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Abschied vom Wachstumszwang Konturen einer Politik der Mäßigung Hauptsachen und Einblicke - Band I
Abschied vom Wachstumszwang
Konturen einer Politik der Mäßigung


Hauptsachen und Einblicke - Band I

Reinhard Loske

Reihe: Hauptsachen und Einblicke


Basiliken Presse
EAN: 9783941365117 (ISBN: 3-941365-11-8)
64 Seiten, paperback, 15 x 21cm, Oktober, 2010

EUR 14,00
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Es gehört zu den großen Illusionen der industrialisierten Welt, dass die ökologische Gegenwartskrise allein mit technischen Innovationen und grünem Wachstum zu bewältigen sei. So notwendig erneuerbare Energien und eine Erhöhung der Ressourceneffizienz auch sein mögen, so begrenzt bleibt ihre Umweltentlastung doch in einer permanent expandierenden Wirtschaft. Der Wettlauf von technischem Fortschritt und Wirtschaftswachstum gleicht dem von Hase und Igel. So sehr sich der „Hase“ auch anstrengen mag und stolz einen Rekord nach dem anderen vermeldet, so beharrlich wartet der „Igel“ an der Ziellinie und ruft dem „Hasen“ entgegen: „Ich bin schon da. All Dein Streben reicht nicht. Du wirst niemals gewinnen.“ Ohne einen Kulturwandel in Richtung Mäßigung wird es deshalb keine nachhaltige Entwicklung geben können. Aber nicht nur aus ökologischen Gründen steht das permanente Wirtschaftswachstum heute in der Kritik. Die Wohlfahrtsforschung zeigt in bemerkenswerter Klarheit, dass das stete Streben nach Mehr jenseits eines bestimmten Niveaus keineswegs glücklicher macht, sondern eher den Blick auf die wirklich wesentlichen Dinge des Lebens verstellt. Die Ideologie, gerechte (Um-)Verteilung könne es nur in einer unentwegt wachsenden Wirtschaft geben, wird angesichts der zunehmenden Spaltung der Gesellschaft immer brüchiger. Und auch das Versprechen, wenn die Wirtschaft nur genug wachse, werde es früher oder später schon Vollbeschäftigung geben, hat an Glaubwürdigkeit verloren. Reinhard Loske plädiert in seinem Essay nicht nur für ein Ende der Wachstumsillusionen. Er beschreibt auch einen Weg, der auf den Abbau falscher Zwänge und den Aufbau neuer Bindungen zielt. Bei seinen Betrachtungen von der Wohlfahrtsmessung über die Steuerpolitik bis zur Frage der Geldschöpfung durch Banken kommt dem Autor zugute, dass er ein erfahrener Grenzgänger zwischen den Welten von Wissenschaft und Politik ist.
Rezension
Könnte der Autor Reinhard Loske, derzeit Umweltsenator in Bremen, zu einem deutschen Al Gore werden?
Vergleicht man den filmgewordenen Ökologie-Vortrag ("eine unbequeme Wahrheit") des amerikanischen fast-Präsidenten mit der dünnen traktatartigen Streitschrift Loskes, tun sich dazwischen Abgründe auf: Welch Unterschiede in der Machart, und welch inhaltliche Unterschiede!

Medientechnisch ist der durchgestylte Gore-Vortrag/Film das absolute Gegenteil des Loskes Traktates.
Faszinierend, humorvoll, spannend fesselt Gore die Aufmerksamkeit seines riesigen Publikums. Nicht nur inhaltlich: Methodisch nimmt sein Film die Menschen mit, reißt sie aus ihrem Alltagstrott, lädt ein zum Innehalten und Besinnung auf das Wesentliche. Dabei bringt er sein eigenes Leben mit ein, den lebensbedrohlichen Unfall seines Sohnes ebenso wie die (für europäische Ohren eher etwas abstoßend wirkenden) eigenen "heldenhaften" Taten. - Ein Vortrag, der viel bekanntes zur Erderwärmung erfolgreich vermarktet und damit unglaubliche Breitenwirkung erreicht.

Ganz anders Loskes Büchlein: nicht zu schwer lesbar, aber doch gelegentlich etwas sperrig formuliert, gewöhnungsbedürftige Fachbegriffe, keinerlei Grafiken, keine Bilder, nicht einmal ein Inhaltsverzeichnis ist abgedruckt, obwohl ein paar Überschriften den Text grob strukturieren. Ein unscheinbares Traktat eben.
Offensichtlich ein in großer Eile hergestellter Grundlagenbeitrag, dem man die vergessene Priorität im politischen Tagesgeschäft ansieht.

Dabei ist gerade Loskes Text wesentlich konsequenter und weiter gedacht als Gores Werk.
Geradezu lächerlich wirken Gores Allgemeinplätze zum Ende des Films zur Überwindung der Erderwärmung: Weniger Autofahren, unnötiges Licht ausschalten, Energiesparlampen nutzen, auf Engergieeffizienz beim Autokauf schauen usw.
Kein Wort bei Gore über die soziale Sprengkraft einer Welt, in der 80% der Weltbevölkerung einen riesigen Nachholbedarf haben, sowohl was Konsum als auch Energie angeht. Kein Wort über die generelle Problematik einer zum Wachstum verdammten ökonomischen Weltordnung auf einem Planeten Erde, der sich einfach weigert mitzuwachsen!
Vielleicht ist Gores billige Scheinlösung ja ein erster Schritt, denn wer wünscht sich nicht, dass wir in den reichen Industrienationen endlich damit anfangen, konsequenter und sorgsamer mit den Ressourcen umgehen?

