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Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben Fächerübergreifender Unterricht als Weg zu verantwortlichem Handeln im ökologischen und bioethischen Kontext Zugl.: Dissertation, Universität Kassel, Fachbereich I, Erziehungswissenschaft / Humanwisenschaften, Sommersemester 2008
Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben
Fächerübergreifender Unterricht als Weg zu verantwortlichem Handeln im ökologischen und bioethischen Kontext


Zugl.: Dissertation, Universität Kassel, Fachbereich I, Erziehungswissenschaft / Humanwisenschaften, Sommersemester 2008

Gudrun Spahn-Skrotzki

Verlag Julius Klinkhardt
EAN: 9783781517219 (ISBN: 3-7815-1721-7)
311 Seiten, paperback, 17 x 24cm, 2010

EUR 34,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Seit langem gibt es die Kritik von Schulpädagogen an einer Schulpraxis, in der völlig verschiedene Fächer unverbunden im 45-Minuten-Takt aufeinander folgen – die Welt und der Mensch zerfallen aber nicht in Fächer. Daher gibt es immer wieder die Forderung nach fächerübergreifendem Gespräch und fächerübergreifender Bildung. Zu diesem Gespräch und diesem Bildungsverständnis trägt die Autorin bei. Ihre zentrale Frage ist: Wie kann das Prinzip „Verantwortung gegenüber dem Leben“ in der Schule sinnvoll umgesetzt werden?

Sie zeigt, dass Empathieerfahrungen, ethische Erwägungen und die Vermittlung von naturwissenschaftlichem Wissen verbunden werden müssen. Sie fordert eine „Mitwelt-Bildung“, die die Lernfelder Mensch – Natur – Umwelt integriert.

Das Buch hat einen weiten Horizont: Es werden theologische, ethische, päda-gogische, biologische – insbesondere ökologische und bioethische – Aspekte berücksichtigt. Es enthält zudem einige Beispiele für die Unterrichtspraxis in den Fächern Biologie und Religion/Ethik.



„Es ist die Stärke dieser Untersuchung, dass der Begriff ,Mitwelt‘ unter dem doppelten Blickwinkel der Fächer Biologie und Religion genauer ausgeleuchtet wird… Fächerübergreifender Unterricht, nicht zuletzt im Beziehungsfeld Biologie/Religion, ist überlebenswichtig. Die Arbeit von Gudrun Spahn-Skrotzki ist eine wichtige Ermutigung, diesen Weg zu gehen.“

Aus dem Vorwort von Prof. Dr.Dr.Dr.hc Günter Altner



Die Autorin

Dr. Gudrun Spahn-Skrotzki, Jahrgang 1969, ist Gymnasiallehrerin mit den Fächern Biologie und Ev. Religion. Sie war von 1999-2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Universität Kassel im Fachbereich Erziehungswissenschaft/Schulpädagogik. Im Rahmen dieserTätigkeit entstand auch die vorliegende Dissertation.
Rezension
Verantwortung gegenüber dem Leben - das ist ein Programm, das exemplarisch von Albert Schweitzer ("Ehrfurcht vor dem Leben") entwickelt wurde. Und es ist ein Programm, das angesichts der drängenden ökologischen Problemfelder seit den 1980er Jahren verstärkt wieder entdeckt wurde und im Kontext einer ökologischen Theologie (vgl. das Vorwort von Prof. Dr. Günter Altner) spübare Beachtung und Fortentwicklung fand. Im ethischen Konzept der "Ehrfurcht vor dem Leben" fügen sich die inhaltlichen Beiträge der beiden Fächer Biologie und Religion nach Meinung der Autorin dieser Kasseler Dissertation besonders überzeugend zusammen. Und so entwickelt sie exemplarisch an dieser Thematik ein fächerübergreifendes Bildungsverständnis.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort von Prof. Dr.Dr.Dr.h.c. Günter Altner 10

Einleitung 12

1. „Umwelterziehung“. Kritik und inhaltliche (Neu-) Orientierungen 19

1.1 Zur Notwendigkeit der Thematisierung des Verhältnisses Mensch und Mitwelt in Erziehungswissenschaft und Schule 20
1.2 Zur Begrifflichkeit und inhaltlicher Konturierung: Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben 22
1.2.1 Zu den Begriffen „Umwelt“ und „Mitwelt“ und ihren philosophischen Implikationen: Anthropozentrik, Pathozentrik, Biozentrik 23
1.2.2 Zum Begriff „Bildung“ 39
1.2.3 Erweiterung des Bildungsbegriffs durch eine biozentrische Sichtweise 46
1.3 Umweltbewusstsein und Umweltverhalten 49
1.3.1 Das Dilemma zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten 49
1.3.2 Konsequenzen für die Schule 51
1.4 Orientierungen für eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben 53
1.4.1 Orientierung am Gemeinwesen 53
1.4.2 Nachhaltigkeit 54
1.4.3 Die Forderung nach einer kulturellen Wende 57
1.4.4 Das „Pflegerische“ 59
1.4.5 Ehrfurcht 61
1.4.6 Die ökopädagogische Perspektive 62
1.5 Fazit. Von der „Umwelterziehung“ zur Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben: Ein Ausweg aus dem Dilemma zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten? 65

