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Angiolo Mazzoni Architekt der italienischen Moderne Vorliegende Arbeit wurde 2014 an der ETH Zürich als Dissertation angenommen.
Angiolo Mazzoni
Architekt der italienischen Moderne


Vorliegende Arbeit wurde 2014 an der ETH Zürich als Dissertation angenommen.

Katrin Albrecht

Prestel Verlag , Random House
EAN: 9783496015628 (ISBN: 3-496-01562-4)
448 Seiten, hardcover, 21 x 27cm, November, 2016, mit 329 sw-Abb. u. 49 Farbabb.

EUR 89,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Neu zu entdecken: ein italienischer Architekt und seine Bauten

Mit seinen Post- und Bahnhofsbauten prägte Angiolo Mazzoni (1894–1979) wesentlich die Architektur Italiens zur Zeit des Faschismus. Katrin Albrecht untersucht Mazzonis architektonisches und städtebauliches Werk und ordnet es in die künstlerischen und kulturpolitischen Kontexte jener Zeit ein.

Angiolo Mazzoni gelang es, die die italienische Infrastruktur systematisch zu modernisieren und dabei Ausdruck, Funktionalität und Typologie bedeutender öffentlicher Einrichtungen neu zu definieren. Dennoch sind er und seine Bauten nördlich der Alpen bisher kaum bekannt. Katrin Albrecht widmet sich dem Werk des Architekten, das seine undogmatische Entwurfshaltung, seine kontextbezogene Arbeitsweise und freie Handhabung von Motiven und Formen erkennen lässt. Dabei beleuchtet sie auch die kulturellen und politischen Hintergründe jener Zeit und gibt Einblick in die Funktionsweise eines faschistischen Staatsapparates.

Katrin Albrecht ist diplomierte Architektin und wurde 2014 an der ETH Zürich mit ihrer Arbeit über Angiolo Mazzoni promoviert. Seit 2015 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geschichte und Theorie der Architektur an der ETH Zürich. Forschungsschwerpunkte: Geschichte des europäischen Städtebaus und italienische Architektur des 20. Jahrhunderts.



Katrin Albrecht gelingt es in ihrer hervorragend bebilderten Monographie, das Werk des Bologneser Architekten, der lange in Rom arbeitete, nicht allein auf seine Bauten zu reduzieren, sondern den geistig-intellektuellen Hintergrund seiner architektonischen Haltung zu erhellen.

[Andreas Denk, der architekt]



Dass dabei Einblicke in zeitbedingte kulturelle und politische Mechanismen ebenso gelingen wie die in das Wesen eines Staatsapparats, in dem Mazzoni ein treuer aber eben auch ganz eigener Diener war, lässt die Arbeit über ihren biografischen Ansatz hinaus universelles Gewicht gewinnen. (...) Das man immer aber auch querlesen, vor- und zurückspringen kann in der Fülle des Text- und Bildmaterials, um eigene Forschung oder eigene Neugier auf Einzelspekte zu befriedigen, ist noch einmal ein großes Plus dieser Publikation (...).

