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Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv Neue Sprachglossen Originaltitel: Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv
Originalverlag: Edition Tiamat, Berlin 2013

Mit einer Gastgeschichte
von Archi W. Bechlenberg
Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv
Neue Sprachglossen


Originaltitel: Die Würde des Menschen ist ein Konjunktiv

Originalverlag: Edition Tiamat, Berlin 2013



Mit einer Gastgeschichte

von Archi W. Bechlenberg

Wiglaf Droste

Random House , Goldmann
EAN: 9783442158461 (ISBN: 3-442-15846-X)
252 Seiten, paperback, 13 x 19cm, April, 2015

EUR 8,99
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
VIVE LA TRANCE!

Mit Schwung, Grazie und Eleganz seziert Wiglaf Droste die sprachlichen Entgleisungen der Deutschen, den Neusprech aus »Nachhaltigkeit« und »Transparenz«,

in dem »Teamplayer« und »Goods Flow Mitarbeiter« gefragt sind, »Apps zum Entdecken von Apps« aufwendig »kuratiert« werden und den das Lied eines halbalphabetischen Sängers quasi »im Paket« zusammenfasst: »Wenn Worte meine Sprache wären«. Kompromisslos, bestechend wahrhaftig und unvergleichlich komisch.

»Wiglaf Drostes grandiose Glossen gehören auf jeden Nachttisch.«



Wiglaf Droste, Kolumnist der taz-Wahrheitsseite, lebt in Berlin. 2003 wurde er für sein »vitales Dissidententum« und seine »Verbindung aus grobem Ton und feinem Stil« mit dem Ben-Witter-Preis ausgezeichnet. 2005 erhielt er den Annette-Droste-Hülshoff-Preis und 2013 den Peter-Hille-Preis.
Rezension
Der Autor Wiglaf Droste gehört zu den gegenwärtigen Sprachkritikern in Deutschland; nichts ist vor ihm sicher, scharfzüngig kommentiert er sprachliche und damit gesellschaftliche Entgleisungen und sinniert über Begriffe wie "tausend Prozent" oder "super" (hier S. 42f) u.a. Gnadenlos ist seine Kritik, - am Freizeichenton von Vodafone (S.31f), am Grusel der Seligkeit beim Kirchentag (S.159f) oder auch an Günter Grass (S.108f). Bei seinen scharfsinnigen Beobachtungen stößt der Autor den Leser auf den Unsinn in unserer Sprache und unserer Verblödungs-Gesellschaft (vgl. Leseprobe). Der 1961 geborene Autor, Satiriker, Polemiker und Sänger Wiglaf Droste wird zu den Gründervätern der sog. Popliteratur gezählt, zusammen mit Rainald Goetz, Max Goldt oder Benjamin von Stuckrad-Barre. Eine "Verbindung aus grobem Ton und feinem Stil" kennzeichnet sein Werk.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Böse, scharf, brillant.
Mit Schwung, Grazie und Eleganz seziert Wiglaf Droste die sprachlichen Entgleisungen der Deutschen, den Neusprech aus „Nachhaltigkeit“ und „Transparenz“, in dem „Teamplayer“ und „Goods Flow Mitarbeiter“ gefragt sind, „Apps zum Entdecken von Apps“ aufwendig „kuratiert“ werden und den das Lied eines halbalphabetischen Sängers quasi „im Paket“ zusammenfasst: „Wenn Worte meine Sprache wären“. Dabei begnügt Droste sich nicht damit, all jene dingfest zu machen, die der Sprache Gewalt antun. Er nimmt die Sprache an die Hand und geht mit ihr spielen.

Wiglaf Droste, 1961 in Herford/ Westfalen geboren, lebt unterwegs oder in Berlin. Gemeinsam mit Meisterkoch Vincent Klink gibt er seit 1999 die kulinarische Vierteljahreszeitschrift »Häuptling Eigener Herd« heraus. 2003 wurde er für sein »vitales Dissidententum« und seine »Verbindung aus grobem Ton und feinem Stil« mit dem Ben-Witter-Preis ausgezeichnet. 2005 erhielt er den Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis.