2. Fächerübergreifendes Lernen 71

2.1 Vorüberlegungen 71
2.2 Zur Begrifflichkeit „fächerübergreifendes Lernen“ 73
2.3 Historischer Rückblick 76
2.3.1 Zur Entstehung der Schulfächer 76
2.3.2 Zur Tradition des fächerübergreifenden Unterrichts 80
2.3.3 Resümee 81
2.4 Verschiedene Begründungen von fächerübergreifendem Lernen 83
2.4.1 Herbert Gudjons: Wechsel der Perspektiven 83
2.4.2 Helmut Frommer: Andere Lernformen 84
2.4.3 Ludwig Duncker: Verständigung über den Aufbau von Weltbildern und Mehrperspektivität 85
2.4.4 Ludwig Huber: Transzendierung und Reflexion der Spezialisierung 85
2.4.5 Walter Popp: Spezialisierung auf Zusammenhänge 87
2.4.6 Wolfgang Klafki: Orientierung an Schlüsselproblemen 89
2.4.7 Reinhard Golecki: Zeitgemäße Wissenschaftspropädeutik 92
2.4.8 Heinz-Elmar Tenorth: Transzendierung der Fachlichkeit 94
2.4.9 Gliederungsvorschlag in Anlehnung an Frauke Stübig 96
2.4.10 Zusammenfassung der unterschiedlichen Begründungsdimensionen zu fächerübergreifendem Lernen 97
2.5 Paralleler Unterricht oder Unterricht mit konsequenter Kooperation? 98
2.6 Resümee und Folgerungen 99

3. Beiträge des Fachs Biologie für eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben 104

3.1 Einleitung 104
3.2 Traditionelle/klassische Beiträge der Biologie 105
3.2.1 Botanik und Zoologie: Einblicke in die Vielfalt der Pflanzenund Tierwelt 106
3.2.2 Ökologie: Wechselwirkungen zwischen Lebewesen und ihrer Mitwelt 108
3.2.3 Ethologie: Forschung zum Verständnis von Verhalten 110
3.2.4 Genetik, Gentechnologie, Reproduktionstechnologie etc.: Grundlagen der Vererbung als Basis allen Lebens 113
3.2.5 Evolutionstheorie: Die Entwicklung allen Lebens 114
3.2.6 Biochemie: Chemische Verbindungen als Grundlage biologischer Prozesse 115
3.2.7 Folgerungen 116
3.3 „Weiche“ Biologie 117
3.3.1 Konrad Lorenz: Mitgefühl und exakte Beobachtung 118
3.3.2 Jakob und Thure Uexküll: Aufhebung des Subjekt-Objekt-Dualismus 119
3.3.3 Das Gaia-Prinzip nach James Lovelock 120
3.3.4 Rupert Sheldrake und das Gedächtnis der Natur 122
3.3.5 Erwin Chargaff: Kritik der Naturwissenschaft 125
3.3.6 Frederic Vester: Denken in Systemen 127
3.3.7 Ellenberger et al. als „weiche“ fachdidaktische Perspektive 129
3.4 Biologieunterricht in direkter Erfahrung der Natur / Biologieunterricht im Freien 132
3.4.1 Schulgärten 132
3.4.2 Exkursionen 134
3.4.3 Ökologische Schullandheime 135
3.5 Resümee 136
3.6 Forderungen für eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben aus Sicht des Fachs Biologie 140

