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"Die Vereinbarkeit des Unvereinbaren"
Christliche Bibel und Koran: Vergleich der politischen Inhalte und ihrer Deutungen




Holger Wohlfahrt

Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826062643 (ISBN: 3-8260-6264-7)
504 Seiten, paperback, 16 x 24cm, 2017

EUR 48,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das Werk bietet eine fundierte Analyse der Religionen Christentum und Islam und liefert all denen Argumente, die in der Auseinandersetzung mit den jeweils radikalen Religionsvertretern bestehen wollen. Christen und Muslime werden in dem Buch gleichermaßen angeregt, über sich selbst und den jeweils anderen nachzudenken, sich selbst, den Anderen sowie die wechselseitigen Beziehungen aus einem geweiteten Blickfeld heraus neu zu begreifen.

Im Zentrum des Interesses stehen die zentralen Schriften der beiden Weltreligionen, die Bibel und der Koran. Was empfehlen und was fordern diese so vielfältigen, so spannenden und kulturprägenden Bücher? Und inwieweit ist den Heiligen Schriften zufolge ein friedliches Nebeneinander der Religionen möglich? Gemeinsamkeiten aber auch Differenzen werden schonungslos aufgezeigt. Dabei wird durchaus berücksichtigt, dass die Schriften ihre Wirkung oft nur noch indirekt, in Form von tradierten Erzählungen und Erziehungsformen, entfalten.

Das Buch bietet eine atemberaubende Tour de Force durch die Ideengeschichte des Christentums und des Islams. Es wird illustriert, dass von den Religionsdeutungen einzelner Gläubiger unmöglich auf deren Religion als solcher und damit die Gesamtheit ihrer Anhänger geschlossen werden kann. Das Buch hilft nicht nur, die Grenzen des eigenen Verstehens auszudehnen, sondern es hat auch deeskalierende Wirkung.

Holger Wohlfahrt studierte Politologie, Geschichte, Amerikanistik und Wirtschaftswissenschaften an der LMU München, der Sorbonne in Paris und der Fernuni Hagen. Er lebte in den USA und in Indonesien, war tätig als Stadtführer, Radiokommentator und Berater. 2016 promovierte er an der LMU in München.
Rezension
Der Islam tritt christlichen Europäern z.Zt. wesentlich medial vermittelt als Islamismus und somit als radikal-politischer Islam entgegen. Dschihad, Heiliger Krieg und Märtyrertum erscheinen dabei als Schlüsselkategorien. Diese Studie untersucht differenziert und vergleichend die poltischen Ansichten und ihre ethische Grundierung von Christentum und Islam. Welche politischen Inhalte verfolgen das Christentum einerseits und der Islam andererseits? In politikwissenschaftlicher Perspektive untersucht der Autor religionsvergleichend die zugehörigen Kernaussagen der beiden großen Weltreligionen gestützt auf ihre grundlegenden Schriften in Bibel und Koran (Primärtexte) und deren Auslegungstraditionen (Rezeption), vgl. Inhaltsverzeichnis. Deutlich wird: Es gibt in inhaltlicher Hinsicht keine Essenzen; die Botschaften der Hl. Schriften sind als grundlagen der religionen stets abhängig von ihren Deutungen, es gibt kein überzeitliches, absolutes Verständnis. Unvereinbar können also nur jeweilige Deutungen sein: "Die Vereinbarkeit des Unvereinbaren" (Buchtitel). Die These von einem interreligiösen Konflikt ist nicht aufrechtzuerhalten. Es sind nicht die religionen als solche, sondern allein die von den Gläubigen vorgenommenen Deutungen der religiösen Inhalte, die zu Auseinandersetzungen führen können.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 11

A) Einleitung 23

1) Hinführung zum Thema 23
2) Begründung und Rechtfertigung des Themas 25
3) Konkrete Vorgehensweise 36

B) Einordnung des Themas in den wissenschaftlichen Kontext 41

1) Theologische Perspektive unter Einbeziehung der Koranwissenschaft 41
2) Religionsphilosophische Perspektive unter Einbeziehung der Aufklärung und des „Atheismus" 43
2.1) Das Zeitalter der Aufklärung und die Forderung nach religiöser Toleranz 43
2.2) Das radikale Modell des Atheismus 47
3) Religionswissenschaftliche Perspektive 50
4) Theologie der Religionen 54
5) Dialog der Religionen 59
5.1) Komparative Theologie 59
5.2) Das „Projekt Weltethos" 62
6) Auseinandersetzung mit der wissenschaftlichen Methode des Vergleichs 72