[Benedikt Kraft, Deutsche BauZeitschrift]
Rezension
Diese Züricher Dissertation wendet sich einem relativ unbekannten Architekten der italienischen Moderne zu, der zugleich einer der wichtigsten Architekten des faschistischen Italien war: Angiolo Mazzoni. Der italienische Faschismus hat sich ästhetisch früh mit der Moderne und Avantgarde liiert, - anders als der deutsche Nationalsozialismus, der ästhetisch reaktionär im Klasizismus verblieb. Wesentlich sind es Funktionsgebäude wie Post- und Bahnhofsbauten, mit denen Angiolo Mazzoni (1894–1979) wesentlich die Architektur Italiens zur Zeit des Faschismus prägte. Die Autorin untersucht Mazzonis architektonisches und städtebauliches Werk und ordnet es in die künstlerischen und kulturpolitischen Kontexte jener Zeit ein und beleuchtet den geistig-intellektuellen Hintergrund seiner architektonischen Haltung. Das faschistische Italien war die erste Diktatur des 20. Jahrhunderts, die in großem Stil architektonische Ambitionen und städtebauliche Visionen entwickelte. Tatsächlich verwandelten die Faschisten Italien in eine Grossbaustelle - mit sichtbaren Folgen bis in die Gegenwart. In Mussolinis zentral gesteuerter Architektur- und Städtebaupolitik ging es aber um weit mehr als um bloße Machtästhetik. Mit Architektur wurde Gesellschafts- und Sozialpolitik betrieben; es geht um die Frage nach der Art und Weise der infrastrukturellen Modernisierung in diktatorischen Regimes. Angiolo Mazzoni war kein „freier Architekt“, sondern ein Staatsbediensteter, ein leitender Architekt des 1924 gegründeten Ministeriums für Kommunikation. Das Kommunikationsministerium war nicht nur hinsichtlich Architektur und Städtebau von großer Bedeutung, sondern es verkörperte wie keine andere staatliche Institution den von der faschistischen Ideologie beanspruchten Modernisierungsauftrag. Mazzonis Bauten hatten diesen Anspruch zu reflektieren, sie mussten „Zukunft“ symbolisieren.

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 9

Einleitung 11

I FORMAZIONE E AMBIENTE – der zeitgeschichtliche Kontext 19

Biographische Notizen 1894–1924 20
Familie und Jugendjahre 20
Berufliche Ausbildung und erste Lehrjahre 24
Theoretischer Kontext: Der architektonische Diskurs in Rom zu Beginn des 20. Jahrhunderts 29
Die Associazione Artistica fra i Cultori di Architettura di Roma 29
Ein neues Architekturverständnis 30
Städtebau als kulturelles Unterfangen 33
Interessenskonflikte 37
Beziehungsnetze 38
Rückgriff und Erneuerung 39
Das Verhältnis zum baulichen Erbe: die Leitgedanken des restauro 39
Die Bedeutung der architettura minore 44
Archäologie und Antikenbezug 52
Ingenieur, Künstler, architetto integrale: die Ausbildung der Architekten um 1915 54
Städtebauliche Grundlagen: ambiente als stadträumlicher und landschaftlicher Bezugsrahmen der Architektur 57
Gustavo Giovannonis Lehren über die Stadtbaukunst 57
Neue Tendenzen: Giovannonis Rezeption der europäischen Städtebautheorien 58
Diradamento: städtebauliches Konzept und konkrete Maßnahmen 61
Der städtebau-theoretische Ansatz in den frühen Schriften Mazzonis 65
Die städtebaulichen Untersuchungen zu Bologna (1917–1922) 66
Entwürfe für die Aufstellung eines Gefallenendenkmals in Bologna 71
Ambiente als Entwurfsfaktor 76
„Sapienza prospettica e tradizione scenografica“ 81
Das Pittoreske: ästhetische Kategorie und Ordnungsprinzip 81
Die szenographische Sichtweise Mazzonis 84