4. Beiträge des Fachs Religion für eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben 144

4.1 Einleitung 144
4.2 Biblischer Befund 145
4.2.1 Einleitung zu den biblischen Texten 145
4.2.2. Zur Exegese und Interpretation der Texte 148
4.2.3 Wichtige Texte des Alten Testaments, die Aussagen über das Verhältnis zwischen Mensch und übriger Schöpfung enthalten 150
4.2.3.1 Die Schöpfungsberichte 152
4.2.3.2 Der Noahbund in Genesis 9 154
4.2.3.3 Tiere im alttestamentlichen Gesetz 154
4.2.3.4 Sprüche 12,10 155
4.2.3.5 Einzelne Tiere im Alten Testament 156
4.2.3.6 Pflanzen im Alten Testament 157
4.2.3.7 Psalm 104 157
4.2.3.8 Psalm 148 158
4.2.3.9 Jesaja 11 158
4.2.3.10 Alttestamentliche Texte, die scheinbar gegen eine Schöpfungsethik sprechen 158
4.2.4 Wichtige Texte des Neuen Testaments, die Aussagen über das Verhältnis zwischen Mensch und übriger Schöpfung enthalten 159
4.2.4.1 Römerbrief 8, 18ff 159
4.2.4.2 Der Kolosserhymnus (Kolosserbrief 1, 15-20 ) 164
4.2.4.3 Markus 1,12f 168
4.2.4.4 Markus 16, 15 171
4.2.4.5 Das Gleichnis vom verlorenen Schaf 172
4.2.4.6 Matthäus 6,26.28-30 176
4.2.4.7 Matthäus 10,29.31 177
4.2.4.8 Apostelgeschichte 7,48ff 178
4.2.4.9 Das jüdisch-christliche Bekenntnis zu Gott als dem Schöpfer 178
4.2.4.10 Neutestamentliche Texte, die scheinbar gegen eine Schöpfungsethik sprechen 181
4.2.4.11 Tendenzen im Neuen Testament und in der christlichen Tradition, die im Widerspruch zu einer Schöpfungsethik stehen können 183
4.2.5 Zusammenfassung 185
4.3 Konsequenzen für eine christliche – biblisch fundierte – Schöpfungsethik 186
4.4 Ethische Ansätze zum Umgang mit der Schöpfung. Welche Interpretationen sind angemessen? 187
4.4.1 Anthropozentrische Schöpfungsethik 188
4.4.2 Die Diskussionen um Pantheismus, Panentheismus, Schöpfung als Sakrament 189
4.4.3 Die biozentrische Schöpfungsethik vertreten durch A. Schweitzer und G. Altner 191
4.4.4 Feministische Ansätze von Schöpfungsethik 193
4.4.5 Befreiungstheologie und Schöpfungsethik 194
4.4.6 Beurteilung der verschiedenen Ansätze 195
4.5 Die christliche Position im interreligiösen Gespräch 197
4.5.1 Hinduismus 198
4.5.2 Buddhismus 198
4.5.3 Taoismus 199
4.5.4 Indianische Religionen 199
4.5.5 Islam 200
4.5.6 Judentum 201
4.5.7 Gemeinsamer ethischer Kodex 201
4.6 Forderungen für eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben aus Sicht des Fachs Religion unter Berücksichtigung des gemeinsamen ethischen Kodexes der Religionen 202

5. Die Verknüpfung der Fächer Biologie und Religion 207

6. Rahmenpläne 213

6.1 Vorüberlegungen 213
6.2 Untersuchungsaspekte (Leitfragen) für die Lehrplanbzw. Rahmenplananalyse 215
6.3 Lehrpläne des Landes Thüringen: 216
6.3.1 Allgemeines zum Thema „Umwelterziehung“ 216
6.3.2 Religion 218
6.3.3 Biologie 221
6.3.4 Abschließende Beurteilung 225
6.4 Richtlinien und Lehrpläne für die Sekundarstufe II des Landes Nordrhein-Westfalen 226
6.4.1 Allgemeiner Teil 226
6.4.2 Religion 228
6.4.3 Biologie 229
6.4.4 Abschließende Beurteilung 232
6.5 Lehrpläne des Landes Hessen 233
6.5.1 Vorwort Gymnasialer Bildungsgang 233
6.5.2 Religion 234
6.5.3 Biologie 236
6.5.4 Abschließende Beurteilung 238
6.6 Beurteilung der Praxisvorgaben aufgrund des Befundes der Lehrbzw. Rahmenpläne 239

7. Beispiele für Umsetzung in der Schule (Curricula und Unterrichtsbeispiele) 241

7.1 Exemplarische Beispiele für Curricula, die Unterricht im Sinne einer Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben ermöglichen 242
7.1.1 Das Konzept „Natur-Mensch-Mitwelt“ des Kantons Bern / Schweiz 242
7.1.2 Fächerübergreifender Unterricht in Oberstufenschulen der Schweiz 247
7.2 Exemplarische Unterrichtsbeispiele aus dem Bereich der Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben und Vorschläge zur Umsetzung auch im „normalen“ Schulalltag 249
7.2.1. Die pränatale Diagnostik. Beispiel für eine fächerübergreifende Unterrichtsstunde (Doppelstunde) aus dem Bereich der Biotechnologie 250
7.2.2 Das interreligiöse Gespräch zu ökologischen Fragen. Beispiel für eine fächerübergreifende Unterrichtseinheit aus dem Themenbereich Mensch und Mitwelt 263
7.3 Resümee 281