C) Translatologische und hermeneutische Grundlagen 75

1) Der Umgang mit dem „Problem der Übersetzung" 75
1.1) Die Bibelübersetzung 75
1.2) Die Koranübersetzung 79
1.3) Fazit 83
2) Hermeneutik der Heiligen Schriften 84
2.1) Vorbemerkung 84
2.2) Die Bibel aus christlicher Perspektive 85
2.2.1) Interpretation als Grundlage des biblischen Kanons 85
2.2.2) Die allegorische Schriftauslegung des Origenes und ihre Bedeutung für die Nachwelt 90
2.2.3) Die Auslegungsmethode des Augustinus 92
2.2.4) Die Exegese in der Renaissance am Beispiel des Erasmus von Rotterdam 95
2.2.5) Die reformatorische Bibelexegese Martin Luthers und ihre Folgen 96
2.2.6) Die Entwicklung der historisch-kritischen Methode 100
2.2.7) Die Kunstlehre des objektiven Verstehens nach Friedrich Schleiermacher und Wilhelm Dilthey 102
2.2.8) Bibelhermeneutik in der Folge Martin Heideggers (Bultmann, Gadamer) 105
2.2.9) Postmoderne Methodenvielfalt und die Folgen für die Bibelauslegung 111
2.2.10) Fazit und Konsequenzen für die heranzuziehende Methode der Schriftauslegung 117
2.3) Der Koran aus muslimischer Perspektive 120
2.3.1) Exegetische Konsequenzen des koranischen Absolutheitsanspruchs als Wort Gottes 120
2.3.2) Die traditionelle Koranexegese des `Abdallah ibn Abbas 128
2.3.3) Die Verfeinerung der traditionellen Exegese durch Abu Muhammad of Tobart 132
2.3.4) Die philologisch-rhetorische Auslegung des Mutaziliten Abu Mahmud az Zamalfgari 133
2.3.5) Die allegorische Exegese des Sufismus 136
2.3.6) Die Synthese aus traditioneller und allegorischer Exegese an den Beispielen Abu Hamid al-Ghazali, Averroes und Mubji al-din Ibn al` Arabi 139
2.3.7) Die Reaktion des orthodoxen Islams auf allegorisierende Exegeseformen 142
2.3.8) Das Ende der herkömmlichen Exegese 143
2.3.9) Ein neuer Exegese-Ansatz als Folge der Auseinandersetzung mit dem Westen am Beispiel
des Muhammad `Abduh 145
2.3.10) Die islamistische Exegese am Beispiel des Sayyid Qutb 147
2.3.11) Die historisch-kritische Exegese am Beispiel des Nasr Hämid Abü Zaid 150
2.3.12) Fazit und Konsequenzen für die heranzuziehende Exegeseform 154

D) Der politische Vergleich von Bibel und Koran 159

1) Das Verhältnis zwischen Individuum und Gemeinschaft 159
1.1) Das Individuum — die Determiniertheit menschlicher Eigenschaften 159
1.1.1) Einleitendes zum Menschenbild 160
1.1.1.1) Neues Testament 160
1.1.1.2) Koran 164
1.1.2) Die Frage nach der Willensfreiheit 172
1.1.2.1) Neues Testament (Primärtext/ Rezeption) 172
1.1.2.2) Koran (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung) 189
1.1.3) Die ethische Bewertung des Menschen 207
1.1.3.1) Neues Testament (Primärtext/ Rezeption) 207
1.1.3.2) Koran (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung) 220
1.1.4) Mann und Frau — Geschlechterdetermination und ihre Bedeutung für das Zusammenleben 227
1.1.4.1) Neues Testament (Primärtext/ Rezeption) 227
1.1.4.2) Koran (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung) 247
1.1.5) Vergleichendes Fazit 260
1.2) Regeln für das Leben in Gemeinschaft 262
1.2.1) Neues Testament 263
1.2.1.1) Das Liebesgebot als wichtigstes Gebot (Primärtext/ Rezeption) 263
1.2.1.2) Das Gesetz und sein Gebotscharakter (Primärtext/ Rezeption) 278
1.2.2) Koran 294
1.2.2.1) Der rechte Gottesbezug als zentrale Forderung (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung) 294
1.2.2.2) Die Gebote und ihr Gesetzescharakter (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung/ Exkurs: Die Scharia) 305
1.2.3) Vergleichendes Fazit 325

2) Die politischen Ordnungsformen 329
2.1) Die Mehrdeutigkeit des Neuen Testaments 330
2.1.1) Jesu Aufruf zur Trennung des Weltlichen vom Religiösen (Primärtext/ Rezeption) 330
2.1.2) Die Forderung nach Unterordnung in der Botschaft des Paulus (Primärtext/ Rezeption) 345
2.1.3) Die Verwerfung von Herrschaft in der Johannesoffenbarung (Primärtext/ Rezeption) 355
2.2) Die Einheitslehre des Korans 374
2.2.1) Die Einheit von Religion und Politik (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung) 374
2.2.2) Widerstand gegen unrechte Herrschaft (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung) 388
2.3) Vergleichendes Fazit 397

3) Die Interaktion mit anderen Glaubensgemeinschaften 400
3.1) Das Neue Testament 401
3.1.1) Die Auserwähltheit des eigenen Volks und der Umgang mit anderen Völkern (Primärtext/ Rezeption) 401
3.1.2) Der Heilige Krieg (Primärtext/ Rezeption) 418
3.2) Der Koran 436
3.2.1) Der rechte Glaube als Hegemonieberechtigung (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung) 436
3.2.2) Der „Dschihad" (Primärtext/ Historische Einordnung und kritische Betrachtung) 457
3.3) Vergleichendes Fazit 474

E) Abschließendes Fazit 479

Literaturverzeichnis 485