lehrerbibliothek.deDatenschutzerklärung
Das bildungstheoretische Potenzial inklusiver Pädagogik: Meilensteine der Konstruktion von Bildung und Behinderung am Beispiel von Kindern mit Lernschwierigkeiten Meilensteine der Konstruktion von Bildung und Behinderung am Beispiel von Kindern mit Lernschwierigkeiten
Das bildungstheoretische Potenzial inklusiver Pädagogik: Meilensteine der Konstruktion von Bildung und Behinderung am Beispiel von Kindern mit Lernschwierigkeiten
Meilensteine der Konstruktion von Bildung und Behinderung am Beispiel von Kindern mit Lernschwierigkeiten




Birgit Papke

Verlag Julius Klinkhardt
EAN: 9783781521117 (ISBN: 3-7815-2111-7)
210 Seiten, kartoniert, 17 x 24cm, August, 2016

EUR 39,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Inklusion erfordert Veränderungen, Umbau und Umdenken auf vielen Ebenen. Ob Teilhabe gelingt, entscheidet sich letztlich im pädagogischen Alltag. So muss in einem inklusiven Bildungssystem auch geklärt werden, was Bildung ausmacht, wenn sie alle Kinder adressiert. Was bedeutet hier Bildung und in welchem Zusammenhang stehen die Konstrukte von Bildung und Behinderung? - Wurden doch traditionell die Grenzen des ersten systemwirksam mit der Zuschreibung des zweiten markiert. Das vorliegende Buch thematisiert in historischer Perspektive die sich verändernden Vorstellungen über Bildung, Behinderung(en) und Gerechtigkeit im Bildungssystem sowie die damit verbundenen kontroversen Debatten sowie die häufig uneinheitlichen, teils gegenläufigen Entwicklungen der sogenannten Sonder- und der sogenannten Regelpädagogik. Die Analyse arbeitet die Beiträge integrations- und inklusionspädagogischer Theorien (Reiser, Feuser, Prengel, Wocken, Reich) zu einem gemeinsamen Bildungsverständnis für alle Kinder heraus. Diese Potenziale integrations- und inklusionspädagogischer Theoriebildung werden eingeordnet in bildungstheoretische Dimensionen sowie in die aktuellen Debatten um Inklusion und Bildung als Menschenrecht.
Rezension
Die inklusive Pädagogik bringt auf schulischer Ebene eine große Anzahl von Veränderungen mit sich. Als Leitidee lehnt sie die Segregation anhand bestimmter Merkmale ab. Sie zielt auf eine Lebenswelt ohne Ausgrenzung und begreift Diversität bzw. Heterogenität als Normalfall, Bereicherung und Bildungschance. Gerade für Kinder mit Behinderung wird das Recht auf eine gemeinsame Bildung betont, wobei das Wohl des Kindes immer im Vordergrund stehen muss. Im Rahmen der Inklusion muss das Ziel Chancengleichheit einen Wandel hin zur Chnancengerechtigkeit erfahren. Nicht die für alle gleichen Bedingungen gewährleisten Teilhabe in der Schule, sondern die individuelle Berücksichtigung der bestehenden Barrieren und deren Reduzierung bzw. Abbau.

Im ersten Teil dieser Arbeit dominiert eine kritische Perspektive auf die Tradition und Denkmuster, die sich in der bundesdeutschen Sonderpädagogik von den 60er Jahren an verfestigt haben. Im zweiten Teil werden verschieden Theorien aufgezeigt, die sich mit dem Thema Integration und Inklusion in den letzten Jahren befasst haben. Darunter die Theorie der integrativen Prozesse und die Theorie am Gemeinsamen Gegenstand. Beiden ist die Orientierung an bestehenden Entwicklungstheorien und das konstruktivistisches Bildungsverständnis gemein. Dieser Auffassung zur folge ist Bildung immer als reziproker Austausch und Prozess zwischen Individuum und Welt zu verstehen.
Eine wichtige, lehrreiche und zukunftsweisende Auseinandersetzung mit der Thematik Inklusion.