Rückblick und Ausblick 282
Literaturverzeichnis 290


Leseprobe:
Einleitung
Die Arbeit ist unter der Fragestellung angelegt, wie Schülerinnen und Schüler zu einem
verantwortlichen Umgang mit der Natur, also allen Lebewesen, einschließlich des
menschlichen Lebens, gelangen können. „Bildung zur Verantwortung gegenüber dem
Leben“ ist mein Vorschlag für ein Konzept, das versucht, Bildung auf einen verantwortlichen
Umgang mit allen Lebensformen auszurichten. Leitend ist dabei die Einsicht, dass
Ökologie und auch die biotechnologischen Entwicklungen sehr komplexe Probleme
aufwerfen, deren Lösung mehr denn je gefordert ist und auf die auch die Schule reagieren
muss:
- Vielfältige ökologische Probleme sind ungelöst, schweben über der Zukunft der
nächsten Generationen und verlangen nach Konsequenzen, auf die die Schule
vorbereiten und an denen sie mitarbeiten sollte.
- Im biotechnologischen Bereich entstehen immer neue Fragestellungen, auf die der
traditionelle Fachunterricht bislang nicht ausgerichtet war (es auch gar nicht sein
konnte, da erst in den letzten Jahrzehnten viele ethische Probleme offenbar wurden,
die nicht abzusehen waren), auf die er aber ebenso vorbereiten und mit denen er sich
auseinandersetzen sollte.
Auf diese Formen von Vorbereitung und Auseinandersetzung ist Unterricht in der Regel
nicht genügend eingestellt, denn Untersuchungen zeigen, dass die bisherige sogenannte
„Umwelterziehung“ in der Schule keine durchschlagenden Erfolge vorzuweisen hat.
(Vgl. z.B. Kuckartz, de Haan 1998) „Umwelterziehung“ ist bislang hauptsächlich im
Biologieunterricht (z.T. auch in Kombination mit dem Fach Erdkunde, vgl. Feige 2006,
S. 532) situiert und dort an der Vermittlung von Faktenwissen orientiert. Doch „Umweltwissen“
führt nicht zwangsläufig auch zu „Umwelthandeln“. Die inzwischen schon
traditionelle „Umwelterziehung“ wird somit in ihrer Reichweite in Frage gestellt.
Die Behandlung biotechnologischer Verfahren ist ebenso schwerpunktmäßig im Biologieunterricht
verortet, ob hierbei ethische Fragen genügend berücksichtigt werden können,
ist zu hinterfragen.
Es ist also zu überlegen, wie Schülerinnen und Schüler zu einem verantwortlichen Handeln
sowohl gegenüber der Mitwelt als auch im Umgang mit biotechnologischen Verfahren
gelangen können. Es zeigt sich, dass das Vorhaben komplex ist, da die Themenbereiche
Kompetenzen mehrerer Fächer verlangen. Neben naturwissenschaftlichem Wissen
stellen sich immer auch ethische Fragen.
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In der Schule werden Fächer nebeneinander unterrichtet. Verknüpfungen zwischen Fächern
sind kaum üblich. Der Umgang mit fachlichem Wissen aus einer anderen (Fach-)
Perspektive, die kritische Diskussion disziplinärer Handlungsoptionen aus der Sicht
einer anderen Disziplin, werden im Schulunterricht in der Regel nicht vertieft. Verantwortlicher
Umgang mit dem Leben, so ist meine Hypothese, kann aber nur entstehen,
wenn Schülerinnen und Schüler aus unterschiedlichen Perspektiven (naturwissenschaftlichen
und ethischen) und auf unterschiedlichen Ebenen (kognitiv und emotional evtl.
auch praktisch) die Möglichkeit haben, sich mit der Thematik zu beschäftigen. Eine
umfassende und handlungsorientierte Auseinandersetzung wird dann möglich. So sollte
neben der Vermittlung von Faktenwissen – die natürlich wichtig, aber allein nicht ausreichend
ist – die Chance zur ethischen Auseinandersetzung und Empathieerfahrung
gegeben sein, um durch diese auch Handlungskonsequenzen eröffnen zu können, da
Schülerinnen und Schüler „ganzheitlicher“, also aus mehreren Perspektiven (kognitiv
erweitert) und auch auf einer emotionalen Ebene angesprochen werden.
Es wird deutlich:
1. Mehrperspektivität ist nötig, um der Komplexität der Inhalte gerecht zu werden und
um ethische Dimensionen zuzulassen. Für die ethische Auseinandersetzung liegt die
Zusammenarbeit der Naturwissenschaft mit ethischen Fächern nahe. In einer fruchtbaren
Zusammenarbeit kann die Aussicht auf eine neue Qualität von Unterricht entstehen, in
der verschiedene Perspektiven für die Schülerinnen und Schüler verknüpfbar werden und
unterschiedliche Ebenen der Auseinandersetzung miteinander verbunden werden können.
Da eine umfassendere Auseinandersetzung angestrebt wird, sind weitreichendere
Handlungskonsequenzen zu erhoffen.
2. Empathie soll gefördert werden. Dieses kann sowohl von naturwissenschaftlichen als
