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Aktualität des Apokalyptischen Zwischen Kulturkritik und Kulturversprechen
Aktualität des Apokalyptischen
Zwischen Kulturkritik und Kulturversprechen




Olaf Briese, Richard Faber, Madleen Podewski (Hrsg.)

Königshausen & Neumann Verlag
EAN: 9783826056949 (ISBN: 3-8260-5694-9)
260 Seiten, paperback, 16 x 23cm, 2015

EUR 39,80
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Das wissenschaftliche Interesse am Phänomen ‚Apokalypse’ hat bis heute nicht nachgelassen und ist breit gestreut. Gleichwohl hat man noch immer nicht zu einer differenzierteren Begrifflichkeit gefunden, mit der seine Komplexität angemessen beschrieben, gedeutet und historisch eingeschätzt werden könnte. Der Band schlägt deshalb zum einen eine systematisierende Perspektive auf die strukturelle Vielfalt von Apokalyptik vor (in der Unterscheidung u.a. von Erfüllungs- und Erlösungsapokalypse, inverser oder prospektiver Warnapokalypse, partieller oder universeller Belehrungsapokalypse, Verhinderungs- und Rettungsapokalypse, Verneinungs- und Untergangsapokalypse). Zum anderen verdeutlicht er aus der Perspektive ganz unterschiedlicher Disziplinen, wie Apokalyptisches – als Alltags- und Spielfigur von Apokalyptik – mittlerweile in allen kulturellen Gegenwartssphären präsent ist.

Die Herausgeber Priv.-Doz. Dr. Olaf Briese, Privat-Dozent am Institut für Kulturwissenschaft der Humboldt-Universität zu Berlin. Richard Faber ist Professor für Soziologie (der Literatur) an der FU Berlin. Priv.-Doz. Dr. Madleen Podewski, Privat-Dozentin am Institut für deutsche und niederländische Philologie der Freien Universität Berlin.
Rezension
Wie kaum etwas anderes aus der Bibel haben Apokalyptische Gedanken- und Bildwelten eine enorme Wirkungsgeschichte im Abendland entfaltet (man denke nur an die sog. Apokalyptischen Reiter Albrecht Dürers) und sind vielfältig auch in den kulturellen Gegenwartssphären von Literatur und Film präsent ist. Apokalyptisches ist aktuell und hat nach wie vor Konjunktur; Apokalyptik ist ein Thema unserer Lebenswelt: Die Angst, das Leben könnte in einer globalen Katastrophe enden, treibt viele um. Die Möglichkeiten der Selbstvernichtung des Menschen sind in der Moderne enorm gestiegen, die Ängste aber sind alt. Es gibt in der Bibel und ihrem Umfeld in Judentum und Christentum eine ganze Literaturgattung, die diese Thematik bearbeitet, dort aber stets Hoffnung vermittelt hat ("neuer Himmel, neue Erde"). Die „halbierte Apokalyptik“ der Gegenwart, die nur die Katastrophe sieht, ist nicht das letzte Wort: Seit jeher gehört zum apokalyptischen Denken ein Rettungswissen. Kaum eine andere biblische Literatur-Gattung ist wirkungsgeschichtlich so breit und umfassend rezipiert worden wie die biblisch-apokalyptischen Texte, allen voran die Offenbarung des Johannes: In Literatur, Musik, bildender Kunst und Film begegnen bis heute ungebrochen vielfältige apokalyptische Motive. Freilich: Heute dominiert die sog. coupierte Apokalyptik, die abgeschnittene Apokalyptik, die nur noch die Untergangsbilder kennt, ohne die dahinter liegende Hoffnung, auf die die Apokalyptik eigentlich als Trostliteratur abzielt, noch zu kennen und zu beschreiben: der neue Himmel, die neue Erde, das neue Jerusalem, wie es exemplarisch in Apc 21 beschrieben ist. Apokalyptik - das steht heute gleich mit Weltuntergang: Apocalypse now, Weltuntergangsfilme, Inferno ... Dieses Verständnis von Apokalyptik ist ein komplett säkularisiertes und hat sich gänzlich vom biblischen Denken entfernt.

Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Olaf Briese / Richard Faber / Madleen Podewski
Einleitung 7

Wissenschaften

Elke Dubbels
Apokalypse der „Massen" in wissenschaftlichem Diskurs, Drama und Film (1892-1927) 39

Wilhelm Berger
Methodische Apokalyptik. Zur Aktualität von Gotthard Günthers "Die amerikanische Apokalypse" 61

Sebastian Huhnholz
Abschied vom Wandel? Zum postdemokratischen Status des Topos „Ende der Geschichte" 79

Literaturen

Hans Richard Brittnacher
Zu Grunde gehen in Sumpf, Schlamm und Fluten. Zur longue durée apokalyptischer Metaphorik 99

Peter Utz
Ungeheure Wendungen. Kleists "Erdbeben in Chili" als exemplarische Katastrophenerzählung 117

Sikander Singh
Adalbert Stifter und die Denkfiguren der Apokalypse. Zur Deutung der Erzählung "Der Hochwald" 135

Theo Elm
Transformationen des ‚Apokalyptischen'. Der Genozid in Ruanda und die Ethik des Erzählens 147

Heinz-Peter Preußer
Gewalt und Überwachung. Juli Zehs apokalyptisches Pandämonium der Jetztzeit und ihre düstere Prognose der ,Selbstoptimierung' in "Corpus Delicti" 163

Bildmedien

Friedrich Weltzien
Kleine Apokalypsen. Bildverlust und Bildfindung in den Avantgarden 189

Jörn Ahrens
Engel aus Eisen. Ted McKeevers Mini-Comicserie "Metropol" als Apokalypse der modernen Gesellschaft 201

Therese Feiler
Manie — Manier — Markion. Zur Apokalyptik in Lars von Triers "Depression Trilogy" 223

Florian Werner / Christian Gaca
Game Over. Warum in Videospielen die Welt untergeht, weshalb die Apokalypse nicht stattfindet und was danach kommt 239


Abbildungsverzeichnis 257