Buch
Ein »place to be« unterscheidet sich von einem »no go« dadurch, dass an
einem »place to be« alles und jeder jederzeit verfügbar ist. Solange aber
Prostituierte keine »Fellatio to go« anbieten, und das als »special offer«
zum »nice price«, sieht die »place to be«-Sorte Mensch ihr Leben noch
von einem erschreckenden Mangel an Perfektion verdüstert. Die Welt, sagt
man, ist voller Wunder, Rätsel und Reize. Ihr Kaufanreiz allerdings besteht
darin, Banalitäten als Wunder anzubieten, als Rätsel: Kann ich mir auch
ganz sicher sein, dass ein »place to be«, der »coffee to go« im Pappbecher
als »must have« ausschenkt, auf keinen Fall ein »no go« ist? Oder, mit
Shakespeare gesprochen: to be or not to go to no go, das ist hier die Frage.
»Droste ist immer dann am besten, wenn er gegen Sprechblasen stichelt
und die heiße Luft rauslässt.« dpa
Autor
Wiglaf Droste, 1961 in Herford/ Westfalen geboren, lebt in Berlin und unterwegs.
Seine Texte erscheinen bei mdr figaro, rbb Kultur, als tägliche Kolumne
in der Tageszeitung junge Welt, in der Zeitschrift Das Magazin und
im NZZ Folio. 2003 wurde er für sein »vitales Dissidententum« und seine
»Verbindung aus grobem Ton und feinem Stil« mit dem Ben-Witter-Preis
ausgezeichnet. 2005 erhielt er den Annette-von-Droste-Hülshoff-Preis.
Im Goldmann Verlag ist von Wiglaf Droste außerdem erschienen:
Im Sparadies der Frisöre
Auf sie mit Idyll
Sprichst du noch oder kommunizierst du schon?
Inhaltsverzeichnis
ohne

Leseprobe:

Auf der To-do-Liste:
To go or No go?
Manchmal, eingezwängt zwischen sehr wichtige Erwachsene,
erinnert man sich an die allerersten Englischstunden in der
Schule, in denen Zehnjährige ihnen damals noch fremde Worte
hörten und repetierten: »to do, to go, to be«.
Heute sagen das Menschen in Führungspositionen, die man
auch »Entscheider« nennt: »Setzen Sie das auf die To-do-Liste.«
Und: »Nein, dort können wir kein Meeting machen, das ist ein
no go.« Und wenn sie, weil ja gerade ihre Zeit so unglaublich
kostbar ist, einen Coffee to go nehmen, wissen sie nicht einmal,
dass es sich dabei um einen Kaffee zum Davonlaufen handelt.
Weit vorne auf der To-do-Liste steht: Man muss alle Plätze,
Bars oder Stadt- und Erdteile, die man nicht betreten möchte,
denen man folgerichtig den digitalen »gefällt mir«-Status verweigert
und vor deren Aufsuchen man auch andere warnen will,
»no go« beziehungsweise »no gos« nennen. Ganze Landstriche
in Brandenburg und Sachsen wurden schon zu »no gos« erklärt
und somit als jene »national befreite Zonen« und Beute bestätigt,
als die berufsdeutsche Schlagetots sie größenwahnsinnig
betrachten.
Ein »no go«, gern auch »absolutes no go« oder »definitives
no go« genannt, ist das Gegenteil eines »place to be«. Ein »place
to be« ist ein Ort, an dem man aus Gründen der Hipness einfach
sein muss. Hipsein kommt übrigens nicht von der Babybreinahrung
»Hipp«, obwohl die Sprechgewohnheiten hip sein wollender
Menschen, die Restaurants durch die Bank als »Restos«
bezeichnen, durchaus einen Zusammenhang zwischen dem
Verzehr von Alete und der Zugehörigkeit zur gesellschaftlichen
Elite nahelegen.
Ein »no go« erkennt man auch daran, dass dort nichts feilgehalten
wird, das als »must have« schlichtweg Pflicht ist. Wo
sich kein »must have«-Produkte-Publikum trifft, kann einfach
kein »place to be« sein, das versteht sich von selbst. In Zeiten
des »to go« muss ein »place to be« aber auch ein »place to go«
sein, und das im doppelten Sinne: Man muss dort hingehen,
um jemand zu sein beziehungsweise im Gegenteil als jemand zu
gelten, aber man muss das Flair des »place to be« auch im Akt
des »to go« mitnehmen können, um damit an einem nächsten,
anderen »place to be« zu renommieren. Wenn das nicht gewährleistet
ist, wird ein »place to be« schnell zum »no go«, also zu
einem jener schrecklichen Orte, an denen Nichtwichtigtuer sich
eventuell wohlfühlen könnten.
Ein »place to be« unterscheidet sich von einem »no go«
dadurch, dass an einem »place to be« alles und jeder jederzeit
verfügbar ist. Solange aber Prostituierte keine »Fellatio to go«
anbieten, und das als »special offer« zum »nice price«, sieht die
»place to be«-Sorte Mensch ihr Leben noch von einem erschreckenden
Mangel an Perfektion verdüstert.
Die Welt, sagt man, sei voller Wunder, Rätsel und Reize. Ihr
Kaufanreiz allerdings besteht darin, Banalitäten als Wunder
anzubieten, als Rätsel: Kann ich mir auch ganz sicher sein, dass
ein »place to be«, der »coffee to go« im Pappbecher als »must
have« ausschenkt, auf gar keinen Fall ein »no go« ist? Oder,
mit Shakespeare gesprochen: to be or not to go to no go, das ist
hier die Frage …, und diese zu beantworten, steht ganz oben auf
meiner To-do-Liste nachts um halb eins.