II ISTITUZIONE E LAVORO – der berufliche Kontext 91

Biographische Notizen 1924–1979 92
Architetto-ingegnere im Dienst der italienischen Eisenbahnen 1924–1944 92
Die Jahre nach dem Krieg in Kolumbien und Rom 1945–1979 101
Verkehr und Kommunikation in Italien zu Beginn des 20. Jahrhunderts 108
Die Bedeutung der modernen Verkehrs- und Kommunikationsmittel 109
Von den Pionierleistungen zur Massentauglichkeit 109
Hoffnungen und Erwartungen 111
Eisenbahn, Post und Telegraphie zur Zeit des Faschismus 116
Konstitution und Kompetenzen des Ministero delle Comunicazioni 116
Die Leitung des Ministeriums 118
Die Institutionen des Ministeriums 119
Bedingungen und Impulse 122
Mazzoni als leitender Architekt und Ingenieur im Ufficio 5° der Ferrovie dello Stato 128
Die Bauaufgaben des Ufficio 5° 128
Die Organisation der Ferrovie dello Stato und der Abteilung Lavori e Costruzioni 128
Bahnhöfe 131
Postbauten 138
Wohnungen für Eisenbahnangestellte 143
Weitere Bauaufträge 148
Die Vergabe von Post- und Bahnhofsaufträgen 153
Direktvergaben 153
Die Wettbewerbsverfahren des Ministero delle Comunicazioni: die Hauptpostämter von Neapel und Rom 156
Der Projektverlauf des Bahnhofs von Venedig 159
Die Arbeitsprozesse des Ufficio 5° 164
Mitarbeiter und Arbeitsverteilung 164
Projektablauf 170
Entwurfsmethoden 172
Interessensgemeinschaften 178
Das neue Postamt von Varese: ein beispielhafter Planungsprozess 181

III DAS ARCHITEKTONISCHE WERK 189

Ort und Geschichte 190
Die Entwicklung einer Bautypologie: der genius loci des Postamtes von Ostia Lido 190
Ort und Gebäude 190
Landschaftliche und topologische Beziehungen 196
Historische und typologische Beziehungen 197
Bauliche Keimzellen: die Postbauten und der Bahnhof in den Neustädten des Agro Pontino 202
Die Entstehung des Ortes 202
Das Postamt von Littoria 204
Der Bahnhof von Littoria 210
Das Postamt von Sabaudia 213
Das Postamt von Pontinia 217
Autonomie und Kontextualisierung der vier Projekte 218
Stadtraum, Landschaft, Territorium 222
Städtebau und Topographie: die Postbauten von Agrigent und La Spezia 222
Das Postamt von Agrigent 222
Das Postamt von La Spezia 228
Die Bedeutung der öffentlichen Bauten im Stadtraum 232
Landschaft: Bezüge zur weiträumigen und nahen Umgebung 236
Berge im Hintergrund: die Bahnhöfe von Bozen, Trient, Messina und Reggio Calabria 236
Entwurf eines modernen Stadttors: der Bahnhof Roma Termini 240
Landschaftliche Elemente innerhalb der Baugrenzen 244
Farbe und Material 249
Polychromie und Polymaterialität 250
Materialeigenschaften 252
Farbkonzepte 255
Licht: künstliche Beleuchtung als architektonisches und städtebauliches Gestaltungsmittel 258
Elektrisches Licht und Architektur um 1930 258
Beleuchtungskörper 260
Die städtebauliche Wirkung nächtlicher Beleuchtung 267
Modul und Typus 272
Das Haus als städtebauliches Modul: die serielle Bauweise der Wohnhäuser in Südtirol 272
Politische, wirtschaftliche und demographische Hintergründe Südtirols 273
Planung und Gestaltung der Eisenbahnerhäuser 275
Die Häuser im Kontext des Eisenbahnbaus und der lokalen Bautraditionen 279
Normierung und Variation 283
Grundlagen einer neuen Bahnhofstypologie 284
Voraussetzungen und Referenzen 285
Grundrissdisposition 286
Komposition der Baukörper 289
Kohärenz der Ausstattung 291
Die neue Bahnhofstypologie am Beispiel des Bahnhofs Montecatini 294

IV SCHLUSSBETRACHTUNGEN 301

Mazzonis Gestaltungsprinzipien 302
Wiederkehrende Motive, Raumformen und Typologien 302
Bildhaftigkeit und plastische Durchbildung der Baukörper 303
Fragment, Vielfalt und Einheit 305
Mazzoni und sein Werk im zeitgeschichtlichen und beruflichen Kontext 307


Anmerkungen 312
Werkverzeichnis 352
Der Fondo Angiolo Mazzoni im Archivio del ’900 des Mart 355
Abbildungsnachweis 356
Literatur 358
Register 393