Frank Düring, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Maria Kron 11
1 Einleitung 13
2 Bildung und Behinderung 17
2.1 Bildung als individuelle und als gesellschaftliche Ressource –
Bildung als Menschenrecht 17
2.2 Begriffliche Klärungen 18
2.2.1 Bildung, Bildungstheorie/Bildungskonzept, Bildungsvorstellungen
sowie das Verhältnis von Bildung und Erziehung 18
2.2.2 Behinderung und Lernschwierigkeiten 20
2.2.3 Gemeinsame Erziehung – Integration – Inklusion 23
3 Das Forschungsvorhaben 25
3.1 Erkenntnisleitendes Interesse und Präzisierung der Fragestellung 25
3.2 Methodischer Zugang 26
3.2.1 Vorüberlegungen 26
3.2.2 Auswahl des Untersuchungsmaterials 27
3.2.3 Die Dokumentenanalyse 28
3.3 Analysekriterien 29
4 Bildung als zentraler Begriff der Pädagogik – eine Annäherung 31
4.1 Skizze einer Begriffsgeschichte –
Bedeutungswandel, Grenzen, Potenziale 31
4.1.1 Neuzeitliche Ursprünge 31
4.1.2 Kritische Auseinandersetzungen – der Bildungsbegriff als umstrittener Terminus 34
4.1.3 Exkurs:
Das Verständnis von Allgemeinbildung bei Wolfgang Klafki 39
4.1.4 Aktuelle konstruktivistische Zugänge und ihre Vorläufer 41
4.2 Dimensionen von Bildungsvorstellungen 46
4.2.1 Bildung als Prozess und Bildung als Ergebnis 46
4.2.2 Bildung als (Umgang mit) Wissen und Information 48
4.2.3 Bildung als Subjektentwicklung 50
4.2.4 Bildung als Dialektik von Individualität und Gemeinschaftlichkeit 51
4.2.5 Die organisatorische Seite der Bildung 52
5 Aufbruch in eine „gute Tradition“ –
Heil- und sonderpädagogische Bildungsvorstellungen
in der jungen Bundesrepublik am Beispiel der Hilfsschule 54
5.1 Kurze Charakteristik der Nachkriegsjahre mit Blick auf das Bildungswesen –
Hintergrund und wichtige Akteure 54
5.2 Das (sonder-)pädagogische Selbstverständnis am Beispiel der Hilfsschule 55
5.2.1 Ein Blick zurück:
die Positionierung der Hilfsschule im Nationalsozialismus 56
5.2.2 Fehlende Aufarbeitung nach 1945 58
5.2.3 Feinjustierung der traditionellen sonderpädagogischen Positionen
in der Bundesrepublik: Interpretationen des Grundgesetzes durch den Verband Deutscher Hilfsschulen 59
5.3 Argumente für den Ausbau des Sonderschulwesens in der Nachkriegszeit 61
5.3.1 Das Argument des Kindeswohls: der psychische Druck auf das „schwach begabte“ oder behinderte Kind in der Regelschule 62
5.3.2 Das professionsorientierte Argument: Expertenzuständigkeiten und Überforderung der Volksschule 63
5.3.3 Das systemorientierte Argument: die Eigenständigkeit
der Sonderschulen als gesellschaftliche Notwendigkeit 64
5.4 Bildungsvorstellungen in der Sonderpädagogik der Nachkriegszeit – über den „Typus Hilfsschulkind“ 65
5.4.1 Exemplarisch: das Spektrum einer Fachzeitschrift 65
5.4.2 Charakterisierung des sogenannten Hilfsschulkinds – der „unbegabte Stammhirntyp“ 67
5.4.3 Erziehung statt Bildung 68
5.4.4 Erziehungsziele – oder: dem Hilfsschüler einen „wesensgerechten Weg zu seiner sozialen Einordnung aufweisen“ 69
5.4.5 Dem Hilfsschüler gemäß – die Rolle des Lehrers und der Lehrerin 70
5.5 Die Hilfsschule als Leistungsschule –
Ausschulung sogenannter bildungsunfähiger Kinder 71
5.6 Im Ergebnis: kein inhaltlicher Neuanfang –
stattdessen Verfestigung alter Muster 72
6 „Praktisch bildbar“ – Bildungsvorstellungen und Bildungssystem für Kinder mit sogenannter geistiger Behinderung
in den 1960er und 1970er Jahren 75
6.1 Ausbau der Bildungsangebote für Kinder mit Behinderung – Hintergrund und wichtige Akteure 75
6.2 Die (Wieder-)Entdeckung der Bildungsfähigkeit von Kindern mit geistiger Behinderung in den 1960er Jahren – das Recht auf Bildung und Erziehung 77
6.3 Geistige Behinderung als pädagogische Herausforderung 82
6.3.1 Entwicklung der Bildungsarbeit aus der Praxis heraus 82
6.3.2 Die Geistigbehindertenpädagogik innerhalb der Heil- und Sonderpädagogik 83
6.4 Vorstellungen über das Kind mit sogenannter geistiger Behinderung: Erziehung trotz Behinderung 85