auch ethischen Fächern aus angestrebt werden, gerade aber auch die ethischen Fächer
können hier wichtige Impulse geben. Durch die Zulassung von Emotionalität sind ebenso
stärkere Verhaltensänderungen zu erwarten als bei einer reinen Wissensvermittlung.
Bei dem in dieser Arbeit herausgestellten Konzept einer Bildung zur Verantwortung
gegenüber dem Leben werden zwei Bereiche zusammengefasst, die zunächst gar nicht so
direkt miteinander mit in Verbindung gesehen werden: Die sogenannte „Umweltproblematik“
und der Bereich der Biotechnologien. Begründung für diese Zusammenfassung
ist zum einen, dass beide Bereiche zentral Fragen zum Umgang mit Leben – sowohl
menschlichem als auch nicht menschlichem – aufwerfen. Zum anderen werden in beiden
Bereichen Manipulationen durch den Menschen vorgenommen – bei der ökologischen
Problematik „von außen“, bei der Biotechnologie „von innen“ auf der Ebene der
Molekülstrukturen, der DNA, was besonders brisant ist.
Folgende Untersuchung wird vorgelegt:
These:
Vielfältige ökologische Probleme und weitreichende Entwicklungen im biotechnologischen
Bereich machen Reflexion und Umdenken im Umgang mit Leben nötig. Deshalb
ist „Verantwortung gegenüber dem Leben“ in den obersten Bildungszielen zu verankern,
um von bildungstheoretischer und daraus folgend auch von bildungspraktischer Seite
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Lösungsmöglichkeiten für existentielle Probleme zu finden.1 Die traditionelle „Umwelterziehung“
ist durch einen erfolgversprechenderen Ansatz zu ersetzen oder zu ergänzen,
der als eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben vorgestellt wird. Neben
der Vermittlung von naturwissenschaftlichen Fakten stehen ethische Perspektiven im
Zentrum sowie die Zulassung bzw. Vertiefung von Empathie und Emotionalität. Durch
diese Ausrichtung wird der traditionelle Fachunterricht in Frage gestellt, zumindest im
Bereich der „Umwelterziehung“ bzw. der Bildung zur Verantwortung gegenüber dem
Leben.
Fragestellung:
Wie kann eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben in der Schule adäquat
vertreten und umgesetzt werden?
Weitere Fragestellungen:
Welche Naturdeutung macht sich eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben
zu eigen? (Wird ein anthropozentrischer, biozentrischer, pathozentrischer ... Standpunkt
zu Grunde gelegt?)
Wie ist eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben einzuordnen in bisherige
Orientierungen im Bereich von Bildung/Erziehung für den Umgang mit Leben? Was ist
in verschiedenen Ansätzen schon vorhanden, worauf kann aufgebaut werden, was ist zu
ergänzen, etc.?
Wie ist die fächerübergreifende Anlage einer Bildung zur Verantwortung gegenüber dem
Leben einzuordnen in die derzeitige bildungstheoretische Diskussion um fächerübergreifendes
Lernen?
Welche Beiträge können die Kernfächer eines solchen Bildungskonzepts leisten?
Wie sehen die Möglichkeiten der Realisierung aus, ist sie aufgrund der bestehenden
Lehrpläne möglich?
Wie kann in Ansätzen eine Umsetzung trotz ungünstiger Rahmenbedingungen aussehen?
Im ersten Kapitel wird zunächst kurz reflektiert, warum es notwendig ist, in Bildungstheorie
und Schule den Umgang mit der Mitwelt und dem Leben überhaupt zu thematisieren.
Begriffsdefinitionen mit inhaltlichen Konturierungen schließen sich an. Insbesondere
geht es um die Auseinandersetzung mit anthropozentrischer, biozentrischer u.a.
Weltdeutung und um den Bildungsbegriff. Anhand der Begriffsdefinitionen wird deutlich,
dass es nötig ist, den Bildungsbegriff und oberste Bildungsziele (Klafki 2007, S.
52) um eine biozentrische Sichtweise zu erweitern, denn diese Dimension wird nicht
ausreichend in den Definitionen, von denen diese Arbeit ausgeht (u.a. Klafki), berücksichtigt.
Dann beschäftigt sich das erste Kapitel mit einem wesentlichen Problem der traditionellen
„Umwelterziehung“, und zwar mit der Feststellung, dass „Umweltwissen“ nicht
zwangsläufig auch „Umwelthandeln“ zur Folge hat. Das heißt, Unterricht, der in der
Hauptsache kognitiv ausgerichtet ist und allein die Vermittlung von Fakten in Bezug auf
1 Diese Begründung ist zunächst anthropozentrisch, wird aber im Verlauf der Arbeit biozentrisch erweitert.
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ökologische Zusammenhänge, Folgen von Eingriffen in dieselben zum Inhalt hat etc.,