Aber Loske geht in seinem Text das Problem in einer Tiefe an, die es braucht: auch wenn es utopisch erscheint, der Abschied von der Wachstumsideologie, der letztlich auch ein Abschied der Hegemonie der reichen Industrienationen bedeuten müsste, muss mit hoher Priorität auf die Tagesordnung in der gesellschaftspolitischen Diskussion und damit auch in den Schulen behandelt werden. Er lässt sich das Denken nicht verbieten, auch wenn die Paradigmen der gesellschafts- und wirtschaftspolitischen Diskussion in Frage gestellt werden. Und er ist mutig genug Lösungswege anzudenken, für die er im deutschen tagespolitischen Geschäft geschlachtet werden könnte.

Das Büchlein ist kurz genug, um es im Unterricht zu lesen, in Ethik, Religionslehre, Wirschaftskunde, Erdkunde, Sozialkunde oder fächerübergreifend. Seine Themen eignen sich u.a. auch als Einstieg in eine Referatsreihe, bei der die SchülerInnen mit verteilten Aufgaben aufbereiten und sich gegenseitig vorstellen - vielleicht auch im kritischen Vergleich zum Al Gore Film.

Vielleicht gibt es dann viele medientechnisch gut gemachte Diskussionsbeiträge, die der Bedeutung des Themas gerecht werden.

Christoph Ranzinger, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Der Autor
Reinhard Loske, geboren 1959, ist seit 2007 Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa der Freien Hansestadt Bremen. Zuvor war er Mitglied des Deutschen Bundestages (1998 bis 2007) und Wissenschaftler am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie (1992 bis 1998), wo er die Forschungsbereiche „Klimapolitik“ und „Zukunftsfähiges Deutschland“ leitete. Durch Forschungsaufenthalte in Afrika und Südamerika hat er tiefere Einblicke in die Verknüpfung der ökologischen und der sozialen Fragen gewinnen können. Mit seinen Büchern und Aufsätzen hat Reinhard Loske die Debatte über nachhaltige Entwicklung in Deutschland und darüber hinaus beeinflusst. Für sein Engagement zur Verknüpfung von Wirtschaft- und Umweltfragen erhielt er 2008 den „Adam Smith-Preis für marktwirtschaftliche Umweltpolitik“ des „Forums Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft“. Der promovierte Volkswirt und habilitierte Politikwissenschaftler ist ein bekennender Grenzgänger zwischen den Welten von Forschung und Politik. Reinhard Loske wuchs im Westfälischen auf und wurde in seiner Kindheit und Jugend stark durch die Mitarbeit auf dem großelterlichen Bauernhof und sein Engagement im Naturschutz geprägt. Heute lebt er mit seiner Familie in Bremen.

REZENSIONEN über das Buch und INTERVIEWS mit dem Autor finden Sie im Internet unter folgenden Adressen:

http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/reinhard-loske-im-gespraech-wachstum-und-wohlstand-sind-zwei-verschiedene-dinge-1.1034789-2
http://www.nordsee-zeitung.de/Home/Nachrichten/Startseite/Weg-vom-Wachstumszwang-_arid,495331_puid,1_pageid,52.html
http://www.bild.de/BILD/regional/bremen/aktuell/2011/01/07/umweltsenator-reinhard-loske/interview-sind-sie-feind-der-wirtschaft.html
http://www.weser-kurier.de/Artikel/Bremen/Politik/299202/Koschnick%3A+DVD-Player+ist+nicht+notwendig.html
http://www.weser-kurier.de/Bilder/Bremen/298956/Reaktionen+auf+Senator+Loskes+Buch.html
http://www.menschenzeit.de/index.php?/archives/34-Gelesen-Krieg,-Aufstand,-Wohlstand.html
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/reinhard-loske-im-gespraech-wachstum-und-wohlstand-sind-zwei-verschiedene-dinge-1.1034789
http://www.evangelisch.de/themen/blogs/altpapier/2011/01/07/guido-mark-und-schw%C3%A4nze
http://www.taz.de/1/nord/artikel/1/sechzig-seiten-sonntags-sermon/
http://www.radiobremen.de/nordwestradio/sendungen/gespraechszeit/reinhardloskebremersenatorbauumweltverkehr100.html
der direkte Link zum Gespräch: http://www.radiobremen.de/mediathek/index.html?id=039179
Inhaltsverzeichnis
Konträre Denkrichtungen ökologischer Politik


Zentrale Handlungsfelder einer Politik der Mäßigung

1. Wohlstand richtig messen
2. Zurückdrängung allegegenwärtiger Kommerzialisierungstendenzen
3. Neue Arbeits- und Lebensmodelle
4. Neuausrichtung von Unternehmen
5. Mit Steuern steuern
6. Förderung sozial-ökologischer Innovationen
7. Schutz öffentlicher Güter und Pflege öffentlicher Infrastrukturen
8. Regionalisierung von Wirtschaftsprozessen
9. Reform des Geldwesens


Zu den Erfolgsaussichten einer Politik der Mäßigung

Weiterführende Literatur