6.4.1 „Vertrautwerden mit dieser Welt“ 85
6.4.2 Erziehbarkeitsreste und -reserven 85
6.4.3 Bildung als „praktische Bildbarkeit“ 86
6.4.4 Die Pädagogische Beziehung als Problem – der Vergleich mit nicht behinderten Kleinkindern 87
6.5 Die Bedeutung der Kulturtechniken – Grenzverschiebungen im Reich der Bildung 89
6.5.1 Ausschlusskriterium Kulturtechniken 89
6.5.2 Die Risiken des Lesens und Schreibens 90
6.5.3 Bildbar in definierten Grenzen 92
6.5.4 Bildung und Schule – begriffliches Dilemma zwischen Gleichberechtigung und Leistungsprinzip 93
6.6 Bildungsziele für Kinder mit geistiger Behinderung – sinnvolle Tätigkeit und ausreichende Einordnung 94
6.6.1 Lebenserfülltheit und Lebenstüchtigkeit – „sich zu Hause fühlen in der Welt“ 94
6.6.2 Vom „Dankesagen“ bis zur „gemüthaften Teilhabe“ – konkrete Erziehungsaufgaben für Kinder mit geistiger Behinderung 94
6.6.3 Individualisierung oder Minimalziele für alle? – Das Dilemma der „unregelhaften“ Entwicklung 100
6.7 Fazit: eine Schule und doch keine Schule 101
7 Tradition und Reform: neue Tendenzen in den ausgehenden 1960er Jahren – der Begabungsbegriff auf dem Prüfstand 104
7.1 Reformstimmung im allgemeinen Bildungswesen der 1960er Jahre – Hintergrund und wichtige Akteure 104
7.2 Wissenschaftliche und fachliche Standpunkte:
Kritik an dem Begriff anlagebedingter Begabung und Hinwendung zum Verständnis kontextabhängiger Lernprozesse 107
7.2.1 Die Gutachten und Studien der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats:
Kritik an den Begriffen „Begabung“ und „Reife“ 108
7.2.2 Auswirkungen der Gutachten zu Begabung und Lernen auf Bildungskonzepte 110
7.3 Die Gesamtschul-Debatte und die gemeinsame Erziehung
von Kindern mit Behinderung und Kindern ohne Behinderung 113
7.4 Die Debatte um Begabung und Lernen in der Sonderpädagogik – die Förderung „Minderbegabter“ 115
7.4.1 Berührungspunkte von Sonderpädagogik und Regelpädagogik 115
7.4.2 Berührungspunkte mit der Sonderpädagogik aus der Sicht der Regelpädagogik 116
7.4.3 Die Bedeutung des neu bewerteten Begabungsbegriffs aus Sicht
der Sonderpädagogik – Einschätzungen vor dem Hintergrund der
Kernaussagen aus den Studien zu „Begabung und Lernen“ 116
7.5 Fazit: Die Neubestimmung von Bildung – Bildung als Prozesse in Wechselwirkung mit der Umwelt.
(K)Eine theoretische Ausgangslage für die gemeinsame Erziehung von Kindern mit Behinderung und Kindern ohne Behinderung? 120
Integration als Ziel oder Integration als Weg und Methode?
Annäherungen an die gemeinsame Erziehung und Bildung von Kindern mit Behinderung und Kindern ohne Behinderung ab den 1970er Jahren 122
8.1 Gemeinsame Erziehung als Forderung einer sozialen Bewegung – Hintergrund und wichtige Akteure 122
8.2 Positionen mit Blick auf Integration in den bildungspolitisch motivierten Gutachten und Empfehlungen ab den 1970er Jahren 124
8.2.1 Gegenläufigen Zielvorstellungen 124
8.2.2 Integration durch Separation: die Empfehlung zur Ordnung
des Sonderschulwesens der Kultusministerkonferenz der Länder 125
8.2.3 Integration durch und als gemeinsames Lernen:
die Empfehlungen zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher des Deutschen Bildungsrats 127
8.2.4 Das Gutachten „Geistigbehinderte unter pädagogischem Aspekt“
von Heinz Bach: Die Zuspitzung der Frage von Integration
als Methode oder Integration als Ziel am Beispiel der Kinder mit Lernschwierigkeiten 128
8.3 Kritische Positionen in der sonderpädagogischen Theorieentwicklung 130
8.4 Eine Bilanz der Rekonstruktion von Bildungsvorstellungen:
an der Frage der gemeinsamen Erziehung und Bildung offenbart sich ihr Kern 132
9 Partizipation und Vielfalt als pädagogisches Potenzial – Theorieentwicklung in der Integrations- und Inklusionspädagogik unter der Perspektive ihres Beitrags zu einem veränderten Bildungsverständnis 135