der also keine weiteren Dimensionen, insbesondere ethische, zulässt, führt nicht unbedingt
dazu, dass Schülerinnen und Schüler sich „umweltbewusst“ verhalten. Deshalb
wird die traditionelle „Umwelterziehung“, die überwiegend im Biologie-unterricht angesiedelt
und dort zum großen Teil kognitiv auf die Erlangung von „Umweltwissen“ ausgerichtet
ist (mit der Erarbeitung grundlegender Fragestellungen, Methoden etc.), in
Frage gestellt. Vielmehr sollte es neben fachlichem Wissen und Können um die Grundlegung
einer Haltung gehen.
Verschiedene Orientierungen, die in der Literatur für „Umwelterziehung“/den Umgang
mit Leben diskutiert werden, werden anschließend vorgestellt. Dabei kann zusammenfassend
festgestellt werden, dass es Orientierungen gibt, die bereits jetzt über eine
schwerpunktmäßig auf die Vermittlung von Umweltwissen ausgerichtete „Umwelterziehung“
hinausführen. Im Einzelnen sind die Orientierungen jedoch noch nicht weitreichend
genug, so dass sie sinnvoll einander ergänzen können. Deshalb mache ich in
einem Fazit den Vorschlag, die traditionelle, fachlich meist auf den Biologieunterricht
beschränkte „Umwelterziehung“ durch eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem
Leben zu ersetzen, die die verschiedenen Orientierungen aufnimmt und eine emotionale,
empathische und ethische Perspektive ins Zentrum rückt, um so einen Ausweg aus dem
Dilemma der traditionellen „Umwelterziehung“ zu finden. So soll Ehrfurcht/Achtung
gegenüber dem Leben der Kern einer Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben
sein, in der Hoffnung, dass die Zulassung von Emotionalität, Empathie und Ethik im
Unterricht – natürlich neben der Vermittlung von naturwissenschaftlichem Wissen – zu
einer positiveren Bilanz auf der Seite des „Umwelthandelns“ bei Schülerinnen und Schülern
als den Verantwortlichen von morgen führt. Bildung gegenüber dem Leben schließt
– anders als bisher die „Umwelterziehung“ – das Gebiet der Biotechnologie ein.
Naturwissenschaftlicher Unterricht allein kann nicht das ganze Spektrum dieser Bildung
abdecken. Die Notwendigkeit von fächerübergreifendem Unterricht wird hier – aus den
Inhalten begründet – festgestellt. Das Fach Biologie bedarf der Ergänzung durch weitere
Fächer. Religion, Ethik, Philosophie sind zu nennen, aber auch andere Fächer wie z.B.
Politik und Wirtschaft bzw. Sozialkunde sind gefordert, um der Komplexität einer Bildung
zur Verantwortung gegenüber dem Leben Genüge zu tun.
Obwohl deutlich wird, dass für eine Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben
eigentlich mehrere Fächer zusammenarbeiten müssten, beschränke ich mich in dieser
Arbeit exemplarisch auf die Forderung nach Zusammenarbeit zwischen den Fächern
Biologie und Religion (Religion als ein Fach, das ethische Werte vertritt und dessen
traditionelle Inhalte unsere Kultur über Jahrhunderte geprägt haben) als die wesentlichen
Fächer einer Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben. Biologie und Religion
werden als Kernfächer angesehen, die durch weitere Fächer ergänzt werden können. Ich
betone ausdrücklich, dass eine Kooperation mit weiteren Fächern sinnvoll und notwendig
ist, eine Darstellung dieser noch umfassenderen Zusammenarbeit im Rahmen meiner
Dissertation jedoch nicht geleistet werden kann.
Die Forderung der Zusammenarbeit von verschiedenen Fächern im Bereich der Bildung
zur Verantwortung gegenüber dem Leben bedingt, dass im zweiten Kapitel eine Auseinandersetzung
mit der erziehungswissenschaftlichen Diskussion zu fächerüber-
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greifendem Unterricht stattfindet, um aufzuzeigen, in welchem Kontext sich die These
der Notwendigkeit von fächerübergreifendem Unterricht befindet. Auch hier gilt es, sich
zunächst mit Definitionen, diesmal von fächerübergreifendem Unterricht, auseinander zu
setzen. In diesem Bereich ist festzustellen, dass sie noch nicht einheitlich sind.
Ein Rückblick auf die Entstehung der Schulfächer zeigt auf, dass viele Schulfächer
schon eine sehr lange Tradition haben. Ihr Ursprung war jeweils in bestimmten gesellschaftlichen
Entwicklungen zu sehen, die sich z.T. sehr von den heutigen gesellschaftlichen
Anforderungen unterscheiden.
Im Anschluss daran werden verschiedene Begründungen für fächerübergreifenden Unterricht
dargestellt und es wird versucht, diese zu systematisieren. Wesentlich ist dabei
die Erkenntnis, dass vieles, was als fächerübergreifend bezeichnet wird, diesem Anspruch
