haben alle ein hohes und doch unterschiedliches sprachliches Niveau. So ist der Beitrag "Umkämpfte Erzählungen" sehr plastisch und gut nachvollziehbar geschrieben. Hingegen ist die Einführung, in der die Zielvorstellung dargestellt wird, gespickt mit Fachbegriffen und nicht leicht zu verstehen. Für Leser vom Fach ist diese wissenschaftliche Gemeinschaftsarbeit mit Sicherheit ein Zugewinn an Wissen und ein Hochgenuss sie zu lesen. Für Schüler in einer Reihe von Artikeln trocken und eine Überforderung.
Von der Sache her wird deutlich, auf welch unterschiedliche Art sich Menschen in der Neuzeit selbst geformt haben. Erschütternd,im Wissen um die späteren Folgen, war für mich zu lesen, mit welch festem Glauben ein jüdischer Offizier durch Fleiß und Selbstformung die Integration in die Gesellschaft erreichte.
Fachlich bleibt für mich die Frage nach dem Auslöser eines Wandels von einer Epoche zur anderen offen. Wie nach einem Auslöser, der Wandel in der Neuzeit immer weiter fort schritt und sich gegenseitig bedingte, ist sehr deutlich herausgearbeitet worden.

Claudia-Maria Maruschke
Lehrerbibliothek.de (lbib.de)
Verlagsinfo
Wie entwerfen und verorten sich Menschen in sozialen Praktiken? Wie aktualisieren und verändern sie kulturelle Deutungsschemata? Der Band zeigt auf, wie Reflexivität und Kritik als Voraussetzungen gesellschaftlichen Wandels ermöglicht werden.
Inhaltsverzeichnis
Diskurse - Körper - Artefakte
Historische Praxeologie in der Frühneuzeitforschung - eine Annäherung (Dagmar Freist)

Diskurse
- Zwischen Identitätsbildung und Selbstinszenierung
Ärztliches Self-Fashioning in der frühen Neuzeit (Michael Stolberg)
- Umkämpfte Erzählungen
Zur Selbst-Bildung eines jüdischen Offiziers in der preußischen Nachreformära
(Nikolaus Buschmann)
- "Noch bleibt mir ein Augenblick Zeit um mich mit euch zu unterhalten."
Praxeologische Einsichten zu kaufmännischen Briefschaften (Lucas Haasis)
- Die relationale Gesellschaft
Zur Konstitution ständischer Ordnung in der Frühen Neuzeit aus praxeologischer Perspektive
(Marian Füssel)
- Beyond the Sea
Praktiken des Reisens in Glaubenswechseln im 17. Jahrhundert (Constantin Rieske)
- Szenen der Subjektivierung
Zu den Schriftpraktiken der Wallfahrt im 18. Jahrhundert (Eva Brugger)

Körper
- Die Puppenkinder der Margaretha Kahlen
Eine Geschichte der Inszenierung von Weiblichkeit zwischen körperlichem Eigensinn
und sozialen Praktiken im ausgehenden 16. Jahrhundert (Christina Beckers)
- ...daß mein leip mein seye."
Selbstpositionierungsprozesse im Spiegel erzählter Körperpraxis in den Briefen der
Liselotte von der Pfalz (1652-1722)(Mareike Böth)
- "In Gelb!"
Selbstentwürfe eines Mannes im Fieber (Annika Raapke)

Artefakte
- Überlegungen zu einer Nationaltracht
"Social Imaginary" in Schweden des späten 18. Jahrhunderts (Mikael Alm)
- Was macht ein(en)Hausmann?
Eine ländliche Elite zwischen Status und Praktiken der Legitimation (Franz Schmenkel)
- Wie frühneuzeitliche Gesellschaften in Mode kamen
Indische Baumwollstoffe, materielle Politik und konsumentengesteuerte Innovationen in
Tokugawa-Japan und England in der Frohen Neuzeit (Beverly Lemire)
- "Zu Notdurfft der Schreiberey."
Die Einrichtung der frühneuzeitlichen Kanzlei (Meg Williams)
- "Ich schicke Dir etwas Fremdes und nicht Vertrautes."
Briefpraktiken als Vergewisserungsstrategie zwischen Raum und Zeit im Kolonialgefüge
der Frühen Neuzeit (Dagmar Freist)