9.1 Vieles kommt in Bewegung – Hintergrund und Kontext der Entwicklung von Theorien der Integration und Inklusion 135
9.1.1 (Neue) Auseinandersetzungen der Erziehungswissenschaft
um das Konzept „Bildung“ – von Freiheit, Mündigkeit und Verantwortung angesichts hoher gesellschaftlicher Dynamik 135
9.1.2 Erste Modellprojekte und wissenschaftliche Begleitung
der gemeinsamen Erziehung und des gemeinsamen Unterrichts – nicht „ob“, sondern „wie“ kann Bildung in heterogenen Gruppen gelingen? 137
9.1.3 Von der Integration zur Inklusion 138
9.1.4 Inklusion, Diversität und Individualität 141
9.1.5 Gemeinsame Bildung und Erziehung im Spiegel aktueller Forschung 143
9.1.6 Die Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen 145
9.2 Die Theorie integrativer Prozesse und ihr Beitrag zu Bildungsvorstellungen in der gemeinsamen Erziehung 147
9.2.1 Kontext der Theorie integrativer Prozesse und theoretische Einordnung 147
9.2.2 Das Verständnis von Integration in der Theorie integrativer Prozesse 150
9.2.3 Umrisse einer Theorie des integrativen Unterrichts – eine Konkretisierung des Mehrebenenmodells
integrativer Prozesse und seiner Bildungsaspekte 152
9.2.4 Die Theorie integrativer Prozesse mit Blick auf Bildungsvorstellungen – ein erstes Resümee 155
9.3 Die Theorie des Gemeinsamen Gegenstands/der gemeinsamen Tätigkeit und ihr Beitrag zu Bildungsvorstellungen in der gemeinsamen Erziehung 156
9.3.1 Rezeption aus unterschiedlichen Perspektiven 156
9.3.2 Kontext der Theorie des Gemeinsamen Gegenstands und theoretische Einordnung 157
9.3.3 Das Verständnis von Integration in der Theorie des Gemeinsamen Gegenstands 161
9.3.4 Das Konzept der entwicklungslogischen Didaktik 162
9.3.5 Die Theorie des Gemeinsamen Gegenstands mit Blick auf Bildungsvorstellungen – ein erstes Resümee 164
9.4 Weiterentwicklungen auf Basis der frühen integrationspädagogischen Ansätze 165
9.4.1 Die Anerkennung des Anderen – Pädagogik der Vielfalt und egalitäre Differenz bei Annedore Prengel 165
9.4.2 Theorie gemeinsamer Lernsituationen und die inklusive Unterrichtstheorie bei Hans Wocken 167
9.4.3 Wertschätzung von Gleichheit und Differenz erfordert die Balance gegensätzlicher Positionen – ein erstes Resümee 170
9.5 Neuere konstruktivistische Zugänge – Heterogenität als Thema der allgemeinen Pädagogik 171
9.5.1 Herausforderungen der Inklusion
für die allgemeine Pädagogik und schulische Praxis – Bildungsgerechtigkeit als Chancengerechtigkeit 171
9.5.2 Einordnung in konstruktivistische Bildungsvorstellungen 174
9.5.3 Konstruktivistische inklusive Didaktik bei Kersten Reich 175
9.5.4 Beiträge zur Inklusion aus der allgemeinen Pädagogik – ein erstes Resümee 178
10 Bildungsvorstellungen für Kinder mit Lernschwierigkeiten im Wandel – eine Zusammenfassung 180
10.1 Veränderungen in dem Spannungsfeld von Lernschwierigkeit und
Bildung am Beispiel des Lesens und Schreibens 180
10.2 Bildungsprinzipien in der Integrations- und Inklusionspädagogik 183
10.2.1 Bildung als Prozess – aber welches Prozessverständnis? 183
10.2.2 Bildung als Konstruktion von Wissen und Weltdeutung 184
10.2.3 Bildung als Transformation von Selbst- und Weltsichten 185
10.2.4 Bildung in der Perspektive von Teilhabe – Bildung als Brücke zwischen Individualität und Gemeinschaftlichkeit 187
10.2.5 Die organisatorische Seite von Bildung – Inklusion als Aufforderung zum Systemwechsel 187
11 Fazit: Das bildungstheoretische Potenzial inklusiver Pädagogik 189
11.1 Impulse und Beiträge der frühen integrationspädagogischen Theorien – der Theorie integrativer Prozesse sowie der Theorie des Gemeinsamen Gegenstands 189
11.2 Integrations- und inklusionspädagogische Weiterentwicklungen – die Betonung der Anerkennung von Vielfalt 193
11.3 Inklusion und Bildungsgerechtigkeit – von der Chancengleichheit zur Chancengerechtigkeit 194
11.4 Erkenntnisse und Baustellen 195
12 Literaturverzeichnis 198