nicht gerecht wird. Denn es wird deutlich, dass sinnvoller fächerübergreifender
Unterricht von den Inhalten her begründet sein und eine Zusammenführung und Verknüpfung
der Ergebnisse der beteiligten Fächer leisten muss.
Die Kapitel drei und vier werden die Inhalte der Kernfächer einer Bildung zur Verantwortung
gegenüber dem Leben thematisieren. Dabei sollen fachspezifische Aussagen
und Grundlagen herausgestellt werden, die die Bedeutung des jeweiligen Faches für eine
Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben unterstreichen.
Im Kapitel drei werden die verschiedenen Teildisziplinen der Biologie befragt, welchen
jeweils spezifischen Beitrag sie zu einer Bildung zur Verantwortung gegenüber dem
Leben leisten können. Möglichkeiten und Grenzen des traditionellen Fachs sollen hier
deutlich werden.
Weiterhin werden andere Herangehensweisen im Umgang mit der Mitwelt („weiche
Ansätze“) aufgezeigt, die Methoden und Einstellungen deutlich werden lassen, die einer
Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben entgegenkommen.
Die Bedeutung der Möglichkeit der direkten Erfahrung in der Natur (Biologieunterricht
im Freiland) wird betrachtet. Gerade ein Ansatz, der die Förderung von Empathie gegenüber
dem Leben im Blick hat, kann hier wesentliche Möglichkeiten finden.
Abgeschlossen werden soll dieses Kapitel mit Kriterien/Forderungen für eine Bildung
zur Verantwortung gegenüber dem Leben aus Sicht des Fachs Biologie.
Im vierten Kapitel geht es um Möglichkeiten und Grenzen des Fachs Religion bei einer
Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben. Hier wird die Frage diskutiert, ob
durch christliche und insbesondere biblische Grundlagen die abendländische Naturzerstörung
begünstigt werden konnte (vgl. Amery 1974, Drewermann 1991) oder ob biblische
Aussagen eine Schöpfungsethik fundieren. Es wird eine ausführliche Analyse einiger
biblischer Texte vorgenommen, in denen Aussagen zur Schöpfung zu finden sind.
Diese gründliche Auseinandersetzung ist nötig, um den Vorwurf zu widerlegen, dass das
Christentum von seinen Wurzeln her eigentlich eine anthropozentrisch ausgerichtete
Religion sei, in der kaum ethische Aussagen zur außermenschlichen Schöpfung auszumachen
sind. Aufgrund exegetisch erarbeiteter biblischer Schöpfungsaussagen kann
dann eine christliche Schöpfungsethik vorgestellt werden, die Basis einer Bildung zur
Verantwortung gegenüber dem Leben sein kann. Eine Fokussierung auf die christlichen
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Wurzeln ist legitim, da diese nach wie vor Grundlage der westlichen Kultur sind und
immer noch großen Einfluss auf unsere säkular erscheinende Gesellschaft haben.2
Ein interreligiöser Vergleich, der sich anschließt, macht deutlich, dass sich die im biblischen
Befund zusammengetragenen ethischen Aussagen zum verantwortlichen Umgang
mit der Schöpfung im Konsens mit anderen Religionen befinden und so auch für andere
Kulturen gelten können.
Auch dieses Kapitel wird beendet mit Kriterien/Forderungen für eine Bildung zur Verantwortung
gegenüber dem Leben aus Sicht des Fachs Religion.
Im fünften Kapitel der Arbeit werden die Ergebnisse aus den beiden Fachkapiteln zusammengeführt.
Die erhobenen Kriterien/Forderungen für eine Bildung zur Verantwortung
gegenüber dem Leben der jeweiligen Fächer werden gegenübergestellt, um aufzuzeigen,
wo Verbindungen möglich, wo Ergänzungen wichtig sind etc.
Im sechsten Kapitel wird die Möglichkeit der schulischen Umsetzung in den Blick genommen.
Anhand der Analyse dreier ausgewählter Lehrpläne/Richtlinien soll überprüft werden, ob
und inwieweit diese die notwendigen Rahmenbedingungen für sinnvolles fächerübergreifendes
Lernen im Bereich des Umgangs mit der Mitwelt und den Biotechnologien
bieten. Die Forderung nach fächerübergreifendem Unterricht hat sich inzwischen
auch in den Lehrplänen niedergeschlagen. Es stellt sich jedoch oft die Frage, ob die
Verbindungen, die in den Lehrplänen angeführt werden, tatsächlich von den Inhalten her
vorgegeben sind. Ebenso lässt sich feststellen, dass bei Inhalten, bei denen Zusammenarbeit
nachweislich sinnvoll ist, diese nicht erwähnt wird.
Es werden nur Lehrpläne der gymnasialen Oberstufe analysiert, was unter Punkt 6.1 der
Arbeit begründet wird.
Im siebten Kapitel geht es um die Umsetzung der Ergebnisse dieser Arbeit in der Schule.
Die Analyse der Lehrpläne/Richtlinien wird ergeben, dass erhebliche Defizite vorhanden
sind, wenn man sie auf die fächerübergreifende Umsetzung von Inhalten einer Bildung
zur Verantwortung gegenüber dem Leben befragt. So werden nun einerseits Beispiele
von Curricula vorgestellt, die eine sinnvolle Bildung zur Verantwortung gegenüber dem
Leben ermöglichen. Da die am weitesten entwickelten Konzepte in der Schweiz zu
finden sind, wird auf diese zurückgegriffen. Die Vorstellung von Curricula dient dazu,
aufzuzeigen, in welche Richtung die Entwicklung von Lehrplänen/Richtlinien gehen
sollte.
2 Diese Tatsache muss an dieser Stelle nicht mehr diskutiert werden. Es ist offenbar, dass in die Begründung
nahezu jeder kriegerischen Handlung religiöse Vorstellungen einfließen, Politiker/Parteien sich auf christliche
Werte berufen, christliche Traditionen im Alltag auftauchen (z.B. Festtage) etc.
Altner spricht von einer postsäkularen Weltgesellschaft, „... weil sie sich, entgegen den Erwartungen und
Hoffnungen der Aufklärung, in einer fundamentalen Existenzkrise befindet – Überlebenskrise; postsäkular
aber auch deshalb, weil die Religionen in ihrem veränderten Stellenwert immer noch von den Menschen
nachgefragt werden und in ihren Traditionen etwas weitertragen, was als Perspektive für die Gestaltung
menschlicher Zukunftshoffnungen offenbar unverzichtbar ist.“ (Altner 2003, S. 91)
Spahn-Skrotzki, Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben
ISBN 978-3-7815-1721-9
VERLAG JULIUS KLINKHARDT, BAD HEILBRUNN 2010
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Dann werden andererseits Unterrichtsbeispiele beschrieben, die einer Bildung zur Verantwortung
gegenüber dem Leben zugeordnet werden können, deren Realisierung aber
auch im „normalen“ Schulalltag möglich ist. Es soll deutlich werden, dass im Unterricht
Inhalte einer Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben thematisiert werden
können, auch wenn die vorgegebenen Rahmenbedingungen diese Ausrichtung noch
vermissen lassen.
Zu betonen ist abschließend, dass Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben den
verantwortlichen Umgang mit allen Formen des Lebens thematisieren und an ihn heranführen
will, da jede Einseitigkeit vermieden werden soll. „Leben“ ist vielgestaltig und
komplex. Das soll deutlich werden. Deshalb wird ja auch die Auseinandersetzung mit
Biotechnologie eingeschlossen, da „Leben“ hier in unterschiedlichsten Formen zur beforschenden
und manipulierenden Disposition steht. Auch wird in unterschiedlichen
ethischen Ansätzen (vor allem im Bereich der Pathozentrik) der Wert menschlichen
Lebens gegenüber tierischem relativiert (vgl. Punkt 1.2.1), so dass bei Fragen des ethischen
Umgangs mit der Mitwelt auch immer Fragen des Umgangs mit menschlichem
Leben – in den unterschiedlichsten Entwicklungsstufen – gestellt werden müssen. Aus
arbeitsökonomischen Gründen tritt in den theoretischen Kapiteln dieser Arbeit jedoch
die Auseinandersetzung mit biotechnologischen Fragestellungen gegenüber der Thematisierung
des Umgangs des Menschen mit der Mitwelt zurück. Das heißt konkret: Im
ersten Kapitel geht es insbesondere um die Auseinandersetzung mit Orientierungen aus
dem Bereich der „Umwelterziehung“. Die Orientierungen für die Biotechnologie im
Unterricht wurden nicht explizit argumentiert. Im vierten Kapitel geht es insbesondere
um biblische Begründungen und ethische Ansätze für den Umgang mit der Schöpfung,
d.h. den Umgang mit Tier, Pflanze... Hier wurde auf systematische theologische Reflexionen,
die Schlüsse für biotechnologische Möglichkeiten ergeben könnten, verzichtet.
In beiden Kapiteln eine ausführliche Diskussion unter biotechnologischen Vorgaben zu
führen, war für mich im Rahmen dieser Arbeit nicht leistbar. Dennoch wollte ich die
Biotechnologie bei einer Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben nicht ausklammern,
da sie zu einem Ansatz, der den Umgang mit Leben thematisiert, zentral
dazugehört. So wird sie in den Kapiteln, die in direktem Bezug zur Praxis stehen (Kapitel
6 und 7), aufgenommen.
Anmerkung: Diese Arbeit ist nach den Vorgaben der neuen Rechtschreibung geschrieben.
Zitate aus Texten mit alter Rechtschreibung werden nicht angeglichen, sondern in
alter Schreibweise belassen.
Spahn-Skrotzki, Bildung zur Verantwortung gegenüber dem Leben
ISBN 978-3-7815-1721-9
VERLAG JULIUS KLINKHARDT, BAD HEILBRUNN 2010